Die Pläne wurden in ihren Umrissen am Freitag publik gemacht, der Aufsichtsrat soll sie Mitte kommender Woche absegnen. Analysten und Investoren erhoffen sich dann auch mehr Details zum künftigen Geschäftsmodell. Das erste Feedback lautete: einfallslos, wenig ambitioniert. Die in den vergangenen Jahren schwer gebeutelte Aktie kam kaum vom Fleck. "Kosten sparen ist das eine, aber das alleine ist nicht die Medizin, die die Commerzbank nun braucht", sagte Klaus Nieding von der Aktionärsvereinigung DSW. "Die große Frage steht weiterhin im Raum, wie die Bank in Zukunft Geld verdienen will."

Nachdem die Fusionsgespräche mit der Deutschen Bank im Frühjahr gescheitert waren, muss die Commerzbank nun allein einen Weg finden, um zu bestehen. Denn der Wettbewerb - angetrieben auch durch neue Konkurrenten im Internet - bleibt hart, ein Ende der Niedrigzinspolitik der EZB ist nicht in Sicht und nun drohen durch die Konjunktureintrübung auch noch steigende Kreditausfälle. Die Deutsche Bank hatte sich vor diesem Hintergrund im Juli den Abbau von weltweit sogar 18.000 Jobs verordnet - der größte Stellenabbau in der Konzerngeschichte.

Die Commerzbank legt nun nach. Das Institut hat seit 2016 zwar rund 1,3 Millionen Kunden gewonnen, doch diese werfen zu wenig ab, und die Kosten fressen einen Großteil der Einnahmen auf. Bislang betonte die Commerzbank stets, an ihrem Filialnetz keine Abstriche machen zu wollen. Nun hieß es, ein weiterer Stellenabbau sei unvermeidlich. Zwar sollen rund 2000 neue Stellen geschaffen werden. Doch unter dem Strich dürften dennoch mehr als sieben Prozent der Arbeitsplätze wegfallen. In welchen Bereichen genau, blieb zunächst offen. "Es muss einen wirtschaftlich langfristigen Sinn ergeben, und der Abbau muss sozialverträglich im Sinne der Mitarbeiter erfolgen", forderte Oliver Popp von der Gewerkschaft DBV. Der Bund, der auch ein Jahrzehnt nach der Rettung der Commerzbank in der Finanzkrise noch 15,6 Prozent an dem Institut hält, wollte sich zu dem Stellenabbau nicht äußern.

ABSPECKEN KOSTET ERSTMAL


Für den Umbau muss die Commerzbank tief in die Tasche greifen: Für den Stellenabbau und die Schließung von Filialen veranschlagt die Bank rund 850 Millionen Euro. Zudem will sie 750 Millionen Euro in Digitalisierung, IT-Infrastruktur und Wachstum stecken. Details nannte die Commerzbank noch nicht. Vorstandschef Martin Zielke will die neue Strategie in all ihren Facetten am kommenden Freitag vorstellen.

Um Geld für den 1,6 Milliarden Euro teuren Konzernumbau freizuschaufeln, will sich die Commerzbank von ihrer Ertragsperle mBank trennen. Bisher hatten die Frankfurter stets betont, wie wichtig die polnische Tochter sei, die als Innovationstreiber im Konzern gilt. Viele Neuerungen wurden in Polen ausprobiert, bevor sie auch in Deutschland ausgerollt wurden. Doch künftig konzentriert sich die Commerzbank, die im vergangenen Jahr ihre Überlegungen einer europäischen Online-Bank begraben hatte, auf ihren Heimatmarkt. Der Verkauf der mBank, an der die Commerzbank 69 Prozent hält, könnte rechnerisch rund zwei Milliarden Euro in die klammen Kassen spülen.

Die Online-Bank Comdirect, an der die Commerzbank derzeit 82 Prozent besitzt, will das Geldhaus dagegen komplett übernehmen. Da sich durch die fortschreitende Digitalisierung die Geschäftsmodelle der beiden Banken immer stärker anglichen, plane der Vorstand die Verschmelzung der Comdirect auf die Commerzbank, erklärte der Konzern. Den Minderheitsaktionären stellte die Commerzbank eine Prämie von 25 Prozent auf den Aktienkurs der Comdirect vor der Ankündigung vom Freitag in Aussicht.

EINE RENDITE VON VIER PROZENT


Mit den Umbauarbeiten will die Commerzbank ihre Kosten bis 2023 im Vergleich zum laufenden Jahr um rund 600 Millionen Euro drücken, die Kernkapitalquote zwischen zwölf und 13 Prozent halten, und mittelfristig eine Eigenkapitalrendite von mehr als vier Prozent erreichen. Im Herbst 2016 hatte die Commerzbank für 2020 noch eine Rendite von über sechs Prozent in Aussicht gestellt, doch die erhoffte Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank ist in weite Ferne gerückt. Dennoch sind auch deutsche Konkurrenten deutlich ambitionierter. Die Deutsche Bank, die ebenfalls mitten im Konzernumbau steckt, nimmt sich für 2022 eine Rendite von acht Prozent vor, große europäische Geldhäuser kommen trotz Niedrigzinsen auf mehr als zehn Prozent.

"Die angekündigte Eigenkapital-Rendite von 'irgendwann mal vier Prozent' ist lächerlich", kritisierte ein Aktienhändler. Die Euphorie über die Umbaupläne schwand an der Börse schnell: Die Commerzbank-Aktie, inzwischen aus dem Dax herausgefallen, ging fast unverändert aus dem Handel. Da half es auch nicht, dass die Commerzbank regelmäßige Dividendenzahlungen in Aussicht stellte. Seit der Rettung in der Finanzkrise erhielten die Aktionäre nur zwei Mal eine Gewinnausschüttung.

rtr