Wer sich die Einschätzungen von Analysten anschaut, dem fällt früher oder später auf, dass es meistens im Schnitt viel mehr Kaufempfehlungen als Verkaufsvoten gibt. Möglicherweise hat die Begründung für diesen Sachverhalt nur mit dem allgemeinen Optimismus der Menschheit zu tun, der dazu führt, der wir mehrheitlich darauf setzen, dass es mit Konjunktur, Unternehmensgewinnen und damit auch den Kursen immer weiter aufwärts geht.
Kritiker dürften aber einwenden, dass der zahlenmäßige Vorsprung der Kaufempfehlungen auch mit dem Finanzsystem selbst zu tun hat. Denn welches Institut will es sich denn ohne Not schon mit einem potenziellen Kunden verscherzen, indem man deren Aktien zum Verkauf stellt.
Was letztlich der Grund für das aufgezählte Missverhältnis sein mag, sei an dieser Stelle dahingestellt. Sinn macht es losgelöst davon aber sicherlich, sich mit den Verkaufstipps zu beschäftigen. Denn schließlich sind vermiedene Kursverluste ein wichtiger Baustein für einen erfolgreichen langfristigen Vermögensaufbau.
Selbst im aktuellen Umfeld, das von einer gut laufende Konjunktur und steigenden Unternehmensgewinnen geprägt ist, kann es alleine schon deshalb auch verkaufenswürdige Titel geben, weil einfach die Bewertungen zu hoch sind.
Vor diesem Hintergrund hat sich BÖRSE ONLINE die Empfehlungen von der NordLB angesehen und dabei fünf deutsche Titel herausgepickt, bei denen die Norddeutschen zum Verkauf raten. Gehen die Vorhersagen auf, bergen diese Werte ein Abschlagspotenzial von 14 Prozent bis 21 Prozent.
Übrigens: Bei der ebenfalls von der NordLB zum Verkauf gestellten Aktie von Delticom war das Kursziel von 11,50 Euro zwischenzeitlich bereits erreicht bzw. leicht unterschritten. Ein Titel, der Ende 2017 noch bei 17,89 Euro notierte und im Hoch im Jahr 2012 noch 82,51 Euro kostete. Ein Beispiel das zeigt, wie sehr sich auch Verkaufsempfehlungen lohnen können.
Auf Seite 2: Wacker Chemie
Wacker Chemie (WKN: WCH888)
Als einen Verkauf hat die NordLB die Aktie von Wacker Chemie eingestuft. Das Kursziel für den MDAX-Wert beträgt 114,00 Euro. Das ist eine Vorgabe, die sich um gut 16 Prozent unter den aktuellen Notierungen bewegt. Allerdings wurde das Kursziel Mitte November von zuvor 100,00 Euro angehoben, wobei aber gleichzeitig das Anlageurteil von bisher Halten gesenkt wurde.
Damals räumte Analyst Thorsten Strauß ein, dass die von dem Spezialchemiekonzern vorgelegten Zahlen für das dritte Quartal deutlich über den Markterwartungen ausgefallen sind. Dank starker Nachfrage insbesondere aus dem Baubereich, der Solarindustrie, dem Textilgewerbe und der Elektronik sei es gelungen, die Folgen gestiegener Rohstoffpreise und des wieder festeren Euro-Wechselkurses weit über zu kompensieren.
Die Produktion von Polysilicon in den USA stehe zwar nach der Explosion im Werk in Tennessee derzeit noch still, finanziell seien daraus aber so gut wie keine negativen Auswirkungen zu befürchten. Erneut habe der Vorstand seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr anheben können.
Nach dem kräftigen Kursanstieg der zurückliegenden Wochen erscheine die Aktie derzeit aber etwas hoch bewertet. Trotz des in Reaktion auf überarbeitete Schätzungen kräftig erhöhten Kurszieles sei der Titel gemäß der hauseigenen Empfehlungssystematik nun ein Verkaufstipp.
