Auf die jüngsten Kursturbulenzen hat auch das Bankhaus Lampe reagiert. Das Kursziel für den DAX wurde für Ende 2015 von zuvor 12.100 Punkten auf 10.800 Punkte gesenkt. Auch die Prognose für Ende 2016 wurde von 12.500 auf 11.200 Zähler zurückgenommen. Die Vorhersage beruht dabei auf der Annahme eines sich wieder stabilisierenden volkswirtschaftlichen Nachrichtenflusses und die damit verbundene Erleichterung darüber, dass eine weltweite Rezession vermieden werden konnte.
In den genannten Kurszielen komme aber nicht zum Ausdruck, dass es auf dem Weg dorthin vermutlich auch weiterhin sehr volatil an den Börsen zugehen dürfte. Diese Erwartungshaltung hat auch mit dem nur geringen Puffer zu tun, den die Weltwirtschaft vor einem Abrutschen in eine Rezession habe. Sollte sich irgendwo ein neuer Krisenherd finden, müsse von sehr starken Kursreaktionen ausgegangen werden, heißt es.
Gleichzeitig würden die Notenbanken aber immer aggressiver werden und im Euro-Raum müsse mit einem QE2-Stimulierungsprogramm gerechnet werden. Auszuschließen sei in dieser Hinsicht jedenfalls nichts mehr. Die Aktienmärkte dürften darauf dann erneut positiv reagieren. In Verbund mit ebenfalls nicht auszuschließenden fiskalpolitischen Ankurbelungsmaßnahmen könnte das die Aktienkurse auf neue zyklische Höhen führen.
Bei Investments in Einzeltitel sollten sich Anleger dennoch auf defensive Titel mit einem relativ stabilen Cash Flow konzentrieren, die von den niedrigen Zinsen in Europa profitieren. Zu den Profiteuren zählten dabei deutsche Aktien aus den Bereich Immobilien und Pharma. Als Depotergänzung würden sich zudem etwas riskantere und zyklischere Werte anbieten, die zuletzt unter der Marktkorrektur litten und dadurch jetzt werthaltiger seien.
Die Lampe-Analysten haben vier deutsche Aktien herausgefiltert, die diesen Vorgaben entsprechen. Auf den nächsten Seiten werden diese Titel, die in der Spitze ein Kurspotenzial von 45 Prozent aufweisen, etwas näher vorgestellt.
Lampe Deutschland-Favorit Nummer vier: Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA (WKN: 578580, 71,02 Euro, alle Kurs- und Bewertungsangaben beziehen sich auf den Stand vom 14. Oktober)
Relativ bescheiden nimmt sich bei Fresenius Medical Care die Kurszielvorgabe mit 80 Euro für den ersten Lampe-Deutschland-Favoriten aus. Denn der Abstand nach oben beträgt nur noch 12,6 Prozent. Doch der Dialysekonzern gilt als einer der Vorzeigewert im DAX und bekommt vielerorts einen Status als Dauerbrenner zugebilligt. Auch die Börse Online rät hier zum Kauf, wobei die Kurszielvorgabe sogar 90 Euro beträgt.
Lampe traut FMC 2015 eine Gewinnverbesserung von 3,47 auf 4,27 Euro zu und 2016 dann einen Anstieg auf 4,64 Euro zu. Das bedeutet für kommendes Jahr ein KGV von 15,3. Im historischen Vergleich sei der Titel damit nicht mehr teuer, die Sektorbewertung bewege sich dagegen weiterhin deutlich über dem historischen Durchschnitt, wobei aber auch das im aktuellen Umfeld als nicht übertrieben dargestellt wird.
