Zur Hauptversammlung in Wiesbaden haben sich am heutigen Mittwoch rund tausend Aktionäre der Commerzbank versammelt, um zu erfahren, wann es mit ihrer Bank endlich wieder aufwärts geht. Mehr als ein Viertel Börsenwert hat der Aktienkurs des Frankfurter Finanzkonzerns in den letzten zwölf Monaten eingebüßt.
Auch am Tag der Hauptversammlung ging die Aktie weiter talwärts. Ein Grund dafür ist, dass Vorstandschef Martin Zielke einigen Fusionsspekulationen eine klare Absage erteilt hat. Etwa mit der niederländischen Mutter der Direktbank ING Diba. Dessen Chef habe Zielke zuletzt zwar zwei Mal getroffen. "Um das klar zu sagen: Es hat keine konkreten Angebote zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Zusammenschluss gegeben", sagte Zielke.
Die französische Großbank BNP Paribas, die ein Angebot geprüft haben soll, hat am Tag vor der Hauptversammlung der einen Korb erteilt. "Ich würde nein sagen", sagte BNP-Paribas-Boss Jean Lemierre in einem Bloomberg-Interview. Es sei nicht leicht, die grenzüberschreitenden Anforderungen an eine Fusion zu erfüllen.
Geduld der Anleger auf der Probe
Zielke ging während seiner Rede auf der Hauptversammlung erneut auf das Aus der Fusionsverhandlungen mit dem nationalen Mitspieler Deutsche Bank ein. Er betonte erneut, dass ein Zusammenschluss keinen Mehrwert geboten hätte. Allerdings hätten die Gespräche bewiesen, dass die Commerzbank zwar auf dem richtigen Weg sei, aber die Strategie an der einen oder anderen Stelle geschärft werden könne. Bis sie mehr dazu hören, müssen die Aktionäre der Commerzbank allerdings bis Anfang Oktober warten - bis nach der traditionellen Strategiesitzung des Hauses.
Nur so viel verriet Zielke: Bei der Suche nach einer Strategieverbesserung prüfe das Institut sowohl Möglichkeiten für Wachstum aus eigener Kraft als auch durch Fusionen und Zukäufe, sagte Zielke. Die Option für eine Übernahme bleibt somit offen, als letzter heißer Interessent verbleibt die italienisch-deutsche Unicredit in der Gerüchteküche.
Aktionärsvertreter hätten eine Übernahme kritisch gesehen. Die Befürchtung, dass die Deutsche Bank lediglich die Kunden der Commerzbank als "Organspender" missbraucht hätten, äußerte etwa Wolfgang Aleff von der Gesellschaft für Wertpapierinteressen. Und auch für die Aktionäre wäre kein Vorteil dabei herausgesprungen. :"Wir haben in den vergangenen zehn Jahren eine bittere Pille nach der anderen schlucken müssen. Die Früchte dieser Rosskur möchten wir natürlich selbst ernten."
Noch gibt es wenig zu ernten. Trotz wachsender Einlagung und Kreditvolumina kann die Commerzbank die Erträge nur langsam steigern. Aber die Ernte fällt für 2018 auch nicht komplett aus: Zum zweiten Mal seit der Finanzkrise 2008 gibt es eine Dividende, wenn auch nur 20 Cent.
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Einschätzung der Redaktion
Der Vorstand der Commerzbank ist selbst nicht mit der Ertragssituation zufrieden, fühlt sich aber dennoch auf dem richtigen Weg. Bei dem angekündigten Nachschärfen der Strategie haben die Manager der Frankfurter Bank also ein Perpetuum Mobile zu lösen: Wie können sie in Zeiten anhaltender Niedrigzinsen mit einem auf Zinsertrag angelegten Geschäftsmodell wachsen. Zielke hat bisher an allen möglichen Sparschrauben gedreht, aber auch dieses Potenzial erschöpft sich irgendwann. Besser wäre es, wenn die Commerzbank einen Plan austüftelt, das zweite Ertragsstandbein, den Provisionsüberschuss nachhaltig zu stabilisieren. Der war zuletzt rückläufig gewesen.
Ein Einstieg in die Aktie beim aktuellen Kurs ist günstig, aber nicht ohne Risiko. Zwar dürfte jede weitere Übernahme den Kurs nach oben treiben, doch bis zur fundamentalen Trendwende dürfte es noch dauern. Defensive Anleger halten sich zurück, offensive steigen ein.
Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 9,00 Euro
Stoppkurs: 6,00 Euro