Beim Gewinn je Aktie rechnet man für 2017 mit 17,31 Euro je Aktie nach 3,61 Euro im Vorjahr, doch dieser Wert sollte sich dann im kommenden Jahr wieder auf 5,23 Euro zurückbilden. Auf der letztgenannten Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von 26.
Charttechnik
Als ausgesprochen zyklisch hat sich in den vergangenen Jahren die Aktie von Wacker Chemie erwiesen. Jedenfalls war das Kursgeschehen in den vergangenen elf Jahren geprägt von einem heftigen Auf und Ab. Seit Juni geht es nun wieder deutlich bergauf und charttechnisch ist noch ausgeschlossen, dass dieser Schub nach oben noch etwas anhalten kann.
Profil
Die Wacker Chemie AG ist ein global tätiges Chemieunternehmen. Das Leistungsportfolio konzentriert sich schwerpunktmäßig auf Silikonchemie, Polymerchemie, Feinchemikalien und Biotech-Produkte, Polysilicium sowie Wafer und Einkristalle aus Reinstsilicium. Die Produktpalette reicht von Ölen und Dichtstoffen über Lackharze, Dispersionspulver und Kieselsäure hin zu Siliciumwafern und Pharmaproteinen. Den Großteil seines Umsatzes erzielt Wacker mit Produkten auf Siliciumbasis.
Zu den Abnehmern gehören unter anderem die Konsumgüter-, Nahrungsmittel-, Pharma-, Textil-, Solar-, Elektronik- und chemische Grundstoffindustrie sowie die Medizintechnik, die Biotechnologie und der Maschinenbau. Als Hersteller von Silicon- und Polymerprodukten kommen die Kunden von Wacker besonders aus der Automobil- und Bauindustrie. Mit der Produktion von Siliciumwafern gehört das Unternehmen zu den wichtigsten Zulieferern der Halbleiterindustrie.
Auf Seite 3: Leoni
Leoni (WKN: 540888)
Kursverluste befürchtet die NordLB auch bei Leoni. Folglich ist auch dieser MDAX-Wert mit Verkaufen eingestuft. Das Kursziel beträgt in diesem Fall 50,00 Euro. Obwohl es Mitte November um drei Euro erhöht wurde, lässt das nach den jüngsten Kurssteigerungen noch immer ein Abwärtspotenzial von 17 Prozent.
Erhöht hat der zuständige Analyst Frank Schwope das Kursziel in Reaktion auf die von dem Autozulieferer vorgelegten Neunmonatszahlen. Denn da war der Konzernumsatz um 9,7 Prozent auf 3,630 Milliarden Euro gestiegen und der Gewinn vor Steuern und Zinsen hatte sich mit 183,1 Millionen Euro mehr als verdreifacht.
Auf der erreichten Basis hob das Unternehmen die Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2017 an. Beim Umsatz rechnet der Vorstand nun mit rund 4,8 Milliarden Euro statt wie bisher mit 4,6 Milliarden Euro und beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern mit rund 220 Millionen Euro statt mit 190-210 Millionen Euro.
Laut Schwope sind die Neunmonatszahlen und die Prognoseanhebung überzeugend ausgefallen. Trotzdem hält der die Kurssteigerungen der vergangenen Monate für übertrieben. Er rät deshalb zu Gewinnmitnahmen. Auch das zwischenzeitlich verkündete baldige Ausscheiden des Vorstandschefs sei nicht gerade ein gutes Zeichen.
Beim Gewinn je Aktie rechnet die NordLB für 2017 mit einem deutlichen Anstieg von 0,30 Euro auf 4,15 Euro. Im kommenden Jahr soll es dann aber nur noch leicht auf 4,32 Euro je Anteilsschein nach oben gehen. Daraus ergibt sich für 2018 ein geschätztes KGV von knapp 14. Bei der Dividende wird nach 0,50 Euro je Aktie für das Vorjahr für 2017 und 2018 von Zahlungen von 1,35 bzw. 1,40 Euro ausgegangen.
