Vorstandschef Martin Blessing verteidigte am Donnerstag die vor über zwei Jahren ausgegebenen Ziele für 2016, obwohl es auch im eigenen Haus Zweifler gibt - gerade an der angepeilten Rendite von mindestens zehn Prozent. Die erste Halbzeit sei gar nicht schlecht gelaufen, zog er Bilanz. "Auf die zweite Halbzeit kommt es jetzt an." Wenn die Ziele wegen des schwierigen Umfelds ambitionierter seien, "dann muss man halt mehr kämpfen". Ungemach droht wegen Rechtsstreitigkeiten in den USA, die wie ein Damoklesschwert über der Bank hängen.
Blessing will die Commerzbank effizienter machen - nicht über weitere umfangreiche Stellenstreichungen, sondern indem Hierarchien gestrafft werden. Eine konkrete Ergebnisprognose für dieses Jahr wagte Blessing nicht, dabei startet er durchaus mit Rückenwind: Weil das vierte Quartal unerwartet stark ausfiel, schaffte die "gelbe Bank" 2014 im Gesamtjahr einen deutlichen Gewinnsprung. Der Überschuss vervielfachte sich auf rund 600 Millionen Euro, das operative Ergebnis zog um 40 Prozent auf gut eine Milliarde Euro an. 2013 war vom teuren Umbau des Privatkundengeschäfts belastet, weshalb die Zahlen nun umso besser aussahen.
Die Commerzbank profitierte zuletzt aber auch von geringeren Rückstellungen für faule Kredite. "Gemessen an den Erwartungen hat die Commerzbank ein zufriedenstellendes Ergebnis präsentiert", sagte Fondsmanager Helmut Hipper vom Großaktionär Union Investment. Anders als befürchtet musste das Institut auch nicht allzu viel für die Rückerstattung von Kreditgebühren reservieren. Die Belastungen beliefen sich auf 75 Millionen Euro - ein Bruchteil dessen, was etwa die Deutsche Bank zu schultern hat. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Herbst, dass Banken jahrelang zu Unrecht Bearbeitungsgebühren für Ratenkredite kassierten, hatte zu einer Flut von Rückforderungen geführt - bei der Commerzbank allein 94.000.
Auf Seite 2: BANGEN UM DIE ERTRAGSPERLE MITTELSTAND
BANGEN UM DIE ERTRAGSPERLE MITTELSTAND
Mit ihrer starken Fokussierung auf Privatkunden und den Mittelstand ist die Commerzbank besonders verwundbar, wenn die Zinsen niedrig bleiben und die europäische Wirtschaft noch längere Zeit schwächelt. In Deutschland sitzt der Mittelstand zudem auf seinem Geld und fragt viel weniger Kredite nach als erhofft. Das könnte das wichtigste Ziel von Blessing in Gefahr bringen: 2016 soll die Kernbank - also ohne Berücksichtigung der Altlasten in der internen "Bad Bank" - eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von mindestens zehn (2014: 7,3) Prozent erzielen.
Im vergangenen Jahr konnten die beiden wichtigsten Sparten ihren Gewinn noch steigern. Die Commerzbank gewann unter dem Strich knapp 300.000 Privatkunden hinzu. Das Investmentbanking, das seit der Finanzkrise deutlich eingedampft wurde, verbuchte dagegen einen Gewinnrückgang. Gut voran kommt die Commerzbank bei ihrer internen "Bad Bank", in der seit 2012 ausrangierte Immobilien- und Schiffskredite sowie Staatsanleihen lagern. Das gesamte Volumen hat sich fast halbiert und liegt noch bei 84 Milliarden Euro, der Verlust hat sich verringert. Viele Papiere lassen sich wieder gut verkaufen, weil etwa Hedgefonds auf satte Renditen spekulieren.
Auf Seite 3: EINE TEURE RECHNUNG
EINE TEURE RECHNUNG
Dennoch blieben die Anleger in Deckung: Die Commerzbank-Aktie war einer der wenigen Dax-Verlierer. Dass die Anleger der noch immer teilverstaatlichten Bank in Sachen Dividende abermals leer ausgehen würden, hatte sich abgezeichnet. Das letzte Mal hatte die Bank für 2007 eine Dividende von einem Euro überwiesen. Blessing will die Ausschüttung möglichst bald wieder aufnehmen, machte aber keine konkreten Versprechen. Seine eigene "Nullrunde" - in den vergangenen Jahren hatte der Bankchef auf einen Bonus verzichtet - könnte dagegen schon bald vorbei sein. Darüber entscheidet der Aufsichtsrat. Blessing deutete an, dass er wohl zugreifen würde: "Irgendwann würde ich auch wieder sagen, jetzt ist ein gewisses Maß an Normalität eingetreten."
Wieviel Bonus er nimmt, hängt wahrscheinlich auch davon ab, wie teuer der seit langem erwartete US-Vergleich wird, mit dem die Bank Vorwürfe von Sanktionsverstößen und Geldwäsche vom Tisch räumen will. Kurz vor Weihnachten war aus Finanzkreisen verlautet, dass sich die Rechnung auf über eine Milliarde Dollar (800 Millionen Euro) belaufen könnte. Finanzchef Stephan Engels sagte, die Verhandlungen liefen auf Hochtouren. Ein Vergleich dürfte "eher früher als später" kommen und könnte noch rückwirkend ins abgelaufene Jahr gebucht werden. Die Bank ist gerüstet: Die gesamten Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten stiegen 2014 um knapp 500 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro.
Reuters