Geschäftlich läuft es für die Gesellschaft ohnehin nach wie vor gut. Im zweiten Quartal konnten dank einem hohen organischen Wachstum die Erlöse um neun Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar deutlich gesteigert werden. Allerdings ging das operative Ergebnis um zwei Prozent auf 547 Millionen Dollar leicht zurück, weil Kürzungen bei der Dialysevergütung auf dem wichtigen US-Markt belasteten. Mit einem Sparprogramm steuert die Tochter des Gesundheitskonzerns Fresenius aber gegen und die Jahresprognosen wurden bestätigt. Das heißt, es wird mit einem Erlösanstieg von fünf bis sieben Prozent gerechnet und einem Plus beim Konzernergebnis von bis zu fünf Prozent.
Lampe-Analyst Volker Braun sieht seine Kaufempfehlung für den Wert durch die Chance untermauert, dass der Nettogewinnanstieg 2016 höher ausfallen könnte als vom Unternehmen derzeit unterstellt. Während intern von einem Plus von 15-20 Prozent ausgegangen werde, hält Brauch im kommenden Jahr eine Zuwachsrate von 23 Prozent für möglich. Genährt werde sein Optimismus durch ein globales Effizienzprogramm, der Einführung eines neuen Medikamentes, Verbesserungen im Segment Care Coordination und robusten organischen Wachstumsaussichten. Kapitalmarkttage am 18. November in New York und am 20. November in London sollte zu einen besseren Verständnis des neuen Segments Care Coordination am Markt beitragen.
Lampe Deutschland-Favorit Nummer drei: TAG Immobilien AG (WKN: 830350, 11,17 Euro)
Etwas höher als bei FMC fällt das Kurspotenzial aus, das Lampe dem zweiten Deutschland-Favoriten TAG Immobilien zubilligt. Hier beträgt das Kursziel 13,50 Euro und das damit verbundene Aufwärtspotenzial beläuft sich auf 20,9 Prozent. Der MDAX-Vertreter konnte sich einer Zwischenkorrektur zwar ebenfalls nicht entziehen, zuletzt ist es der Notiz aber schon wieder gelungen, den mittelfristigen charttechnischen Abwärtstrend zu überwinden.
Die Immobiliengesellschaft musste im ersten Halbjahr beim Umsatz aus Vermietung und beim bereinigten operativen Ergebnis zwar jeweils Rückgänge hinnehmen, die Zahlen lagen aber im Rahmen der Erwartungen. Die Leerstandsquote verringerte sich von 9,0 Prozent zu Jahresbeginn auf 8,7 Prozent zum Ende des zweiten Quartals. Ein Trend der anhalten sollte. Ansonsten ist die Gesellschaft intensiv dabei, die seit 2014 verfolgte Strategie fortzuführen, die darin besteht, Verkäufe in hochpreisigen Märkten durchzuführen und gezielte Akquisitionen in den Kernregionen mit höheren Anfangsrenditen vorzunehmen.
Lampe-Analyst Georg Kanders sieht die Immobilienbranche als einen der großen Gewinner des vorherrschenden Niedrigzinsniveaus. Auch deswegen hat er alle von ihm beobachteten deutschen Immobilienaktien mit Ausnahme von Deutsche Wohnen mit einem Kaufurteil ausgestattet. TAG Immobilien streicht er als besonders interessant heraus, weil das Unternehmen gegenüber der Konkurrenz noch mit einem Bewertungsabschlag ausgestattet sei. Dabei sollte die Gesellschaft am meisten von dem massiven Flüchtlingsstrom nach Deutschland profitieren. Die bereits genannte Leerstandsquote sollte vor diesem Hintergrund nennenswert gesenkt werden können. TAG habe jedenfalls bereits damit begonnen, an Flüchtlinge zu vermieten. So sei ein alleinstehendes Objekt in Bielefeld mit 112 Einheiten an die Stadt vermietet worden und 60 Apartments in Salzgitter. Auf vergleichbarer Basis könnte laut Kanders die Leerstandsquote auf acht Prozent sinken.
