Der Kunststoffkonzern Covestro hat sich auf dem Kapitalmarkttag am Donnerstag in London optimistisch gezeigt. Chef Patrik Thomas erwartet, dass bis zum Jahr 2022 insgesamt fünf Milliarden Euro freie Mittel aus dem operativen Geschäft zufließen. Die Bayer-Tochter geht davon aus, dass die Nachfrage steigt: Kunden, Unternehmen aus der Automobil-, Bau- und Elektronikbranche, sollen stark wachsen.

Was Covestro mit dem Geld vorhat



Einen Teil dieser fünf Milliarden Euro an liquiden Mitteln will Covestro an die Aktionäre ausschütten. "Wir bleiben unserer attraktiven Dividendenpolitik verpflichtet und wollen eine steigende oder mindestens stabile Dividende zahlen," sagte Thomas. 2016 schüttete der MDax-Konzern bei einem freien Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft von 1,37 Milliarden Euro insgesamt 273 Millionen Euro aus. Anleger erhielten damit 1,35 Euro je Papier.

Die Leverkusener wollen das Geld auch für Übernahmen nutzen. Covestro wolle Unternehmen zukaufen, die hohe Margen erwirtschaften, stark wachsen und Marktführer sind.

Sollte Covestro aber keine nennenswerten Kandidaten finden, will der Konzern die überschüssigen Mittel an die Anleger zurückgeben. "Schließlich gibt es keinen Grund, liquide Mittel zu horten." Dann käme es zu einem Aktienrückkaufprogramm oder einer Sonderdividende.

Die Zahlen von Covestro überzeugen bereits jetzt. Im ersten Quartal des laufenden Jahres stieg der freie Mittelzufluss aus dem operativen Geschäft bereits um 174 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 211 Millionen Euro. Covestro setzte mit 3,6 Milliarden Euro rund 25 Prozent mehr um. Grund dafür waren höhere Verkaufspreise im ertragreichen Segment Polyurethan.

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Einschätzung der Redaktion



Die Nachrichten vom Kapitalmarkttag kamen am Aktienmarkt schlecht an: Der Kurs fiel am Donnerstag um zeitweise um 5,8 Prozent und schloss bei 63,66 Euro.

Für die Aktie spricht die Ausschüttung. Mit 1,35 Euro erzielten Anleger im vergangenen Jahr eine Dividendenrendite von nur 2,06 Prozent. Wenn der Konzern eine Sonderdividende ausschüttet, wird wohl auch die Dividendenrendite interessanter. Aktionäre des MDax-Wettbewerbers Evonik erhielten nur 1,15 Euro je Papier. Lanxess zahlte sogar nur 70 Cent. Für 2017 erwarten Bloomberg-Analysten von Covestro eine Dividende von 1,45 Euro, für 2019 bereits 1,60 Euro.

Falls der Konzern keine Übernahmeziele fände, würde das Geld als Sonderdividende oder in Form eines Aktienrückkaufprogrammes an die Aktionäre zurückfließen. Durch den Kauf eigener Papiere und dem Einzug sinkt die Zahl der Aktien auf dem Markt und der Gewinn je Aktie steigt.

Das laufende Geschäftsjahr von Covestro sieht gut aus. Bloomberg-Analysten erwarten für 2017 einen Umsatz von 13,5 Milliarden Euro nach 11,9 im Jahr 2016. Der operative Gewinn soll um 44,5 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro steigen. "Covestros Qualität als führender Hersteller von Plastik, Schäumen und Chemikalien steht außer Frage," schreibt Martin Evans von JP Morgan in einer Studie von Ende Mai.

Papiere von Chemie-Unternehmen sind zyklische Aktien. Covestro wäre von einer Rezession oder einem Börsen-Crash direkt betroffen. Die Nachfrage, etwa von Kunden aus der Automobilindustrie, könnte sinken. Bereits jetzt erwirtschaften die Leverkusener aber nach eigenen Angaben 70 Prozent des Ergebnisses in weniger konjunkturabhängigen Bereichen. Die neuen Geschäftsfelder will der Konzern weiter ausbauen - etwa indem er das Portfolio breiter aufstellt.

Wenn das Papier den charttechnischen Widerstand bei 68,00 Euro durchbricht, ist der Weg nach oben frei. Davor bleiben wir bei Beobachten.
Stoppkurs: 60,00 Euro