Die Geschichte ist einfach besser als jeder Hollywood-Film. Vom Forscher-Ehepaar Ugur Sahin und Özlem Türeci, die schon Anfang 2020 eine Pandemie herannahen sahen. Die ihre eigenen Geldgeber und Pfizer-Chef Albert Bourla mit ins Boot holten, um mit einer bis dahin noch in keinem Produkt zugelassenen Technologie einen Corona-Impfstoff zu entwickeln. Und die dann im November die kühnsten Erwartungen übertrafen, als sich herausstellte, dass der Impfstoff eine Wirksamkeit von 95 Prozent be- saß. Der märchenhafte Aufstieg von Biontech machte nicht nur Sahin und Türeci zu Milliardären, er ließ auch den Depotwert vieler Aktionäre anschwellen. Über 3.000 Prozent beträgt der Anstieg der Aktie vom Börsengang im Oktober 2019 bis zum Allzeithoch im August 2021.

Die Mainzer Saga überstrahlt dabei andere Entwicklungen, die an sich selbst genug Sensationspotenzial hatten. Etwa wie die über Jahrzehnte erfolglose US-Firma Novavax, die gerade ihre Produktionsanlagen verkauft hatte, zum ersten Mal ein hochwirksames Produkt entwickelte. Oder natürlich das Drama um die Tübinger Curevac, die angeblich das Interesse von Donald Trump erregte, sodass sich die Bundesregierung zum Einstieg gedrängt sah, und deren Impfstoff schließlich krachend scheiterte.

Viele Anleger haben diesen Weg verfolgt - und verstehen seit einigen Monaten die Welt nicht mehr. Haben Biontech und Pfizer nicht beständig ihre Umsatzprognosen erhöht? Fließen etwa nicht zweistellige Milliardenbeträge in Modernas Kassen? Warum haben die Aktienkurse dennoch so stark nachgegeben? Vom 52-Wochen-Hoch stehen bei Biontech minus 62 Prozent, bei Moderna minus 67 und bei Novavax gar minus 70 Prozent zu Buche, obwohl die Amerikaner nun endlich mit der Auslieferung in Europa beginnen. Gleichzeitig war die Bilanz der gesamten Biotechbranche zuletzt desaströs: Der breite Nasdaq Biotechnology Index hat auf Jahressicht rund ein Viertel an Wert eingebüßt.

Nachfolgend wollen wir beleuchten, wie es zu dieser Entwicklung gekommen ist, und in die Zukunft blicken: Mit einer Analyse, wie sich der Impfstoffmarkt weiter entwickeln wird, und welche Pfeile die bekannten Produzenten noch im Köcher haben. Unsere Kaufempfehlungen finden Sie in den unten aufgeführten Investor-Infos. Die Tabelle (siehe unten) zeigt die Performance von neun Impfstoffakteuren, über die wir zukünftig regelmäßig berichten.

Branche stark unter Druck

Ein Teil der schmerzhaften Kursverluste ist durch ein sektorweites Phänomen erklärbar. Schon immer besteht die weltweite Investorenschaft bei Biotechaktien aus Branchenspezialisten wie Healthcare- und Biotechnologie-Fondsmanagern sowie - mal mehr, mal weniger - aus Generalisten, die häufig kein tiefes Hintergrundwissen über die Branche oder die wissenschaftlichen Grundlagen haben. 2020 und bis weit ins Jahr 2021 hinein zogen beide Gruppen an einem Strang: Der Gesundheitssektor versprach in den unsicheren Zeiten der Lockdowns nicht nur einen sicheren Hafen, sondern auch überdurchschnittliche Renditen.

Doch dann gab es für die Generalisten wieder Alternativen. Mit steigender Impfquote und Öffnungsperspektiven lockten Bereiche, die ihnen viel besser vertraut und weniger riskant erschienen: Energie- und Konsumgüterkonzerne, die heruntergeprügelten Reiseaktien oder Banktitel, die von Zinserhöhungen profitieren.