Gerechnet werden könne auch mit weiteren deutlichen Kostensenkungserfolgen. Das Refinanzierungsvolumen in den kommenden drei Jahren sei auf 660 Millionen Euro zu veranschlagen und die zu zahlenden Zinsen dürften sich dabei um rund 150 Basispunkte verringern. Damit könnten Einsparungen im Volumen von zehn Millionen Euro einhergehen. Wie schon im Juli praktiziert seien auch vorzeitig vorgenommene Refinanzierungen möglich. Auf Ebene der Portfoliobewertung, die auf Jahresbasis im September vorgenommen wurde, seien bei den Beständen in Salzgitter Aufwertungen zu erwarten. Die von Lampe bisher unterstellten positiven Effekte im Volumen von 35 Millionen Euro könnten dabei sogar übertroffen werden.
Auf Basis der von Unternehmen für 2015 in Aussicht gestellten Ausschüttung von 0,50 Euro ergibt sich eine Dividendenrendite von 4,5 Prozent. Für 2016 und 2017 würde diese dann noch etwas höher ausfallen, geht Kanders doch für diese beiden Jahre von Dividendenerhöhungen auf 0,60 und 0,65 Euro je Aktie aus.
Lampe Deutschland-Favorit Nummer zwei: Continental AG (WKN: 543900, 197,40 Euro)
Beim Dax-Vertreter Continental, dem dritten Deutschland-Favoriten von Lampe, kam es in den vergangenen Monaten ebenfalls zu Kursverlusten. Diese sind aber nicht dramatisch ausgefallen und die bessere Wertentwicklung verglichen mit dem DAX konnte dabei behauptet werden. Das ist auch deshalb ein Zeichen von Stärke, weil der Automobilsektor zuletzt wegen dem Abgasskandal rund um Volkswagen erheblich unter Kursdruck stand. Zusätzlich hinzu kamen auch noch die Sorgen um den Zustand der Konjunktur in China, die den Sektor ebenfalls belasteten.
Aus Sicht von Lampe-Analyst Christian Ludwig sind die Anlegerreaktionen auf die Probleme bei Volkswagen allgemein mit Blick auf die Vertreter aus dem Autosektor übertrieben stark ausgefallen. Ein gutes Beispiel für diese These sei Daimler. Selbst wenn die Gewinnschätzungen um 25 Prozent fallen sollten, wäre der Titel immer noch lediglich mit einem KGV von zehn ausgestattet. Das wiederum wäre um 0,5 Prozentpunkte unter dem langfristigen Bewertungsdurchschnitt.
Insgesamt stecke in den Notierungen somit schon ein erheblicher Bewertungsabschlag. Wer dennoch besorgt sei, der Abgas-Skandal könnte auch langfristig negative Folgen für die Branche nach sich ziehen, der sollte sich alternativ unter jene Auto-Zulieferern umsehen, die davon weniger betroffen seien. Dazu zählt Ludwig unter anderem Continental.
Der Lampe-Analyst geht davon aus, dass Continental in keiner Weise in den Skandal verwickelt war. Am Ende könnte sich das Ganze für Zulieferer sogar als vorteilhaft erweisen. Etwa dann, wenn strengere Vorschriften bei der Messung von Abgasen und dem Spritverbrauch den Einsatz neuer Technologien erforderten. Bei Continental komme der Dieselbereich nur auf einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro, während sich die allgemein im Automotive-Segment erzielten Umsätze auf 21 Milliarden Euro belaufen.
Das Unternehmen sei außerdem gut aufgestellt, um von der größeren Nachfrage nach kraftstoffsparenden Technologien für Benzinmotoren, Kraftstoffeinspritz-Technologien, 48 Volt Batterie-Systemen und die Hybridisierung von Fahrzeugen. Der rund 15 Milliarden Euro umfassende Gummi-Bereich stelle darüber hinaus eine Absicherung gegen kurzfristige, regulatorisch bedingte Abschwünge im Automotive-Segment dar.