Charttechnik
Auch die Aktie von Leoni war in den vergangenen Jahren nicht gerade ein Titel für Anleger mit schlechten Nerven. Seit Juli 2016 geht es letztlich aber deutlich nach oben mit den Notierungen. Der Kurs hat sich dabei dem bisherigen Rekordhoch von 62,81 Euro aus dem Jahr 2015 angenähert. Kommt es zu einem Sprung über diese Hürde, wäre das charttechnisch gesehen ein sehr positives Signal.
Profil
Die Leoni AG ist ein weltweit tätiger System- und Entwicklungslieferant von Drähten, Kabeln und Bordnetz-Systemen. Das Angebotsspektrum umfasst Drähte und Litzen, Standard- und Spezialkabel, Lichtwellenleiter sowie komplette Kabelsysteme und Dienstleistungen für unterschiedlichste industrielle Anwendungen. Im Bereich Wiring Systems werden Kabelsätze und komplette Bordnetz-Systeme sowie Komponenten für die internationale Fahrzeugindustrie entwickelt, produziert und vertrieben. Die beiden Segmente bilden eine aufeinander aufbauende Wertschöpfungskette: Drähte, Litzen und Glasfaser sind die Grundlage für isolierte Kupferleitungen und -kabel bzw. Lichtwellenleiter. Diese werden konfektioniert, zu Kabelsätzen, Kabelsystemen sowie Bordnetz-Systemen weiterverarbeitet und als Komplettpaket inklusive ergänzender Services angeboten.
Neben Produkten für die Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie umfasst das Leoni-Leistungsspektrum Spezialkabel nach Kundenspezifikation, montagefertige Kabelsysteme, verkabelte Module, Datenleitungen und Netzwerk-Komponenten, isolierte Starkstromleitungen, Steuerleitungen, Koaxial- und Instrumentenkabel, Netzanschlussleitungen, Kupferdrähte und -litzen sowie die Strahlenvernetzung von Kabeln und Rohren.
Auf Seite 4: Commerzbank
Commerzbank (WKN: CBK100)
Als Verkauf steht die NordLB auch die Commerzbank ein. Das Kursziel hat man im November zwar von 8,50 Euro auf 9,50 Euro erhöht. Doch noch den jüngsten Kursgewinnen bei diesem DAX-Mitglied, birgt die derzeitige Vorgabe noch immer Rückschlagpotenzial von gut 21 Prozent.
Aus Sicht des zuständigen Analysten Michael Seufert hat das Kreditinstitut mit den für das dritte Quartal 2017 vorgelegten Gesamterträgen sowie dem operativen Ergebnis zwar genau die Markterwartungen getroffen. Allerdings sie dies den erheblichen Einmalerlösen im Berichtszeitraum und niedriger als erwarteten Risikokosten zu verdanken gewesen. Obwohl es gelungen sei, bereits mehr Neukunden in beiden Kundensegmenten zu gewinnen, als für das Gesamtjahr geplant war, hätten sich die bereinigten Gesamterträge im abgelaufenen Quartal um 8,9 Prozent verringert.
Während das bereinigte operative Ergebnis im Firmenkundenbereich zumindest noch um vier Prozent gestiegen sei, habe das Privatkundensegment einen Rückgang um fast 43 Prozent hinnehmen müssen. Dennoch sei es der Bank im Jahresverlauf aber recht gut gelungen, die Negativfaktoren Niedrigzinsen und fallende Margen durch Wachstum der Kundenzahl und des Kredit- sowie Anlagevolumens zu kompensieren.
