Auf Kritik stieß dagegen, dass Firmen Mitarbeitern weiterhin kostenlose Tests anbieten sollen, der Staat sich aus der Finanzierung aber weitgehend zurückziehen will. Ökonomen gehen davon aus, dass sich Corona-Einschränkungen für Ungeimpfte zum Jahresende negativ auf die Wirtschaft auswirken werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erwartet, dass Geimpfte und Genesene künftig deutlich mehr Freiheiten haben werden als Ungeimpfte.

"Nach unseren Schätzungen könnten die Corona-Beschränkungen das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal um ein halbes Prozent senken", teilte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer am Mittwoch mit. Die Beschränkungen könnten ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung treffen. Für ohnehin geschwächte Dienstleister sei dies eine erneute Belastung. Von Oktober bis Dezember dürfte das Wirtschaftswachstum daher nur um magere 0,2 Prozent zulegen. Die Prognose für das Gesamtjahr wurde bereits von 4,0 auf 3,3 Prozent gesenkt.

Ungeimpfte müssen vom 11. Oktober an Corona-Tests selbst bezahlen, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Dies beschlossen Bund und Länder am Dienstag. Vor allem in Innenräumen wird in den meisten Landkreisen eine verstärkte Testpflicht gelten, von der Genesene und Geimpfte ausgenommen sind.

Das dürfte vor allem zulasten von Restaurants und Hotels gehen. Der Einzelhandelsverband HDE ist dagegen gelassen: "Nach unserer Einschätzung wird mit einer Selbstzahlung von Corona-Tests kein spürbar negativer Einfluss auf den Einzelhandelskonsum verbunden sein. Zudem wird mit einem weiteren Impffortschritt die Notwendigkeit solcher Tests voraussichtlich abnehmen."

Mit dem Druck will die Politik die Impfquote erhöhen. In Deutschland sind aktuell knapp 63 Prozent der Bevölkerung einmal geimpft, knapp 56 Prozent vollständig geschützt. Vielen Experten zufolge ist die Impfquote angesichts zuletzt wieder schneller steigender Infektionszahlen noch zu gering. Das Robert-Koch-Institut meldete 4996 neue Positiv-Tests. Das sind 1425 mehr als am Mittwoch vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 25,1. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

Söder sieht in den nächsten Monaten erhebliche Einschränkungen auf Ungeimpfte zukommen. Auf Dauer werde aus der 3G- (Geimpfte, Genesene, Getestete) eine 2G-Strategie werden, sagte der CSU-Chef zu RTL/ntv. Er habe Verständnis für Vereine oder Hotels, die bereits jetzt freiwillig Ungeimpften den Zutritt verwehren.

Bund und Länder hatten betont, angesichts der steigenden Impfquote künftig nicht mehr nur auf die Infektionszahlen schauen zu wollen, sondern auch die Lage in den Krankenhäusern stärker zu berücksichtigen. Wie genau und welche Kriterien zudem berücksichtigt werden sollen, blieb aber offen. Söder sagte am Dienstabend, es sei noch keine Glücksformel gefunden worden. Das kritisierte der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: Es hätte "endlich eines bundeseinheitlichen, umfassenden Bewertungssystems des Pandemiegeschehens auf Basis unterschiedlicher Faktoren bedurft". Das Virus könne Teil des Alltags werden, der Risiken mitbedenke, "ohne in der angstbehafteten Krisensituation zu verharren".

rtr