Der Spezialkunststoff-Hersteller Covestro hat heute seine Jahreszahlen für 2022 präsentiert. Die sind wie erwartet recht dürftig ausgefallen. Der Aktienkurs sackt jedoch am Donnerstag-Vormittag überraschend heftig in die Tiefe. Dafür verantwortlich ist ein magerer Geschäftsausblick auf das laufende Jahr – und eine Dividenden-Aussage.
Das operative Ergebnis des Kunststoffkonzerns Covestro ist im vergangenen Jahr um etwa die Hälfte auf gut 1,6 Milliarden Euro gesunken. Unter dem Strich fiel wegen Wertberichtigungen von latenten Steuerforderungen auf Verlustvorträge sowie wegen Abschreibungen auf Anlagevermögen sogar ein Verlust von 272 Millionen Euro an. Das ist etwas weniger als im Januar auf Basis vorläufiger Resultate mitgeteilt und damit positiv.
Doch Covestro traut sich im schwierigen Konjunkturumfeld derzeit keine konkrete Prognose für 2023 zu. Stattdessen teilte der DAX-Konzern mit: Das operative Ergebnis (Ebitda) dürfte im laufenden Jahr deutlich sinken. Gleiches gelte für den freien operativen Mittelzufluss.
Dividende soll ausfallen
Laut einer Präsentation für Analysten ergäbe sich ein operativer Gewinn von einer Milliarde Euro, falls das ganze Jahr über Gewinnmargen wie im Januar erzielt würden. Analysten erwarteten zuletzt im Durchschnitt einen Rückgang auf 1,2 Milliarden Euro. 2022 rutschten die Leverkusener – wie bereits bekannt – unter dem Strich wegen Wertberichtigungen in die Verlustzone. Eine Dividende soll es daher nicht geben.
Für die Covestro-Aktien geht es daraufhin am Donnerstag deutlich abwärts. Kurz nach Xetra-Handelsstart sackte der Kurs um rund sechs Prozent auf 39 Euro ab. Damit ist der Kurs auch unter die 50-Tage-Linie gerutscht. Nachdem vor einigen Tagen bereits ein kurzfristiger Aufwärtstrend unterschritten wurde, könnte es in den kommenden Tagen rein chattechnisch betrachtet noch etwas weiter abwärts gehen.
Ein Aktienhändler monierte insbesondere den Geschäftsausblick. Zudem hatten einige Analysten trotz des Verlustes mit einer Dividende für 2022 gerechnet, wenngleich die Konzernpolitik für Jahre mit einem negativen Ergebnis eigentlich keine Ausschüttung vorsieht.
Konzern reagiert mit Kostensenkungen
Covestro stellt unter anderem Kunststoffe etwa für Autoteile und Laptop-Verkleidungen her sowie Schaumstoff-Vorprodukte für Dämm-Materialien, Pkw-Teile, Sitze und Matratzen. Im Jahr 2022 bekam der Konzern eine schwache Nachfrage, hohe Energie- und Gaspreise sowie die massiven Corona-Einschränkungen in China zu spüren.
2022 sei ein Jahr mit nie dagewesenen Herausforderungen für Covestro gewesen, erklärte Vorstandschef Markus Steilemann. Dies spiegele sich entsprechend in den Ergebnissen für 2022 wider. Das Management habe darauf reagiert. Covestro habe seinen Energieverbrauch und die Kosten gesenkt.
Einschätzungen zur Covestro-Aktie
Mehrere Analysten äußerten sich zurückhaltend. Die Baader Bank etwa hat Covestro nach den Zahlen auf "Reduce" mit einem Kursziel von 44 Euro belassen. Obwoh er schon vor dem Risiko eines Dividendenausfalls für 2022 gewarnt habe, seien das schwache Schlussquartal und der "desaströse" Ausblick des Kunststoff-Konzerns eine negative Überraschung, schrieb Analyst Markus Mayer in einer aktuellen Studie.
Chetan Udeshi von JPMorgan hat seiine Einstufung für Covestro auf "Neutral" mit einem Kursziel von 38 Euro belassen. Das vierte Quartal sei weitgehend wie erwartet verlaufen und entspreche auch in etwa den vorab bekanntgegebenen Zahlen, schrieb der Analyst heute. Die Prognose des Kunststoff-Herstellers für das operative Ergebnis im ersten Quartal sei zudem besser als befürchtet. Das Ziel für den freien Barmittelzufluss im Gesamtjahr dagegen liege deutlich unter der Konsenserwartung.
BÖRSE ONLINE hält die Covestro-Aktie derzeit lediglich auf einer Watchlist. Anleger, die in dem DAX-Wert engagiert sind und einen langen Atem haben, können dabeibleiben. Mutige können darauf spekulieren, dass die Weltwirtschaft in den kommenden Monaten angetrieben durch China wieder anspringt.
Charttechnisch würde sich die Lage allerdings weiter eintrüben, wenn Covestro auch unter die 200-Tage-Linie abrutschen sollte. Eine Stopp-Order bei etwa 33 Euro würde Verluste begrenzen.
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(Mit Material von dpa-AFX)