"Wir beschleunigen unsere Restrukturierung", kündigte Thiam am Mittwoch überraschend an. Das kostet erst mal, sodass die Bank im ersten Quartal einen Verlust erwartet. Aufräumarbeiten in der Bilanz hatten der zweitgrößten Schweizer Bank bereits 2015 tiefrote Zahlen eingebrockt, der Fehlbetrag erreichte mit 2,9 Milliarden Franken den höchsten Wert seit 2008. Die bereits gegen Ende 2015 angespannte Verfassung an den Kapitalmärkten verschlechterte sich weiter, zu den rekordtiefen Zinsen kam der Einbruch des Ölpreises, die Sorgen um Schwellenländer wie China und der schlechteste Jahresstart der Aktienmärkte seit Jahrzehnten. Thiam zufolge führte dies alles zu "historisch niedrigen Levels an Kundenaktivität". Banken sind stark abhängig davon, dass die Kunden handeln, denn die Gebühren aus diesen Transaktionen sind eine ihrer Hauptertragsquellen.
Thiams Einschätzung ist ein Nachhall der Äußerungen vieler anderer Bankchefs. "Dies waren im Bankensektor die beiden schlechtesten Anfangsmonate eines Jahres, die ich persönlich erlebt habe", hatte Deutsche Bank-Finanzvorstand Marcus Schenck erst am Vortag gesagt. "Das hat natürlich auch bei uns seine Spuren hinterlassen", stimmte er die Anleger auf schlechte Zahlen ein. Auch die UBS und die US-Bank Citigroup hatten zuletzt vor den Auswirkungen der Flaute gewarnt. Die britische Barclays streicht gar Tausende Stellen und will die mehr ein Jahrhundert alte Geschäftsbeziehung nach Afrika kappen.
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IST DAS GROSSBANKEN-MODELL DEFEKT?
Während sich die Vermögensverwaltung verhältnismäßig gut schlägt und die Credit Suisse bei reichen Kunden stetig neues Geld einsammelt, stellte die Bank im Investmentbanking für das erste Quartal einen Einbruch der Handelserträge um 40 bis 45 Prozent in Aussicht. Nun will Thiam in der Handelsdivision 2000 Stellen streichen, konzernweit steigt der Abbau damit auf 6000. Das soll helfen, die Kosten bis 2018 brutto um mindestens 4,3 Milliarden Franken zu drücken. Bislang hatte Credit Suisse Einsparungen von 3,5 Milliarden Franken angekündigt. Das Geschäft mit notleidenden Krediten und den Handel mit verbrieften Produkten in Europa will das Institut abwickeln. Zudem plant die Bank den Verkauf von Geschäftsteilen im Wert von einer Milliarde Franken. "Unsere Anstrengungen zielen darauf ab, dass Credit Suisse mittel- bis langfristig Kapital generiert und profitabel wächst", sagte Thiam. Zulegen will die Bank bei Vermögensverwaltung in Asien und Schwellenländern anderer Kontinente.
Analysten zufolge macht Credit Suisse jetzt das, was sich viele Anleger schon von der Strategieankündigung im Oktober erhofft hatten. "Ein negatives operatives Umfeld hat das Management gezwungen, schwierige Entscheidungen zu fällen, denen es das letzte Mal ausgewichen war", erklärte George Karamanos von Keefe, Bruyette & Woods. Die Aktie legte zwar 1,5 Prozent zu, im Vergleich zum Einbruch von über einem Drittel seit Jahresbeginn ist das aber immer noch ein Klacks. ZKB-Analyst Andreas Brun sprach angesichts der erneuten Umbaumaßnahmen von einer Dauerbaustelle und wertete die Restrukturierung "als Eingeständnis, dass weite Teile des Investmentbanking nicht in die Gänge kommen."
Mit der erneuten Schrumpfung des dieses Bereichs gleiche sich die Credit Suisse dem Erzrivalen UBS immer mehr an, erklärten Experten. "Wir stimmen darin überein, dass die Vermögensverwaltung attraktiv ist", erklärte Thiam mit Blick auf die UBS-Chefs Sergio Ermotti und Axel Weber. Auch die Spitzen anderer Großbanken wie der Deutschen Bank, Goldman Sachs oder JP Morgan würden ähnliche Überlegungen anstellen. Langfristig sei das Festhalten an einer abgespeckten Form des Investmentbankings aber wichtig, so der Ivorer. Eine kritischere Haltung nahm einer der 30 größten Credit Suisse-Aktionäre ein. Mit der Kurskorrektur beuge sich Thiam dem Unvermeidlichen. "Meiner Meinung nach sind große Universalbanken in ihrer gegenwärtigen Form ein defektes Geschäftsmodell und nicht zu beherrschen."
Reuters