Als Kursziel werden 250 Euro genannt, was 26,6 Prozent über den aktuellen Notierungen liegt. Bei einem für 2016 geschätzten Gewinn je Aktie von 15,45 Euro je Aktie ergibt sich ein KGV von 12,8.
Lampe Deutschland-Favorit Nummer eins: Commerzbank AG (WKN: CBK100, 9,627 Euro)
Als Deutschland-Favorit mit dem größten Kurspotenzial streicht Lampe mit der Commerzbank ausgerechnet einen Titel heraus, der den seit 2009 laufenden Bullenmarkt nicht mitgemacht hat. Der zuständige Analyst Neil Smith räumt aber ein, dass es sich eher um eine Empfehlung für mutige Anleger handelt. Den Bankaktien und auch die Commerzbank seien nicht nur Pfeffer fürs Depot sondern scharfer Chilli-Pfeffer. Will heißen: Neben hohen Risiken bestehe auch die Aussicht auf hohe Gewinne, falls die Wette aufgehe.
Insbesondere gelte dies nach der jüngsten Kursschwäche, die den Sektor erfasst hatte. Denn der Bewertungsabschlag des Sektors gegenüber dem Gesamtmarkt habe sich dadurch wieder auf 26 Prozent erhöht, verglichen mit einem durchschnittlichen Abschlag von 18 Prozent seit 2004. Jede nennenswerte Markterholung dürfte aber ohne Mitwirkung des Bankensektors schwierig werden. Wegen der Probleme in Brasilien seien Banken aus Spanien keine Alternative. Als erste Wahl aus der Branche setzt Smith dagegen auf die Commerzbank. Das Kursziel für die Anteilsscheine des Instituts beziffert er auf 14,00 Euro, was bei Zielerreichung einem Potenzial von 45,4 Prozent entspricht.
Die Kaufempfehlung für den Titel begründet der Analyst dabei wie folgt: Der Abbau der nicht zum Kerngeschäft zählenden Assets schreitet schneller voran als erwartet. Die diesbezüglich gesetzten Ziele dürfte übertroffen werden. Auch gebe es Hinweise auf zusätzliche Möglichkeiten für Kosteneinsparungen, wozu auch die stärkere Nutzung des Mobil-Banking durch die Kunden beitrage. Smith rechnet damit, dass die eingesparten Kosten in Wachstumsinitiativen reinvestiert werden. Zudem geht er von einer stärkeren Nutzung der steuerlichen Verlustvorträge in einem Umfeld aus, in dem es einfacher sei als bisher, die weitere Gewinnentwicklung abzuschätzen. Der Nettoinventarwert könnte dadurch um rund 15 Prozent gesteigert werden.
Als mögliche Kurskatalysatoren könnte die bevorstehende Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Quartal fungieren, falls diese mehr Klarheit darüber bringen, wie sich beispielsweise die Kosten entwickeln werden. Denkbar sei außerdem im vierten Quartal, oder zumindest bis zum ersten Quartal 2016 das Verkünden von neuen Geschäftszielen bis zum Jahr 2020 und Antworten auf Fragen wie diese, wie es mit dem Abbau des Nichtkerngeschäftes weitergehen wird.
Was die Bewertungen angeht, würde eine Rückkehr zum langfristigen Durchschnitt beim KGV von 10,9 einen Kurs von 12,70 Euro zulassen, gemessen am durchschnittlichen Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,68 seien sogar 16,90 Euro gerechtfertigt.
Interessant könnte die Aktie aber auch als Dividendentitel werden. Zumindest dann, wenn die Schätzungen von Smith aufgehen. Denn der Lampe-Analyst rechnet für die Geschäftsjahre 2015 bis 2018 mit Ausschüttungssätzen von 0,20, 0,40, 0,60 und 0,80 Euro je Aktie. Daraus ergeben sich theoretisch Dividendenrenditen von 2,08, 4,15, 6,23 und 8,31 Prozent.