Bei den Spezialisten setzt sich unterdessen eine Entwicklung fort, die bereits seit einigen Jahren im Hintergrund läuft: Sie bauen zunehmend auf vorbörsliche Beteiligungen. Angesichts der enormen Menge an vorhandenem Risikokapital und der Flut von Börsengängen, auch per SPAC, lässt sich damit häufig mehr Geld verdienen als mit traditionellem Stockpicking.

Auch der Favoritenwechsel von Growth - dazu zählen Biotechfirmen - zu Value und die bevorstehenden Zinserhöhungen drücken auf die Kurse. Denn Wachstumsunternehmen benötigen häufig frisches Kapital, und das wird bei einem höheren Zinsniveau teurer. Wobei in der Vergangenheit Pharma- und Biotechwerte im ersten Jahr nach einer Zinswende in den USA gut performt haben.

Zunehmender Wettbewerb

Neben diesem sektorweiten Gegenwind haftet speziell den Impfstoffaktien zusätzlich noch die Unsicherheit an, wie es mit den Impfungen weitergeht - und Unsicherheit mögen Investoren bekanntlich überhaupt nicht. "Drei Faktoren spielen hier eine Rolle: Die Entwicklung der Wettbewerbssituation, die Langzeitimmunität durch die schon verabreichten Impfungen und der weitere Verlauf der Pandemie", sagt Kristoffer Karl Unterbruner, Portfoliomanager bei Medical Strategy. Knapp 40 Impfstoffe werden gerade in der finalen klinischen Studienphase überprüft, rund 80 weitere sind in früheren Testphasen. Der Proteinimpfstoff von Novavax soll in wenigen Tagen in der EU ausgeliefert werden, auch in Großbritannien hat er die Zulassung erhalten. Der Totimpfstoff von Valneva könnte im April/Mai das Okay der EU bekommen, etwas später auch das Proteinvakzin von Sanofi und Glaxosmithkline. Weiter vom Markt entfernt, aber hochinteressant sind beispielsweise der selbst-vervielfältigende Impfstoff von Arcturus und die Nasenspray-Vakzine von Bharat Biotech.

"Aktuell wird der Markt klar von den mRNA-Impfstoffen dominiert, und das wird auch bis etwa 2023 wohl so bleiben", meint Branchenspezialist Unterbruner. Novavax könnte sich als Alternative für Skeptiker eine Nische erobern. Die Produktmengen, die Valneva und Sanofi/Glaxo beisteuern können, sind dagegen vergleichsweise klein.

Wie es danach weitergeht, lässt sich momentan schwer prognostizieren. Die Zahl der Impfstoffe in Entwicklung spricht für mehr Wettbewerb und damit für sinkende Preise. Andererseits könnten Hersteller mit überzeugender Datenbasis, also besonders Biontech/Pfizer und Moderna, ihre Preise auch anheben, wenn die WHO die akute Pandemiephase für beendet erklärt.

Auch für die Notwendigkeit weiterer Booster existieren verschiedene Szenarien. Hier ist die große Unbekannte, wie lang der Impfschutz anhält. Zwar ist bereits klar, dass die Antikörperspiegel bei den mRNA-Impfungen relativ schnell abfallen. Das ist aber letztlich normal. Die zweite Immunkomponente, die T-Zell-Antwort, scheint jedoch recht robust schwere Verläufe und Todesfälle zu verhindern. So geht der Vorstand von Sanofi, einem der größten Impfstoffhersteller der Welt, davon aus, dass Auffrischungsimpfungen für die Mehrheit der Bevölkerung womöglich nur alle vier bis fünf Jahre nötig sind. "Ältere Menschen und Risikopatienten könnten wie bei Grippe einen jährlichen Booster bekommen", sagt Jean-Jacques Le Fur, Pharma-Analyst bei der Investmentbank Bryan, Garnier & Co. "Allerdings sind die mRNA-Vakzine in ihrer aktuellen Form dafür schlecht geeignet: Die Haltbarkeit und das Fehlen vorbereiteter Einzeldosen sind nicht gut mit dem Praxisalltag vereinbar, das Nebenwirkungsprofil abseits der akuten Pandemiesituation wenig akzeptabel." Das bedeutet: Die drei marktbeherrschenden Produzenten Biontech, Pfizer und Moderna müssen an ihren Formulierungen arbeiten - oder sie bekommen es in diesem Szenario früher oder später mit ernsthafter Konkurrenz zu tun.

