Um gegenzusteuern schlägt das DIW deshalb finanzielle Hilfen für alle Selbstständigen vor, die durch den Ausbruch von Covid-19 Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent im Schnitt hinnehmen mussten.
Der Hintergrund: Mit Beginn des verhängten Lockdowns im März brachen vielen Selbstständigen und Kleinstunternehmen von einem Tag auf den anderen die Einnahmen weg.
Die Bundesregierung versprach rasche und vor allem unkomplizierte Hilfe, niemand sollte vergessen werden. Drei Monate später sieht die Situation für viele aber nach wie vor düster aus: Denn die versprochenen Hilfen kamen bei vielen Betroffenen nicht an, unter anderem weil sich die Regierung weigert, für die Kosten des Lebensunterhalts von Selbstständigen aufzukommen. Stattdessen werden nur Betriebskosten übernommen. Das Problem: Viele Selbstständige arbeiten oft von zu Hause aus, ihre Betriebsausgaben sind naturgemäß sehr niedrig. Andreas Lutz, Verbandschef der Gründer und Selbstständigen, fordert: "Die Bundesregierung darf uns mit dem Schaden, der höher ist als bei Angestellten, nicht einfach alleine lassen" (siehe Interview unten).
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Andreas Lutz, Verbandschef der Gründer und Selbständigen, im Interview - "Versprechen nicht gehalten"
€URO AM SONNTAG: Die Bundesregierung hat frühzeitig Corona-Soforthilfen für Selbstständige von 50 Milliarden Euro beschlossen. Es wurde aber nur knapp ein Viertel ausgezahlt und das Programm nicht fortgesetzt. Woran liegt das?
ANDREAS LUTZ: Je nach Bundesland und Antragszeitpunkt galten völlig unterschiedliche Regeln. Dadurch entstand große Unsicherheit bei den Betroffenen, ob ihnen tatsächlich Geld zusteht oder nicht. In den vergangenen Wochen wurden deshalb allein in Berlin über 100 Millionen Euro freiwillig zurückgezahlt.
Sie sprechen die Weigerung des Bundeswirtschaftsministeriums an, für die pri-vaten Lebenshaltungskosten von Selbstständigen aufzukommen. Stattdessen werden nur Betriebskosten gedeckt.
Das geht völlig an der Realität vorbei, die eigentlichen Kosten entstehen ja für Miete, Krankenversicherung etc. Eine Umfrage unter 27 000 Selbstständigen ergab, dass bei zwei Dritteln die betrieblichen Fixkosten unter 1000 Euro liegen.
Im Konjunkturpaket der Regierung werden Selbstständige mit keinem Wort erwähnt. Hat man sie mittlerweile vergessen?
So scheint es. Klar ist, dass die Regierung ihr Versprechen gebrochen hat, den Selbstständigen schnell und vor allem unbürokratisch zu helfen. Die zugesagten 50 Milliarden Soforthilfe hätten - wenn sie denn sinnvoll ausgestaltet gewesen wären - gereicht, um die schlimmsten Folgen für Solo-Selbstständige abzufedern.
Manche Bundesländer stocken die Hilfen des Bundes aber aus eigenen Mitteln auf.
Das ist richtig. In Baden-Württemberg zum Beispiel konnten Solo-Selbstständige etwa Kosten des privaten Lebensunterhaltes in Höhe von 1180 Euro geltend machen - das war eine echte Unterstützung. Trotzdem darf es nicht sein, dass effektive Hilfen vom Wohnort abhängen.