Der Ausbruch des Coronavirus sorgt für starke Kursschwankungen an den Börsen. Hauptsorge der Anleger: Vor allem ein Dämpfer für das Wachstum der weltgrößten Volkswirtschaft China könnte in eine globale konjunkturelle Abkühlung münden und auch eine Trendwende an den Aktienmärkten herbeiführen.

Dabei ist es vor allem die Unsicherheit über die Ausbreitung und die wirtschaftlichen Folgen, die den Markt irritiert. Zahlreiche Unternehmen haben Vorsorgemaßnahmen getroffen: Airlines wie Lufthansa oder British Airways streichen Flüge nach China, Volkswagen und BMW stoppen die Produktion oder verlängern die Werksferien in ihren chinesischen Werken, Ikea hat 30 Einrichtungshäuser in China geschlossen, die Kaffeehauskette Starbucks zahlreiche China-Filialen. p>

Nach einem Corona-Verdacht auf einem Kreuzfahrtschiff stürzte die Aktie des Kreuzfahrtanbieters Carnival um zehn Prozent ab. Unter die Räder gerieten auch Onlinebuchungsportale wie Expedia, Booking und Tripadvisor. Eher kurios wirkt der Ansturm auf den tschechischen Atemschutzmasken-Hersteller Pardam, der sich vor Anfragen aus Asien und Europa kaum noch retten kann.

DAX-Gewinne belastet


Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht das Coronavirus als gutes Beispiel für einen sogenannten "unknown unknown", also einen "unbekannten Unbekannten": Niemand war darauf eingestellt, dass zum Beginn des Jahres 2020 ausgerechnet ein Virus zum maßgeblichen Risikofaktor für die Aktienmärkte werden könnte. "Und niemand kann derzeit seriös vorhersagen, welche Auswirkungen auf die Wirtschaft dieser Ausbruch am Ende haben wird", sagt Krämer. Doch absehbar sei schon jetzt, dass das Auftreten des Coronavirus in den kommenden Wochen die Gewinnaussichten der DAX-Unternehmen belasten dürfte.

Noch rechnen Analysten im Schnitt mit einem DAX-Gewinnwachstum im Geschäftsjahr 2020 von immerhin elf Prozent. "Doch Konsumenten, Unternehmen und Investoren haben bereits begonnen, auf die um sich greifende Unsicherheit zu reagieren. Je länger diese Unsicherheit anhalten wird, desto stärker wird der wirtschaftliche Effekt des Virus sein und desto mehr wird er die Gewinnerwartungen für die DAX-Unternehmen fallen lassen, beispielsweise im Transportsektor."

Dennoch hält Krämer die Beeinträchtigungen zunächst für ein vorübergehendes Phänomen, das die Aktienmärkte nur kurzfristig belasten dürfte. "Wir empfehlen Investoren, die DAX- Positionen aufstocken möchten, auf sehr nervöse Marktphasen zu warten, in denen der Volatilitäts-DAX bei 20 bis 25 notiert."

Marktrisiko überschaubar


Ähnlich sieht es auch Donner & Reuschel-Chefvolkswirt Carsten Mumm. Grund zur Panik gebe es jedenfalls nicht. "Generell sind die Aussichten für die globalen Aktienmärkte in den kommenden Monaten positiv." Vor allem die weiter niedrigen Zinsen und die Hoffnung auf moderat verlaufende geo-politische Entwicklungen, etwa Handelskonflikte, ließen weitere Kurssteigerungen erwarten.

"Vor diesem Hintergrund könnten temporär niedrigere Kurse für einen Einstieg genutzt werden", so Mumm. Das Risiko, dass durch das Coronavirus eine deutliche konjunkturelle Abkühlung drohe und damit eine Trendwende an den Aktienmärkten eingeläutet werden könnte, sei derzeit gering.