"Für Ältere ist der Bedarf an Auffrischungsimpfungen sicher auch langfristig gegeben", sagt Kristoffer Karl Unterbruner. Er hält Kombinationsimpfstoffe gegen Grippe und Covid für das Produkt für die postpandemische Zeit. Moderna und Novavax arbeiten daran, Pfizer und Biontech kooperieren bei einem mRNA- Grippeimpfstoff und könnten somit auch die Kombination mit dem Covid-Vakzin erforschen.

Ohnehin müssen alle Mitspieler ständig up to date bleiben, da niemand so genau weiß, was das Sars-CoV-2-Virus als Nächstes für uns bereithält. Momentan erwarten viele Deutsche einen auf die Omikron-Variante angepassten Impfstoff - doch ob der kommt, ist alles andere als sicher. Denn dazu müsste der Omikron-Kandidat sich als deutlich besser als die aktuellen Impfstoffe erweisen. Eine gerade veröffentlichte Studie an Primaten deutet jedoch darauf hin, dass dies nicht zwingend so sein wird. Dabei wurden Booster-Impfdosen mit einem angepassten und dem normalen Moderna-Impfstoff nach zwei Moderna- Grundimpfungen verabreicht. Für die Immunantwort und den Schutz der Affenlungen machte dies jedoch bei der nachfolgenden Omikron-Infektion keinerlei Unterschied.

Risiko Omikron-Anpassung

Natürlich ist dies nur ein erster Indikator, und bei Menschen mag es wieder anders aussehen. Allerdings gab es ähnliche Effekte auch schon in Experimenten mit einem an die Beta-Variante (die sich nie durchsetzte) angepassten Impfstoff, und es passt auch zu einem wissenschaftlichen Konzept, wonach die Immunantwort durch den ersten Kontakt maßgeblich geprägt wird.

Möglicherweise lassen sich diese Ergebnisse durch einige Kniffe beim Impfstoffdesign verbessern. Möglicherweise würde eine Impfstoffanpassung aber auch erst dann wirklich Vorteile bringen, wenn eine Virusvariante auftritt, die sich noch viel stärker vom "Original" unterscheidet als Omikron. "In jedem Fall ist eine Umstellung aus Sicht der Firmen ein großes Risiko, weil sich die Situation so schnell verändert", sagt Medical-Strategy-Manager Unterbruner. Biontech hat ein KI-gestütztes Frühwarnsystem aufgebaut, mit der Corona-Varianten im Durchschnitt zwei Monate vor der offiziellen Designation durch die WHO erkannt werden sollen. Damit hat sich das Team Sahin/Türeci eventuell eine vorteilhafte Position gesichert.

Insgesamt gibt es also viele Unwägbarkeiten im Covid-Impfstoffgeschäft nach 2022. Allerdings sollten Anleger nicht vergessen, dass die bestehenden und zukünftigen Mitspieler auf dem Impfstoffmarkt durchaus noch mehr im Köcher haben als nur Covid-Vakzine. Was das genau ist und wie die mittelfristigen Aussichten für die Firmen sind, soll nachfolgend beleuchtet werden. Die chinesischen Konzerne bleiben dabei außen vor: Wie gut ihre Produkte wirklich sind, und wie viel davon tatsächlich verkauft wird, ist von außen einfach nicht seriös zu beurteilen.

