Denn der Markt für viele der exotischen Derivate, die die Bank loswerden will, ist eingefroren. Die Deutsche Bank selbst sieht die aktuellen Marktbedingungen bislang nicht als wesentliches Hindernis an. Bis Ende 2022 will sie die Mehrheit der Wertpapiere veräußert haben. Derzeit gebe es nach wie vor Interesse von Käufern, erklärte das Institut.
Die "Capital Release Unit" (CRU) war im vergangenen Jahr mit Bilanzrisiken von 74 Milliarden Euro an den Start gegangen. In der Einheit stecken Derivate, Anleihen und Kredite. Ziel der Bank ist, diese Papiere zu verkaufen oder auslaufen zu lassen, damit das nötige Eigenkapital für den größten Konzernumbau der Firmengeschichte frei wird. Bleiben die Titel auf den Büchern oder werden sie mit Verlusten verkauft, könnte das die ohnehin durch Corona geschwächte Kapitalausstattung der Bank noch weiter belasten. Analysten und Derivateexperten gehen davon aus, dass die Deutsche Bank höhere Verluste hinnehmen muss, um die Papiere loszuschlagen. Die Bank werde von Fall zu Fall abwägen, ob sie Verluste bei einem Verkauf der Papiere hinnehmen wolle oder ob es günstiger sei, sie zu behalten, sagte ein Insider.
Nachdem einfachere Transaktionen bereits gelungen seien, gehe es jetzt darum, komplexere Papiere wie langfristige Zins-Swaps, Optionen oder Hypothekenpapiere (RMBS) zu veräußern, sagten mehrere mit dem Sachverhalt vertraute Personen. Einige der Titel hätten Laufzeiten von 30 Jahren und lagerten bereits in der 2012 gegründeten "Bad Bank", die das Geldhaus Ende 2016 geschlossen hatte. Die Deutsche Bank habe also acht Jahre lang erfolglos versucht diese zu verkaufen, sagte einer der Insider.
SCHNÄPPCHENJÄGER UNTERWEGS
Die Bedingungen an den internationalen Kapitalmärkten sind durch die Corona-Pandemie nun noch schwieriger geworden. Andere Banken, die als Käufer solcher Papiere normalerweise infrage kommen, sind selbst im Krisenmodus. Finanzinvestoren können sich wegen der Vielzahl an Kaufoptionen die Rosinen herauspicken. "Es wird schwieriger, diese Positionen abzuwickeln", sagte Robert Cranmer vom Beratungsunternehmen Sionic. "Ohne das Marktvolumen und mit einer Flut von Schnäppchenjägern werden die Kosten auf jeden Fall steigen."
Die Deutsche Bank will die Bilanzrisiken in der CRU nach eigenen Angaben bis Ende des Jahres von zuletzt 44 Milliarden Euro auf 38 Milliarden drücken. Schon vor der Corona-Krise galt dieses Jahr als entscheidend beim Bilanzabbau. Die Aufgabe sei nun aber nicht nur, den Risikoabbau voranzutreiben, sondern die komplette Abwicklung der "Bad Bank" in den Griff zu bekommen, sagte einer der Insider. Die Deutsche Bank lässt sich nicht in die Karten schauen, wie viel Geld sie für die Abwicklung der CRU veranschlagt hat. Der Betrag sei in den gesamten Umbaukosten von 7,4 Milliarden Euro enthalten. Im ersten Quartal machte die CRU einen Verlust vor Steuern von 767 Millionen Euro.
rtr