Die angekündigte Beschleunigung des Abbaus des Schiffsportfolios werde zwar maßgeblich dazu beitragen, dass die harte Kernkapitalquote Anfang 2018 von 13,5 Prozent auf 12,5 Prozent sinken wird. Dennoch sollte der schnelle Rückbau des Schiffs-Exposure die Bank attraktiver für Übernahmen machen. Trotz der schwachen Profitabilität dürfte der Aktienkurs von der Übernahmefantasie Unterstützung erhalten. Als Folge davon sei auch das erhöhte Kursziel zu sehen, das ändere aber nichts an dem Verkaufsurteil.
Den Gewinn je Aktie sieht Seufert 2017 bei 0,09 Euro nach 0,22 Euro im Vorjahr. 2018 sollen daraus dann aber immerhin 0,76 Euro werden, Daraus ergibt sich dann für das kommende Jahr ein geschätztes KGV von 15,9. Mit einer Dividende können die Aktionäre laut Seufert bis auf weiteres aber nicht rechnen.
Charttechnik
Nach Jahren des Siechtums kann die Aktie der Commerzbank seit August 2016 mit einer nennenswerten Erholungsbewegung aufwarten. Die Notiz hat sich seitdem jedenfalls locker mehr als verdoppelt. Der Weg nach oben ist zwar gespickt mit zahlreichen Widerständen, fürs Erste hat sich das Chartbild aber etwas aufgehellt. Allerdings wartet im Bereich von 13,50 Euro eine besonders hartnäckig anmutende Widerstandszone.
Profil
Die Commerzbank AG zählt zu den führenden Privat- und Firmenkundenbanken in Deutschland. Sie versteht sich als Dienstleister für Privat- und Geschäftskunden, betreut aber auch zahlreiche große und multinationale Firmen. Dabei bietet die Bank ihren rund 16 Millionen Privat- sowie eine Million Geschäfts- und Firmenkunden eine breite Palette an Service- und Beratungsleistungen. Verschiedene Tochtergesellschaften sind auf Spezialgebieten tätig, wie zum Beispiel im Asset Management, im Immobilienbereich oder im Leasing. Kunden im Kapitalmarktgeschäft bietet der Konzern das volle Leistungsspektrum einer internationalen Investmentbank. Mit rund 1.050 Filialen steht den Kunden eines der dichtesten Filialnetze deutscher Privatbanken zur Verfügung.
Im Ausland ist sie an den wichtigsten internationalen Wirtschafts- und Finanzzentren mit Tochtergesellschaften, Filialen und Repräsentanzen direkt vertreten. Das Geschäft der Commerzbank ist dort auf institutionelle Kunden und Unternehmen ausgerichtet. An einigen Standorten werden auch vermögende Privatkunden betreut. Über besondere Expertise verfügt die Bank bei der Begleitung ihrer Mittelstandskunden ins Ausland. Sie hat in der finanziellen Abwicklung des deutschen Außenhandels einen weit überdurchschnittlichen Marktanteil. Kernmarkt des Unternehmens ist neben Deutschland auch Polen.
Auf Seite 5: GEA
GEA (WKN: 660200)
Bei GEA hat die NordLB das Kursziel im Zuge einer Verkaufsempfehlung auf 35,00 Euro festgezurrt. Um dorthin zu fallen, müsste der MDAX-Wert um fast 14 Prozent nachgeben.
Operativ war es bei dem zuletzt so, dass auch nach Einschätzung des zuständigen NordLB-Analysten Wolfgang Donie nach einem schwachen zweiten Quartal das dritte Quartal wieder besser ausgefallen ist. Allerdings seien auch da die Geschäfte nicht überragend ausgefallen. So habe sich zwar der Umsatz im Jahresvergleich um 2,7 Prozent auf 1,131 Milliarden Euro verbessert und das operative EBITDA um 6,9 Prozent auf 120,5 Millionen Euro. Doch für die Erreichung der Jahresziele sei noch immer ein ordentlicher Schlussspurt notwendig.
