Doch bei den größten Lieferanten, wie Bosch, Continental oder Leoni ist nicht mehr viel zu holen. Sie haben mit ihren Auftraggebern wie BMW, VW oder Daimler bereits feste Vereinbarungen über regelmäßige Preissenkungen. Darum kamen die kleine Firmen bisher herum. Doch das wird sich ändern - da sind sich die Branchenexperten sicher.
"Jetzt werden die kleineren Zulieferer ins Auge gefasst", sagt Alexander von Jarzebowski von der Unternehmensberatung Staufen. Sparpotenzial sehe die Autoindustrie in der Schweiz, wo es viele mittelständische Zulieferer gebe. "Das betrifft auch kleinere Firmen in Deutschland oder in Frankreich." Mittelständler seien die Schwächsten, weil sie weniger global und wettbewerbsfähig seien und keine starke Interessenvertretung hätten, schreibt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Essen-Duisburg in einer Analyse für das Ifo-Institut. Viele dieser Lieferanten aus den hinteren Reihen wurden bislang von den Autobauern nicht so stark auf Sparbeiträge - durch niedrigere Preise - durchleuchtet.
Während die Autozulieferer im Schnitt sechs Prozent vom Umsatz an operativem Gewinn erwirtschaften, fahren einige Firmen Renditen weit im zweistelligen Prozentbereich ein - zum Ärger der Autobauer. Fiat -Chef Sergio Marchionne, nie um ein markiges Wort verlegen, polterte im Sommer, das treibe seinen Blutdruck in die Höhe. Er sei neidisch und hypnotisiert von so mancher Marge. BMW-Finanzchef Friedrich Eichiner äußerte sich ähnlich: "Viele Zulieferer erzielen Umsatzrenditen, die nicht andeuten, dass sie notleidend sind." Die erfolgsverwöhnten Hersteller von Oberklasse-Autos müssen sich angesichts des Gegenwinds aus allen Winkeln der Welt mühen, Margen zwischen acht und zehn Prozent zu erreichen. Massenhersteller, vor allem in Europa arg gebeutelt, können davon nur träumen.
Weil laut Dudenhöffer mehr als 60 Prozent der Kosten eines Fahrzeugs auf den Einkauf von Teilen entfallen, stehen die Zulieferer seit langem im Fokus, wenn es ans Sparen geht. Die Firmen aus den vorderen Reihen müssen jedes Jahr die Preise senken, im Schnitt um zwei bis drei Prozent, manchmal mehr. "Der Kostendruck der letzten 20 Jahre war schon hoch, und das sind wir auch gewohnt", sagt etwa Klaus Probst, Chef des Kabel-Spezialisten Leoni. "Wir müssen jedes Jahr die Preise senken. Das ist in unserer Branche normal", bestätigt Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender von ElringKlinger. Mit höherer Produktivität lasse sich das auffangen, aber inzwischen sei eine Grenze erreicht. Weitere Nachlässe seien nicht akzeptabel.
Auf Seite 2: AUCH KLEINERE ZULIEFERER MÜSSEN KÜNFTIG HOSEN RUNTERLASSEN
AUCH KLEINERE ZULIEFERER MÜSSEN KÜNFTIG HOSEN RUNTERLASSEN
Chancen für die Zulieferer, sich gegen das Spardiktat ihrer Großabnehmer zu wehren, gibt es durchaus, wie Branchenexperte Thomas Gronemeier von der Commerzbank erläutert: "Wer global aufgestellt ist, kann dem Druck besser begegnen. Auch wer Produkte hat, die für Sicherheit sorgen, oder Innovationstreiber ist, ist besser aufgestellt." Zentrale Frage ist demnach: Liefert eine Firma Mehrwert für den Autobauer oder nur Teile? Unternehmensberater Jarzebowski ergänzt: "Wieviel Zeit hat der Kunde, um sich nach Alternativen umzuschauen?" Die meisten hochspezialisierten Zulieferer seien nicht schnell austauschbar. Das verbessere etwa die Verhandlungsposition Schweizer Betriebe, auch wenn sie deutlich höhere Kosten verursachten.
Von den sogenannten Zulieferer-Entwicklungsprogrammen der Autohersteller seien die Schweizer bisher weitgehend verschont geblieben. Die Autobauer durchleuchten dabei nicht nur die Produktion, sondern auch Forschung, Entwicklung und Verwaltung. Für die Lieferanten heißt das: Sie müssen die Hosen runterlassen. "In der Autoindustrie wird mit großer Transparenz verhandelt", sagt Jarzebowski, der Geschäftsführer von Staufen Schweiz ist. "Das sind die Unternehmen hier nicht gewöhnt." Mittelfristig könnten sich die Zulieferer aber nicht entziehen. "Es ist nur die Frage, wie tief man Einblick gewähren muss."
Experten warnen schon, die Autobauer dürften den Bogen nicht überspannen und ihre Lieferanten schlimmstenfalls ins Aus befördern. Die Zulieferer können sich zumindest damit trösten, dass möglicherweise mehr Aufgaben bei ihnen landen, wenn die sparenden Autobauer weniger selber machen wollen.
Reuters