Auch die beiden Produzenten von Vektor-Impfstoffen fallen heraus: Astrazeneca und Johnson & Johnson haben keinen großen Marktanteil und verdienen - absichtlich - kein Geld mit ihren Corona-Spritzen. Daran wird sich wohl auch nichts ändern. Aufgrund der aufgetretenen seltenen Nebenwirkungen haben beide Stoffe in den Industrieländern wenig Zukunft. In unserer Impfstoffaktien-Beobachtungsliste verzichten wir daher auf sie. Das bedeutet freilich nicht, dass die beiden Pharmariesen grundsätzlich schlechte Investments sind, es fehlt nur an Fantasie im Covid-Impfstoff-Kontext.

Gut gefüllte Pipelines

Die mRNA-Champions Biontech und Moderna mögen an der Börse Federn gelassen haben - ihre langfristigen Aussichten sind dagegen hervorragend. Beide Firmen hatten bereits vor Corona überdurchschnittlich breite Pipelines mit vielen Produktkandidaten aufgebaut. Der Unterschied: Moderna arbeitet vorwiegend an weiteren mRNA-Impfstoffen, während Biontech sich vor allem auf Krebstherapeutika konzentriert, und dies auch mit anderen Technologien als mRNA. Das erklärt wohl auch den Bewertungsunterschied: Modernas Erfolg bei Covid lässt das Risiko für den Rest der Pipeline auf Basis der gleichen Technologie etwas geringer erscheinen. Krebs dagegen gilt grundsätzlich als komplexer, ein klarer Wirksamkeitsbeweis steht noch aus. Angesichts der Vielzahl an Produktkandidaten sind beide Unternehmen mit dem 3,2-Fachen (Moderna) beziehungsweise 2,3-Fachen (Biontech) des Umsatzes für 2022 ziemlich günstig bewertet. Zudem stehen ihnen alle finanziellen Möglichkeiten für Zukäufe offen.

Biontechs Partner Pfizer hat neben dem Impfstoff auch noch die antivirale Pille Paxlovid zur Marktreife gebracht. 2022 sollen beide Covid-Produkte zusammen unglaubliche 54 Milliarden Dollar einnehmen. Damit können die Amerikaner ihre Pipeline wirklich großzügig verstärken und das Wachstum über viele Jahre hinweg sichern.

Das lässt sich vom zweiten deutschen mRNA-Hoffnungsträger Curevac leider nicht behaupten. Ja, die Tübinger basteln zusammen mit Glaxosmithkline noch an einem Impfstoffkandidaten der zweiten Generation. Der ist jedoch noch nicht mal in der Klinik - und auch beileibe nicht Glaxos einziger Covid- und mRNA-Kandidat. Leider gab es in der Zwischenzeit auch in Curevacs Pipeline keine Fortschritte. Gerade einmal eine Krebsimmuntherapie und ein Tollwut-Impfstoff auf mRNA-Basis sind in der klinischen Entwicklung, genauso wie vor Beginn der Corona-Pandemie. Noch dazu hat die langjährige Forschungs- und Technologiechefin Mariola Fotin-Mleczek gerade das Unternehmen verlassen. Das spricht alles gegen eine Kaufempfehlung.

Die Newcomer Novavax und Valneva hatten beide im Lauf des vergangenen Jahres mit Rückschlägen zu kämpfen. Trotzdem gibt es eine Nische für ihre Produkte, weil sie auf "traditionelle" Herstellungsmethoden zurückgreifen und unkompliziert im Kühlschrank zu lagern sind. Doch was haben sie noch in petto? Novavax verfügt über einen bereits marktreifen, wenn auch noch nicht zugelassenen Grippeimpstoff und Produktkandidaten gegen das Atemwegsvirus RSV, das für Babys und Kleinkinder, aber auch für alte Menschen gefährlich ist. Auch an Kombinationen wird gearbeitet. Das hat Potenzial, aber durch die Verzögerungen ist bei den Investoren sehr viel Vertrauen verloren gegangen.

