Die Commerzbank hat eigentlich ganz gute Quartalszahlen vorgelegt. Trotz eines Gewinneinbruchs im dritten Quartal wegen der polnischen Tochter steuert die Großbank in diesem Jahr auf einen Überschuss von mehr als einer Milliarde Euro zu. Am Finanzmarkt werden die Nachrichten zunächst positiv aufgenommen. Doch dann gerät der Kurs ins Rutschen...
In den ersten neun Monaten verdiente das Institut trotz hoher Belastungen in Polen unter dem Strich bereits 963 Millionen Euro und damit mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Die Zinswende stimmt Vorstandschef Manfred Knof zudem positiver für die kommenden Jahre. So sollen die Erträge des Instituts bis zum Jahr 2024 auf zehn Milliarden Euro steigen – und damit fast eine Milliarde höher ausfallen als bisher angepeilt. Der Großteil der Mehreinnahmen dürfte allerdings für höhere Kosten draufgehen.
"Wir haben große Fortschritte bei der Umsetzung unserer 'Strategie 2024' erzielt und sind auf gutem Weg, unsere Ziele zu erreichen", sagte Knof. Während die Einnahmen dank der Zinswende und eines verbesserten Kundengeschäfts in den kommenden Jahren noch stärker steigen sollen als bisher gedacht, kann die Commerzbank ihre Kosten nach eigener Einschätzung nicht so stark senken wie einstmals geplant.
So erwartet das Management für das laufende Jahr zwar weiterhin Kosten von 6,4 Milliarden Euro. Bis 2024 dürften sie aber statt auf 5,4 Milliarden nur auf 6 Milliarden Euro sinken. Trotzdem soll der operative Gewinn dann auf rund 3,2 Milliarden Euro klettern – und damit rund 200 Millionen höher ausfallen als bisher geplant.
"Dividende fest im Blick"
Im laufenden Jahr sieht Finanz-Chefin Bettina Orlopp die Commerzbank "auf der Zielgeraden" zu mehr als einer Milliarde Euro Gewinn. "Die Zahlung einer Dividende haben wir weiterhin fest im Blick", ergänzte sie. Der Zinsüberschuss soll 2022 auf mehr als sechs Milliarden Euro steigen. Die Risikovorsorge für gefährdete Kredite dürfte den Angaben zufolge bei etwa 700 Millionen Euro liegen.
Im vorbörslichen Handel legt die Commerzbank-Aktie im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs vom Dienstag um rund ein Prozent zu. Doch dann rückten die Details der Zahlen in den Fokus der Anleger. So sank der Nettogewinn des MDax-Konzerns um 52 Prozent auf 195 Millionen Euro. Damit übertraf das Institut zwar die Erwartungen der Analysten, die laut Commerzbank im Schnitt mit 116 Millionen Euro gerechnet hatten. Und auch die Erlöse stiegen bis Ende September dank der Zinswende und Zuwächsen im Kundengeschäft deutlich, und zwar um zwölf Prozent auf 7,1 Milliarden Euro.
mBank belastet Ergebnis
Doch Abschreibungen bei der polnischen Tochter mBank haben die positiven Effekte der Geschäftsentwicklung bei der Commerzbank aufgezehrt. Hinzu kamen die gesetzlich verordneten Zins- und Tilgungsstundungen in dem Land. Bei der Commerzbank schlugen die beiden Posten mit fast 750 Millionen Euro zu Buche.
In der Folge gingen die Erträge – also die gesamten Einnahmen des Commerzbank-Konzerns – im dritten Quartal um rund sechs Prozent auf knapp 1,9 Milliarden Euro zurück. "Ohne die genannten Sonderbelastungen in Polen wäre der Vorjahreswert um mehr als ein Viertel übertroffen worden", schrieb die Commerzbank.
Risikovorsorge deutlich erhöht
Unterdessen legte das Frankfurter Geldhaus mit 84 Millionen Euro fast viermal so viel Geld für drohende Kreditausfälle zurück wie im Vorjahreszeitraum. Die pauschale Risikovorsorge lag im dritten Quartal bei 500 Millionen Euro. Laut Quartalsbericht blieb die Kreditqualität hoch und das Risikoergebnis betrug minus 84 Millionen Euro. "Die Zahl der Insolvenzen ist noch gering, sie wird aber nicht so bleiben", hatte Commerzbank-Chef Manfred Knof am gestrigen Dienstag auf einer Konferenz gesagt. Analysten der Ratingagentur Moody's nannten Anfang Oktober die Commerzbank als eines der deutschen Geldhäuser, das von der Energiekrise am meisten betroffen sei.
In ersten Reaktionen fanden Analysten durchaus lobende Worte für das jüngste Geschäft. Der bekannte Branchenexperte Kian Abouhossein von der Investmentbank JPMorgan kritisierte jedoch das neue Coba-Ziel für das operative Ergebnis im Jahr 2024, das unter den Markterwartungen liege.
Commerzbank-Aktien unter Druck
Die Aktien der Großbank geraten nach dem Quartalsbericht unter Druck und verlieren am Vormittag bis zu 7,5 Prozent auf 7,63 Euro. Damit gehören sie neben Evotec zu den Tagesverlierern im MDax. Alleine seit Mitte Oktober waren die CoBank-Papiere um 20 Prozent geklettert und hatten den überdurchschnittlich starken europäischen Banken-Index noch abgehängt.
Einschätzungen zur Commerzbank-Aktie
Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat die Einstufung für die Commerzbank-Aktie heute auf "Neutral" mit einem Kursziel von 9,70 Euro belassen. Erträge und Gewinn der Bank im dritten Quartal seien besser als gedacht ausgefallen, schrieb Analyst Chris Hallam in einer aktuellen Studie. Die wichtigsten Finanzziele der 'Strategie 2024' habe das Kredithaus bestätigt.
Die Commerzbank bleibt mit ihren Gewinnzielen also auf Kurs. Doch die Risiken nehmen zu, sowohl bei den Krediten als auch bei der Problemtochter mBank. Der im August begonnene Aufwärtstrend der Aktie ist jedoch noch intakt, wenn auch die 50-Tage-Linie mal wieder wackelt. BÖRSE ONLINE hat ein längerfristiges Kursziel von 11,00 Euro ausgegeben, bei 6,10 Euro sollte eine Stop-Loss-Order platziert werden.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.
(Mit Material von dpa-AFX und Reuters)