Die bereits im Sommer reduzierte Spanne für das operative EBITDA von 600-640 Millionen Euro bzw. inklusive der Zusatzkosten im Zusammenhang mit nicht mehr vermarkteten Abfüllanlagen von 572-633 Millionen Euro solle laut Vorstand nun am unteren Ende erreicht werden. Im dritten Quartal entwickelte sich laut Donie insbesondere das hochmargige Servicegeschäft schwächer als erwartet.
Der Auftragseingang habe mit 1,057 Milliarden Euro sowohl unter dem Vorjahreswert als auch unterhalb des Umsatzniveaus gelegen. Bereinigt um Wechselkurse sei er aber in etwa auf Vorjahresniveau ausgefallen. Dabei hätten gesunkene Auftragseingänge aus den Kundenindustrien Pharma und Chemie ordentliche Zuwächse bei Milchproduktion, Milchverarbeitung sowie Nahrungsmittel gegenüber gestanden.
Insgesamt ist es laut Donie so, dass Gea nach diversen Problemen nur langsam in die Gänge komme. Die enttäuschende Konkretisierung der Gewinnerwartung auf das untere Ende der bisherigen Prognosespanne werde begleitet von einer äußerst dünnen Quartalsmitteilung. Zwar betone das Management, dass die eingeleiteten Maßnahmen und Strukturverbesserungen in Verbindung mit der strategischen Ausrichtung auf die langfristig wachsende Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie "perspektivisch" positiv wirkten, man sei aber die konkrete "Perspektive" schuldig geblieben.
Sollte das abermals reduzierte EBITDA-Ziel nicht erreicht werden, stehe die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Vor diesem Hintergrund bestätigt die NordLB das Kursziel von 35,00 Euro und rät zum Verkauf. Die Gewinnschätzungen von Donie für 2017 und 2018 betragen 1,78 Euro und 2,05 Euro nach 1,48 Euro. Damit würde sich das geschätzte KGV für das kommende Jahr bei fast 20 bewegen.
Charttechnik
Mit einem da verbuchten Anstieg von 7,34 Euro auf 50,00 Euro hatte die Aktie von GEA von März 2009 bis September 2016 einen sehr guten Lauf. Doch dann war der Ofen aus und letztlich hat sich seit Anfang 2015 ein Seitwärtstrend breit gemacht. Dessen obere und untere Begrenzungen bewegen sich bei 50,00 Euro und 31,34 Euro und erst bei einem Ausbruch daraus nach unten oder nach oben ergeben sich eindeutige Chartimpulse.
Profil
GEA ist einer der größten Systemanbieter für die nahrungsmittelverarbeitende Industrie sowie ein breites Spektrum weiterer Branchen mit einem Konzernumsatz von rund 4,5 Milliarden Euro in 2016. Das international tätige Technologieunternehmen konzentriert sich auf Prozesstechnik und Komponenten für anspruchsvolle Produktionsverfahren in unterschiedlichen Endmärkten. Der Konzern generiert etwa 70 Prozent seines Umsatzes aus der langfristig wachsenden Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Zum 30. September 2017 beschäftigte das Unternehmen weltweit rund 17.000 Mitarbeiter. GEA zählt in seinen Geschäftsfeldern zu den Markt- und Technologieführern.
Auf Seite 6: Linde
Linde (WKN: 648300)
Mit Linde rät die NordLB bei einem weiteren DAX-Vertreter dazu, von dessen Aktien die Finger zu lassen. Das Kursziel beträgt hier 156,00 Euro. Eine Vorgabe, die dem Titel 14,5 Prozent Luft nach unten lässt.
Bei dem Gase-Konzern dreht sich momentan fast alles um den geplanten Zusammenschluss mit dem US-Konkurrenten Praxair. Zuletzt teilten die Münchener zu diesem Thema mit, dass man bei der Annahmequote für das Angebot zum Tausch in Aktien der Linde plc im Zusammenhang mit der geplanten Fusion mit der Praxair, Inc. die Schwelle von 90 Prozent sämtlicher ausstehender Aktien der Linde AG erreicht hat.