Die französisch-österreichische Valneva vermarktet bereits zwei Reiseimpfungen gegen Cholera und Japanische Enzephalitis. Neben dem Corona-Vakzin, das für das kleine Unternehmen trotz der geringen erwarteten Volumina einen ordentlichen Umsatzschub bedeuten würde, gibt es aber noch zwei weitere attraktive Produkte in der fortgeschrittenen Entwicklung: einen Chikungunya- und einen Borreliose-Impfstoff. Beides sind Krankheiten, deren Häufigkeit stark zunimmt und gegen die es noch keine Impfstoffe gibt. Dem Schutz gegen die von Zecken übertragene Borreliose schreiben Analysten sogar ein jährliches Umsatzpotenzial von bis zu einer Milliarde Euro zu.

Gewinne mit Wirkverstärker

Die US-Firma Dynavax zählt aufgrund seines Adjuvans CpG 1018 zu den Corona-Gewinnern. Der Wirkverstärker ist in Valnevas und drei anderen Covid- Impfstoffkandidaten enthalten, die alle gute Wirksamkeitsdaten geliefert haben. Dynavax hat einen Hepatitis-B- Impfstoff auf dem Markt und eine Keuchhusten/Tetanus/Diphterie-Kom- bi sowie eine Gürtelrose-Impfung in der frühen Entwicklung - wenig innovativ. Es bleibt abzuwarten, ob für CpG 1018 auch Kunden über Corona-Vakzine hinaus gefunden werden. Wenn nicht, ist das Aufwärtspotenzial begrenzt.

Geballte Pharma-Power

Eine Art Joker-Rolle bei der zukünftigen Aufteilung des Impfstoffmarkts übernehmen Sanofi und Glaxosmithkline. Beide Pharmariesen gehören zu den Weltmarktführern im Impfgeschäft, haben aber im Wettlauf um die ersten Pandemie-Vakzine gepatzt. Ihr gemeinsamer Proteinimpfstoff könnte nun in der zweiten Jahreshälfte zugelassen werden, große Erwartungen hegen die Hersteller dafür nicht. Glaxo liefert noch ein Adjuvans für einen Covid-Impfstoff der koreanischen SK Bioscience, der kurz vor Abschluss der klinischen Studien steht. Außerdem haben die Briten einen sich selbst vervielfältigenden mRNA-Impfstoff in Phase 1 und die Kooperation mit Curevac. Sanofi hält sich, was Covid angeht, bedeckt. Von beiden Pharmariesen ist jedoch nicht zu erwarten, dass sie sich im langfristig lukrativen Grippeimpfungs-Geschäft die Butter vom Brot nehmen lassen. Dass hier im Hintergrund sowohl an mRNA als auch an "herkömmlichen" Kombinationswirkstoffen gearbeitet wird, ist sehr wahrscheinlich, Übernahmen von einem der zahllosen kleinen Impfstoffentwickler möglich. Mit ihrer Produktions-, Logistik- und Vermarktungspower könnten Glaxo und Sanofi langfristig den Markt für sich vereinnahmen.


 


INVESTOR-INFO

Neue Covid-Impfstoffe

Zunehmende Konkurrenz

Weltweit stehen fast 40 weitere Impfstoffkandidaten vor dem Abschluss der Studien. Darunter beispielsweise auch per Nasenspray verabreichte Formulierungen, an denen verschiedene Universitäten und die nicht börsennotierte Bharat Biotech aus Indien arbeiten.

Weltweite Umsätze

mRNA dominiert den Markt

Moderna und Biontech/Pfizer haben bei Weitem die größten Umsatzanteile am Markt. Astrazeneca und Johnson & Johnson geben ihre Vakzine zum Selbstkostenpreis ab. Novavax könnte 2022 eine Nische erobern, wenn es jetzt mit der Markteinführung klappt.

Globale Versorgung

Der Westen ist überversorgt

Reiche Länder haben rein statistisch fast jeden Einwohner zweimal geimpft, dabei zählen auch Kinder und Babys mit. Weitaus mehr Dosen liegen noch auf Lager. Auch deshalb dürfte der Nachfrage-Peak bald erreicht sein.

