Weil die Geldhäuser - allen voran Deutsche Bank und Commerzbank - aber selbst schwach auf der Brust sind, machen sich mehreren Insidern zufolge einige Politiker in Berlin Gedanken, ob die Institute einem langen Sturm Stand halten können oder ob sie bei einem Andauern der Krise womöglich selbst Hilfe vom Staat brauchen. Die Commerzbank musste bereits während der Finanzkrise 2008/09 mit Staatsgeldern gestützt werden und gehört nun zu 15 Prozent dem Staat. Die Deutsche Bank hatte die Krise damals ohne staatliche Stützungsmaßnahmen überstanden, sie schreibt jedoch inzwischen wegen eines Konzernumbaus milliardenschwere Verluste.

Für den Moment konzentrieren sich die Hilfsaktionen der Regierung auf die Unternehmen, die durch den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stillstand in finanzielle Nöte kommen, wie mehrere mit den Diskussionen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Für Banken würden in der nahen Zukunft keine Stützungsmaßnahmen erwartet. Die Hoffnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel sei, dass die Hilfskredite durch die fast vollständige Risikoübernahme des Staates nicht reihenweise ausfallen und Banken nicht zusätzliche Probleme bekommen. In der Regierung gehe man im Moment davon aus, dass das Hilfspaket der deutschen Wirtschaft eine dreimonatige Atempause verschaffe.

Dennoch habe in den vergangenen Wochen eine Debatte darüber begonnen, was man tun könnte, um bei einem Anhalten der Krise auch Banken zu stärken, wie mehrere Insider sagten. Es solle vor allem vermieden werden, dass die Geldhäuser aus Sorge vor zu viel Risiko zu zurückhaltend bei der Kreditvergabe seien und damit die Wirtschaft erst recht abwürgten.

Die Deutsche Bank erklärte, sie sei finanziell stark und die derzeitigen Diskussionen mit der Regierung konzentrierten sich auf die Frage, wie die Geldhäuser die Unternehmen unterstützen könnten. Die Commerzbank verwies auf einen geringen Anteil an notleidenden Darlehen in ihrer Bilanz von 0,9 Prozent. Die Banken gehen in diese Krise mit einer im Vergleich zu früheren Jahren sehr niedrigen Risikovorsorge. Das Finanzministerium erklärte gegenüber Reuters, alle Corona-basierten Programme der deutschen Regierung seien explizit auf den Nicht-Bankensektor ausgerichtet. "Es ist nicht geplant, solche Programme auf andere Sektoren auszuweiten".

INSIDER - SCHUTZSCHILD FÜR BANKEN NACH US-VORBILD


Mögliche Optionen, über die gesprochen würden, seien unter anderem Staatsgarantien für Banken sowie eine Art staatliche Behörde, die Anteile an den Banken übernehme im Gegenzug für staatliche Kapitalspritzen, sagten mehrere Insider. Schon während der weltweiten Finanzkrise 2008/09 gab es in Deutschland den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS), der zur Stützung illiquider Banken ins Leben gerufen wurde.

Ein anderes Szenario das diskutiert werde, sei, dass Berlin von den Banken verlange, Kapital des Staates anzunehmen und ihm im Gegenzug Anteile gebe, sagen mehrere Insider. Die Idee erinnere an das "Troubled Asset Relief Program" (TARP) der US-Regierung während der Finanzkrise, im Rahmen dessen fast 250 Milliarden Dollar in die dortigen Banken investiert wurden. Die staatlichen Anteile sind nach der Krise - meist mit Gewinn für den Steuerzahler - wieder verkauft worden. Das Finanzministerium erklärte, keine dieser Optionen stehe zur Debatte. "Nichts von all dem passiert", sagte ein Sprecher.

Nach Meinung von Experten hat die damalige Entscheidung in Washington für einen TARP das Finanzsystem gestützt. "Es hat die Stigmatisierung einzelner Banken vermieden", sagt FDP-Politiker und Bundestagsmitglied Florian Toncar, der im einflussreichen Finanzkommitee sitzt. Über Einzelheiten will er nicht sprechen.

Der Rat der Wirtschaftsweisen warnte Merkel Ende März vor einem Überspringen der Corona-Krise auf die Banken: "Wenn der Kampf gegen das Virus länger dauert, wird die Zahl der Insolvenzen steigen, was wiederum Banken in Nöte bringen könnte." Im Gespräch mit Reuters sagt der Vorsitzendes des Rats, Wirtschaftsprofessor Lars Feld, die Institute seien sicher, wenn man Firmenpleiten vermeiden könne. Staatliche Stützungsmaßnahmen für Banken werde es nur geben, wenn die derzeitigen Maßnahmen für Firmen gescheitert seien.

Eine zentrale Herausforderung sei, das Übergreifen der Corona-Krise auf die Finanzbranche zu minimieren und deren Fähigkeit zu erhalten, die Realwirtschaft zu unterstützen, sagte der Chef der Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, in einem Interview der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". "Wir werden viele Belastungen und Risiken für die Finanzindustrie erst nach und nach in Wellen in vollem Umfang sehen. Aber die Gefahr einer systemischen Krise sehe ich nicht."

"KURZFRISTIG HAT CORONA KEINE DRAMATISCHEN AUSWIRKUNGEN"


Eine der Deutschen Bank nahe stehende Person sagte, dass derzeit nicht über staatliche Hilfen für das Institut gesprochen werde und dass das Geschäft im ersten Quartal überraschend gut gelaufen sei. Allerdings könne sich die Frage stellen, falls sich die Krise länger hinziehe und sich die Wirtschaft weiter verschlechtere. Commerzbank-Vorstand Roland Boekhout sagte zu Reuters: "Die Corona-Krise ist keine Finanzkrise. Die Banken stehen gut da".

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vor Kurzem gesagt, sein Institut könne die Corona-Krise überstehen. "Ich habe keine Sorgen, dass Corona unsere Bank fundamental angreift. Wir haben eine Eigenkapitalquote von mehr als 13 Prozent, haben 200 Milliarden Euro Liquidität, haben ein sauberes Kreditbuch und sind gut ins Jahr gestartet. Kurzfristig sehe ich für unser Haus keine dramatischen Auswirkungen."

rtr