Am Freitag, 24. November, endete die Nachfrist für das freiwillige öffentliche Umtauschangebot. Nachdem innerhalb der bis zum 7. November laufenden regulären Umtauschfrist bereits die auf 60 Prozent gesenkte Mindestannahmeschwelle übertroffen wurde, konnte somit nun auch die Hürde von 74 Prozent genommen werden, bei deren Unterschreiten die Kündigung des Fusionsvertrags als Folge möglicher steuerlicher Nachteile möglich gewesen wäre.
Im Falle des Vollzugs des Zusammenschlusses ist jetzt laut dem zuständigen NordLB-Analysten Thorsten Strauß sogar ein Squeeze-Out der bisher noch nicht zum Umtausch eingereichten Aktien der Linde AG möglich. Eine Entscheidung darüber sei aber laut Mitteilung der Linde AG noch nicht getroffen worden. Der Vollzug des Zusammenschlusses mit Praxair steht noch unter dem Vorbehalt des Erhalts sämtlicher behördlicher Genehmigungen.
Auf Basis dieser Information räumt Strauß ein, dass Linde einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur Fusion mit Praxair gemacht habe. Sollte der Zusammenschluss beider Unternehmen zustande kommen, wozu aber immer noch zahlreiche behördliche Zustimmungen erforderlich seien, drohe den Inhabern der nicht zum Umtausch eingereichten Aktien der Linde AG ein Squeeze-Out und die Einstellung der Börsennotiz. Davon nicht betroffen wären die mittlerweile im DAX enthaltenen, zum Umtausch eingereichten Aktien der Linde AG.
Trotz der nun überwundenen Hürde sei die Fusion aber beileibe kein Selbstläufer. Noch sei nicht klar, welche Auflagen gegebenenfalls die Kartellbehörden für die Erteilung ihrer wettbewerbsrechtlichen Genehmigungen machen. Auch die Umsetzung der mit der Fusion verbundenen Maßnahmen in beiden Unternehmen könnte Schwierigkeiten bereiten. Er bleibe deshalb bei der Empfehlung Verkaufen für die Linde-Aktien.
Charttechnik
Unterbrochen von dem einen oder anderem Rückschlag hat die Aktie von Linde von 2003 bis 2015 mit einem Anstieg von 2,83 Euro auf 193,85 Euro gut performt. Anschließend kam es dann aber zu einer Korrektur, doch diese Abwärtsbewegung ist inzwischen fast wieder ausgebügelt. Die Notiz hat sich an das zuvor genannte Rekordhoch zumindest angenähert, für neue nachhaltige charttechnische Kaufsignale kommt es nun aber darauf an, auch noch den Schritt darüber zu vollziehen und so diese Charthürde aus dem Weg zu räumen.
Profil
Die Linde AG ist ein weltweit führender Technologiekonzern, der in den Bereichen Industriegase und Engineering in über 100 Ländern tätig ist. Das Unternehmen produziert Industriegase, die anschließend in verschiedenen Bereichen wie dem Energiesektor, der Strahlproduktion, der Chemieverarbeitung, dem Umweltschutz oder medizinischen Therapien zum Einsatz kommen.
Darüber hinaus umfassen die weiteren Unternehmensaktivitäten Planung und Bau von Industrieanlagen für verfahrenstechnische Projekte sowie die Herstellung von Anlagenkomponenten. Dienstleistungen wie Ingenieurberatung, Projektmanagement, Personalschulung und Kundendienst runden das Portfolio ab. Die Strategie der Linde Group ist dabei auf ertragsorientiertes und nachhaltiges Wachstum ausgerichtet. Derzeit plant das Unternehmen eine Fusion mit der amerikanischen Praxair.