Die Deutsche Bank wies den Vorwurf zurück, Vorstandschef Christian Sewing habe eine Verantwortung für die Vorgänge. Ein Recherche-Netzwerk unter Führung des Online-Magazins "BuzzFeed" berichtete unter Berufung auf umfangreiche Datensätze aus dem US-Finanzministerium, Banken aus aller Welt hätten jahrelang trotz strenger Vorschriften Risikokunden aus dem kriminellen Milieu akzeptiert und für sie Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt.
Die Aktien der Deutschen Bank waren mit einem Minus von gut acht Prozent größter Verlierer im Leitindex Dax. Die Titel von HSBC und Standard Chartered rutschten in London und Hongkong auf den tiefsten Stand seit zwei Jahrzehnten. An der Wall Street verloren JPMorgan und Bank of New York Mellon im vorbörslichen Handel jeweils rund drei Prozent. Die Institute gehören zu den Banken, deren Namen häufig in den "FinCEN-Files" genannten Dokumenten auftaucht, die "BuzzFeed" nach eigenen Angaben zugespielt wurden.
"Der Gestank von Korruption und Geldwäsche wird noch lange Zeit über den größten Banken schweben", sagte Chefanalyst Neil Wilson vom Brokerhaus markets.com. Noch sei unklar, inwieweit die Vorwürfe neu seien und ob sie durch bereits erfolgte Strafen der Aufsichtsbehörden abgedeckt seien. Diese Berichte könnten zu einer Flut von Rechtsansprüchen gegen Banken führen, sagte der für Wirtschaftskriminalität zuständige Anwalt Sam Tate von der Kanzlei RPC. Auch das Vertrauen zu den Aufsichtsbehörden sei untergraben worden. Aktienspezialist Robert Halver von der Baader Bank sagte, wichtig sei nun rasche Aufklärung. "Skandale bei Banken sind immer negativ, gerade für deutsche Banken, die generell im Wettbewerb nicht gerade gut dastehen."
"KONSTRUIERT UND FALSCH"
Die Deutsche Bank wies den Vorwurf zurück, Sewing sei für die späte Aufdeckung der in den Berichten genannten Geschäfte verantwortlich. "Diese Andeutung ist konstruiert und falsch", sagte Banksprecher Jörg Eigendorf zu Reuters TV. "Sewing war weder an der Prüfung damals indirekt oder direkt beteiligt." In seiner Zeit in der Konzernrevision, für die er vor seiner Berufung zum Vorstandschef im April 2018 jahrelang verantwortlich war, habe er die Abteilung neu aufgestellt und auch mit dem Aufbau dieser begonnen. Zudem habe die Bank viel Geld in den Ausbau interner Kontrollen zur Vermeidung von Geldwäsche investiert. Die Mitarbeiterzahl sei seit 2013 um 1000 auf 1500 erhöht worden. "Wir nehmen den Kampf gegen Geldwäsche und natürlich auch gegen Kapitalflucht sehr, sehr ernst." Die gemachten Vorwürfe seien nicht neu und der Bank und den Aufsehern bekannt. Das Institut hat bereits mehrere hundert Millionen Dollar an Strafen für Verfehlungen im Kampf gegen Geldwäsche gezahlt.
Auch die Commerzbank wies die Berichte zurück. Laut "BuzzFeed News Deutschland" seien in den Dokumenten insgesamt rund zwei Milliarden Euro verdächtiger Zahlungen der Commerzbank zu finden. Die genannten Themen seien bekannt und beruhten auf Verdachtsmeldungen, die die Commerzbank überwiegend im Zeitraum 2010 bis 2016 an die Aufsichtsbehörden getätigt habe, erklärte das Frankfurter Institut. Seit 2015 sei das globale Compliance Management personell verstärkt worden und die Bank habe mehr als 800 Millionen Euro investiert.
Die in der britischen Finanzmetropole London ansässige Bank HSBC teilte mit, die Vorgänge seien bekannt und das Institut konzentriere sich seit Jahren auf den Kampf gegen Finanzbetrug. Die ebenfalls in London beheimatete Standard Chartered teilte mit, umfangreiche Maßnahmen ergriffen zu haben. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin und die Europäische Zentralbank (EZB) wollten sich nicht äußern.
"INTERNATIONALES VORGEHEN NOTWENDIG"
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans forderte eine schärfere Strafverfolgung. "Wir brauchen ein Unternehmensstrafrecht, dass nicht nur einzelne Mitarbeiter, sondern Täter-Banken im Fall von Rechtsverletzungen als Ganzes zur Rechenschaft zieht - bis hin zum Lizenzentzug", sagte Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Notwendig sei auch ein gemeinsames Vorgehen mit anderen Ländern. "Die internationale Uneinigkeit spielt den gewissenlosen Akteuren gewiss in die Hände."
In den Medien um "BuzzFeed" hieß es, die Vorgänge bei den Banken seien zögerlich und zum Teil mit jahrelanger Verspätung erst gemeldet worden. In vielen Fällen hätten Banken eigene Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche unerlaufen, etwa bei der Überprüfung von Neukunden. So sei etwa häufig nicht geklärt worden, wem Gelder gehörten, die im Namen von Briefkastenfirmen angelegt worden seien. Insgesamt waren an der Recherche 110 Medien aus 88 Ländern beteiligt, aus Deutschland waren NDR, WDR, und "Süddeutsche Zeitung" dabei. Insgesamt durchforsteten die Redakteure 2100 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen aus den Jahren 2000 bis 2017 im Gesamtvolumen von über zwei Billionen Dollar.
rtr