Blessing hatte die Führung der Bank im Mai 2008 von Klaus-Peter Müller übernommen, wenige Monate vor der Übernahme der Dresdner Bank. Die Fusion mitten in der Finanzkrise überforderte die Bank aber so sehr, dass der Staat mit mehr als 18 Milliarden Euro frischem Kapital einspringen musste. Blessing brachte die Commerzbank wieder in die Spur und zahlte den größten Teil der Staatshilfen zurück - freilich auf Kosten der Anleger, die den Wert ihrer Aktien durch milliardenschwere Staatshilfen schwinden sahen.
Für das laufende Jahr hat Blessing immerhin wieder eine Dividende angekündigt - es wäre die erste seit 2007. Am Montag legt die Bank ihre Geschäftszahlen für das dritte Quartal vor.
Der staatliche Bankenrettungsfonds hält noch gut 15 Prozent an der Commerzbank. Das Finanzministerium wollte sich zu der Personalie nicht äußern.
Unter Blessing stieg die Commerzbank aus der gewerblichen Immobilien-, Schiff- und Staatsfinanzierung vollständig aus, die Hypotheken-Tochter Eurohypo wird abgewickelt. Der Abbau dürfte der Commerzbank aber noch einige Jahre Verluste bescheren, was Analysten zufolge auch einen weiteren Anstieg des Aktienkurses verhindert. Heute konzentriert sich die Commerzbank vor allem auf die Finanzierung des Mittelstandes und auf ihre fast zwölf Millionen Privatkunden, mit denen sie trotz der Niedrigzinsen inzwischen wieder Geld verdient. "Die größten Herausforderungen der Finanzkrise haben wir bewältigt oder werden in den nächsten Monaten abgearbeitet", resümierte Blessing.
NACHFOLGER NICHT IN SICHT
Formal hätte sein Vertrag frühestens am Sonntag verlängert werden können - exakt zwölf Monate vor dessen Auslaufen. "Ich bedauere diese Entscheidung sehr", sagte Aufsichtsratschef Müller. "Ich habe eine hohe Wertschätzung für seine erfolgreiche Arbeit." Ein Nachfolger ist bisher nicht in Sicht. Im Vorstand der Commerzbank gibt es keinen offiziellen Stellvertreter des Vorstandschefs.
Als Nummer zwei gilt Markus Beumer, der mit der Mittelstandsbank den traditionell größten Gewinnbringer unter sich hat. Blessing hat sich zwar bereit erklärt, seinen Vertrag bis Oktober 2016 zu erfüllen. Sobald ein Nachfolger gekürt ist, dürfte er allerdings vorzeitig gehen.
Eigentlich sollten die nächsten Monate bei der Commerzbank der Formulierung einer neuen Strategie für die Jahre bis 2020 gelten. Die von Blessing 2012 verkündeten Ziele für das Jahr 2016 sind entweder erreicht oder außerhalb der Reichweite. Mit der Vakanz an der Spitze könnten sich die neuen Ziele verzögern. "Die Commerzbank verfügt heute über ein robustes Geschäftsmodell, sehr gute Mitarbeiter und Führungskräfte. Und eine Kultur, um die uns viele beneiden", erklärte Blessing.
Blessing war Fragen nach seiner Vertragsverlängerung in den vergangenen Monaten stets ausgewichen. Die Kritik von Kleinanlegern an ihm hat sich erst in den letzten zwei Jahren gelegt. Im August hatte sich aber auch einer seiner schärfsten Kritiker, der Aktionärsschützer Klaus Nieding, im Gespräch mit Reuters für eine Vertragsverlängerung ausgesprochen: "Blessing und seine Hartnäckigkeit sind unterschätzt worden", sagte der Chef der DSW. "Er ist so oft angezählt und beschimpft worden, dass er es sich nicht nehmen lassen sollte, jetzt die Früchte zu ernten."
EINE FAMILIE VON BANKERN
Blessing hatte seine Laufbahn als Unternehmensberater bei McKinsey begonnen. Von 1997 bis 2001 arbeitete er für die Dresdner Bank. 2001 wechselte der gebürtige Bremer als Vorstand zur Commerzbank, wo er schnell als ein potenzieller Nachfolger von Klaus-Peter Müller galt. Blessing kommt aus einer Familie von Bankern: Sein Großvater Karl war in den 1950er und 1960er Jahren Präsident der Bundesbank, sein Vater Werner gehörte dem Vorstand der Deutschen Bank an. Blessings Frau Dorothee - die Tochter des Bankiers Paul Wieandt - arbeitete lange für die Investmentbank Goldman Sachs und ist heute Deutschland-Chefin von JPMorgan. Die beiden haben drei Kinder.