Biontech

Luxuriöse Bedingungen

Biontech schwimmt in Geld. Damit kann die Entwicklung von aktuell fast 20 Krebstherapien vorangetrieben werden, auch Zukäufe sind möglich. Attraktiv ist, dass die Mainzer unterschiedliche Technologien zur Krebsbekämpfung nutzen, nicht nur mRNA. Gleichzeitig bauen sie jedoch auf dem Covid-Erfolg auf und arbeiten mit Pfizer an mRNA-Impfstoffen gegen Grippe und Gürtelrose. Gemessen an Cash und Pipeline, ist die Aktie billig, weist aber auch ein hohes Risikoprofil auf.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 200,00 Euro
Stoppkurs: 117,00 Euro

Moderna

Gefüllte Pipeline

Die Amerikaner konzentrieren sich auf Anwendungen der mRNA-Technologie, vor allem als prophylaktische Impfstoffe, aber auch als Therapie von Krebs-, Stoffwechsel- und Autoimmunerkrankungen. Bei Grippeimpfstoffen aus mRNA haben sie die Poleposition, die bisherigen Ergebnisse waren allerdings nicht überragend. Moderna hat das Zeug dazu, sich im Lauf der Jahre als führender Impfstoffkonzern zu etablieren. Doch auch hier gilt: Eine sichere Bank ist das nicht.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 195,00 Euro
Stoppkurs: 118,00 Euro

Novavax

Letzte Chance

Klar ist: Viel mehr Patzer verzeiht die Börse nicht. Novavax hatte exzellente Studienergebnisse, strauchelte aber gewaltig beim Aufbau der Produktion in industriellem Maßstab. Es darf jetzt bei der Auslieferung und der noch ausstehenden Zulassung in den USA nichts mehr schiefgehen. Dann sind 2022 über vier Milliarden Dollar Umsatz drin, zusammen mit dem marktreifen Grippeimpfstoff und den RSV-Projekten könnte das ein einträgliches Geschäft werden. Sehr spekulativ.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 100,00 Euro
Stoppkurs: 57,00 Euro

Pfizer

Kraftstrotzender Koloss

100 Milliarden Dollar Umsatz will der Konzern dieses Jahr erzielen, über die Hälfte kommt von Covid-Impfstoff und -Pille. Ein absoluter Rekord, trotzdem fiel der Kurs nach der Prognose. Trader hatten noch mehr erwartet, und das wird auch noch kommen, da Pfizer nur bereits bestellte Ware mit einberechnet hat. Der Konzern wird die Milliarden für Zukäufe nutzen und hat dabei zuletzt - wie bei fast allem - einen guten Riecher bewiesen. Supersolide Pharma-Aktie, Basisinvestment.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 55,00 Euro
Stoppkurs: 36,00 Euro

Valneva

Zwerg mit viel Potenzial

2022 erwartet Valneva Einnahmen von 350 bis 500 Millionen Euro für den Covid-Impfstoff. Das wäre bereits am unteren Ende mehr als der gesamte Vorjahresumsatz, und der lag schon beim Dreifachen von 2020. Ein Riesen- Wachstumshebel für das kleine Unternehmen - wenn es mit den Zulassungen wie erwartet klappt. Abgesehen davon verfügt Valneva aber auch über zwei hochattraktive weitere Produktkandidaten, die in einigen Jahren die Gewinne sprudeln lassen könnten.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 19,00 Euro
Stoppkurs: 12,00 Euro

Branchenfonds/-ETF

Diversifiziert investieren

Investments in Biotech-Einzelaktien bedürfen sowohl einer hohen Risikobereitschaft als auch Fachwissen. Fondsmanager besitzen diese Expertise und streuen das Risiko über viele Titel. Das Biotech-Portfolio von Candriam enthält unter anderem Biontech und zählt langfristig zu den erfolgreichsten Branchenfonds. Wem der aktuelle Gegenwind für Biotech zu stark ist, setzt mit dem US-Healthcare-ETF von SPDR lieber auf große Pharma- (u. a. Pfizer) und Medtech-Titel.