BÖRSE ONLINE: Die Commerzbank hat ihr Beratungskonzept für vermögende Kunden geändert. Was ist die Strategie?


Gustav Holtkemper: Obwohl wir einen Verdrängungswettbewerb im Bankengewerbe haben, wächst der Wealth Management-Markt mit etwa fünf Prozent pro Jahr. Daran wollen wir überproportional teilnehmen und weiter wachsen. Im vergangenen Jahr haben wir die Zahl unserer Standorte von 43 auf 105 Standorte erhöht. Zudem haben wir die Zahl unserer Berater erhöht, aus einer Mannschaft von bisher 700 Kollegen sind 1100 geworden. Das ist ein großes Investment für die Bank.

Früher mussten Kunden ein Vermögen von mindestens einer Million Euro mitbringen mussten. Gilt diese Grenze noch?


Nein. Wir gehen heute vom Beratungsbedarf aus. Jemand mit einem Vermögen von beispielsweise 600.000 Euro und einer Leidenschaft für den Handel mit Wertpapieren, bringt einen hohen Bedarf an Beratung mit. Anders als jemand, der sein Vermögen ausschließlich in einer Immobilie anlegen möchte.

Wie wirkt sich denn die lange Phase niedriger Zinsen auf den Beratungsbedarf aus?


Konservative Anleger, die bisher hauptsächlich auf dem Rentenmarkt unterwegs waren und mit einer Rendite zwischen drei und fünf Prozent zufrieden waren, müssen nun erkennen, dass diese Strategie nicht mehr zieht. Deshalb vertrauen sie zunehmend Experten. Der Kapitalmarkt hat im Zusammenhang mit der expansiven Geldpolitik an Komplexität gewonnen.

Inwieweit verändern sich die Kundenwünsche dadurch?


Der Erhalt des Vermögens rückt in den Vordergrund. Die Familien wollen nach Steuern, den Kosten und Inflation ihre Kaufkraft erhalten und in die nächste Generation tragen. Nur wenige Kunden suchen das Risiko. Wir verstehen uns also als konservativer Vermögensverwalter, der eine aktive Risikostrategie fährt. Diversifikation ist hierbei sehr wichtig. Ohne Aktien im Depot haben Sie derzeit keine Chance, eine zufriedenstellende Rendite zu erwirtschaften.

Die Commerzbank befindet sich im Umbau - knapp 10 000 Stellen will der neue Vorstandschef Martin Zielke bis 2020 abbauen und das Investmentbanking drastisch zurückfahren. Was trägt das Wealth Management zur Neuausrichtung bei?


Alles, was wir bisher getan haben, ist Teil der Strategie, die wir bis Ende 2016 abschließen werden. Aber auch künftig bleibt das Wealth Management ein Wachstumssegment. Wir wollen unseren Anteil an den Gesamterträgen deutlich erhöhen. Zum Teil wird das Wachstum daraus resultieren, dass uns im Zuge der Umstrukturierung Kunden der Filialen zugeordnet werden. Wir arbeiten zudem im Schulterschluss mit dem Firmenkundensegment. Bislang ist nur ein überschaubarer Anteil Firmenkunden auch Kunde des Wealth Managements. Diesen bieten wir jetzt verstärkt die private Betreuung ihres Vermögens an. Wir bauen zudem auf Empfehlungen, denn zufriedene Kunden sind bereit, uns weiter zu empfehlen. Aber wir rechnen auch damit, dass sich der Verdrängungswettbewerb im Bankgewerbe zu unseren Gunsten auswirkt.

Inwiefern?


Viele regionale Institute der Sparkassen und Volksbanken ziehen sich aus der Wertpapierberatung zurück, weil es zu aufwändig und teuer geworden ist. Die Regulatorik treibt so einen Konzentrationsprozess zugunsten großer, erfahrener Vermögensverwaltungen wie uns voran.

Wie groß ist dabei der Konsolidierungsdruck?


Es wird Konsolidierungen bei den regionalen Anbietern geben. Wir setzen im Wealth Management allerdings auf organisches Wachstum.