Der Aufsichtsrat der Commerzbank kürte den 53-jährigen Nordhessen am Sonntag zum Nachfolger von Martin Blessing, der damit auf der Hauptversammlung im April seinen letzten großen Auftritt haben wird. Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller, der sich in den vergangenen Monaten auch einige externe Kandidaten angeschaut hatte, sprach dem neuen Mann an der Spitze sein Vertrauen aus: Zielke habe auf eindrucksvolle Weise das Privatkundengeschäft zurück auf die Erfolgsspur gebracht. "Ich bin fest überzeugt, dass er gemeinsam mit seinem Vorstandsteam den Weg hin zu einer nachhaltig erfolgreichen Bank konsequent fortsetzen wird." Wichtigste Aufgabe ist die Ausarbeitung einer neuen Strategie für die kommenden Jahre.

Reuters hatte bereits am Freitag aus Finanzkreisen erfahren, dass die Nachfolge auf eine interne Lösung hinausläuft. Dabei hatte es lange Zeit danach ausgesehen, dass die Commerzbank - auch auf Wunsch des Bundes als Großaktionär - den neuen Chef von außen holt, um für frischen Wind zu sorgen. Doch die Gespräche mit potenziellen Kandidaten liefen zäh, wie aus dem Konzern verlautete. Nun ist es Zielke geworden, der dem Vorstand seit 2010 angehört und für etliche Beobachter - zumindest neben dem ebenfalls als Thronfolger gehandelten Mittelstandsvorstand Markus Beumer - zunächst als Außenseiter ins Rennen gegangen war.

Müller verteidigte den rund vier Monate dauernden Auswahlprozess. Niemand sei beschädigt worden und von einer Hängepartie könne keine Rede sein, sagte er in einem Interview, das im konzerneigenen Intranet veröffentlicht wurde. "Interne und externe Kandidaten wurden gleichermaßen einbezogen. Aus diesem Prozess ging Martin Zielke unangefochten als erste Wahl hervor." Der Manager sei ein "Vollblut-Banker", der immer Kurs gehalten habe, auch bei Gegenwind. "Solche Qualitäten wird die Commerzbank benötigen, auch in den kommenden Jahren."

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Blessing hatte im vergangenen Herbst überraschend angekündigt, seinen Vertrag nicht zu verlängern. Dieser endet nun im gegenseitigen Einvernehmen zum 30. April, zehn Tage nach der Hauptversammlung. Seit 2008 führt er das Institut. Kurz nach Blessings Amtsantritt hatte die Commerzbank die Dresdner Bank geschluckt - zwei Wochen vor dem Höhepunkt der Finanzkrise. Der Staat musste die fusionierte Bank damals mit gut 18 Milliarden Euro retten, noch heute ist er mit 15,6 Prozent an dem Geldhaus beteiligt.

Die Sanierung der Commerzbank ist im Grunde zwar abgeschlossen, denn sie schreibt wieder einen Milliardengewinn und zahlt - anders als die Deutsche Bank - sogar eine Dividende. Aber die Frage, wie der endgültige Ausstieg des Bundes aussehen kann, ist eine der wichtigsten für die Commerzbank in den nächsten Jahren. Zielke muss sich außerdem überlegen, wie man in Zukunft noch nachhaltiges Bankgeschäft betreiben kann - in Zeiten anhaltend niedriger Zinsen und strengerer Kapitalauflagen. Beides drückt auf die Rendite, worüber die gesamte Branche klagt.

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Der Aufsichtsrat segnete am Sonntag noch weitere Personalien ab: Auf Zielke wird im Vorstand als oberster Chef für die Privatkunden Michael Mandel folgen. Der 49-jährige Bereichsvorstand hat nach Konzernangaben wesentlichen Anteil am erfolgreichen Umbau der Sparte. Mittelstandsvorstand Beumer will Finanzkreisen zufolge an Bord bleiben. Chefkontrolleur Müller kommt außerdem seinem Ziel näher, eine Frau in das oberste Führungsgremium zu berufen: Bettina Orlopp soll künftig für das neu zugeschnittene Vorstandsressort Compliance, Personal und Recht zuständig sein. Die 45-Jährige, die derzeit als Bereichsvorstand für Konzernentwicklung und Strategie zuständig ist, hat allerdings noch nicht den sogenannten "Banken-Führerschein" der Aufsicht BaFin. Daher wird sie bis auf weiteres als Generalbevollmächtigte agieren.

Am meisten interessiert Investoren im Moment jedoch die Frage, wie es an der Spitze des Aufsichtsrats weitergeht. Denn Müller, der eigentlich bis zum Frühjahr 2018 gewählt ist, kann sich nach eigenen Angaben einen vorzeitigen Abschied vorstellen. Allerdings gestaltet sich die Kandidatensuche hier noch schwieriger, wie Insider berichten. Prominente Köpfe, darunter Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard, seien angesprochen worden, hätten aber abgelehnt. Müller hielt sich dazu bedeckt und erklärte im Intranet nur: "Die Suche nach einem Nachfolger für den AR-Vorsitz ist für mich nun die vordringliche Aufgabe."

Reuters