Crowdinvesting zählt zu den am rasantesten wachsenden Märkten. Wurden 2011 gerade mal 1,4 Millionen Euro von Kleinanlegern über die Finanzierungsplattformen für Emittenten eingesammelt, waren es im vergangenen Jahr laut dem Crowdinvest Marktreport 2018 immerhin 297 Millionen Euro. Ursprünglich sollten mit der Schwarmfinanzierung über Internetplattformen mit kleinen Anlagebeträgen bereits ab einem Euro vor allem Existenzgründer finanziert werden. Obwohl der Gesetzgeber mit dem Kleinanlegerschutzgesetz die Vorgaben für Produktemittenten deutlich verschärft hat, wurden deshalb bei der Schwarmfinanzierung im Vermögens­anlagengesetz (§ 2a VermAnlG) Ausnahmen von den strengen Regulierungen erlaubt. Die Anbieter müssen lediglich ein Vermögensinformationsblatt (VIB) verfassen, nicht jedoch einen aufwendigen Prospekt erstellen. Diese Ausnahmen für die Crowd galten bislang aber nur für die Finanzierung mit Nachrangdarlehen oder paritätischen Darlehen bis 2,5 Millionen Euro. Sofern Kleinanleger keine Auskunft über ihre Vermögens- und Einkommenssituation abgaben, durften sie nicht mehr als 1000 Euro je Beteiligung investieren.

2019 wurden die Anforderungen für das Crowdinvesting weiter gelockert. Seit dem 15. Juli 2019 können außer Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen auch Genussrechte schwarmfinanziert werden. Die Prospektpflichtgrenze wurde von 2,5 Millionen auf sechs Millionen Euro angehoben, und Anleger, deren Vermögen 100 000 Euro übersteigt und entsprechend belegt ist, können statt zuvor maximal 10 000 Euro nun bis zu 25 000 Euro pro Beteiligung investieren.

Erhöhtes Ausfallrisiko


Vor allem Verbraucherschützer haben diese Liberalisierung kritisiert. So bieten die über die Crowd finanzierten Nachrangdarlehen den Anlegern im Fall einer Insolvenz des Unternehmens wenig Schutz, da die oft erstrangig abgesicherten Darlehen von Banken im Insolvenzfall zuerst zurückgezahlt werden. Noch riskanter ist aber die sehr seltene Beteiligung am Eigenkapital oder - häufiger - am eigen­kapitalähnlichen Mezzanine-­Kapital, da auf dieses im Insolvenzfall vor den Darlehen zurückgegriffen wird.

Kritisiert wird aber auch, dass über die Crowdinvesting-Plattformen kaum Existenzgründer und stattdessen vor allem Immobilienprojekte mit Nachrangdarlehen finanziert werden. "Crowd­investing fördert mitnichten innovative Hightechfirmen. Es geht meist um das Vorgaukeln falscher Sicherheit durch die Werbung mit einem vermeintlichen Immobilien­investment", so Dirk Ulbricht, Direktor des Institut für Finanzdienstleistungen (IFF) in Hamburg.

Tatsächlich wurden laut dem Crowd­invest Marktreport 2018 Deutschland von den im vergangenen Jahr bei Schwärmern eingesammelten 297 Millionen Euro allein 211 Millionen Euro (71 Prozent) für Immobilienprojekte verwendet, aber nur 80 Millionen (27 Prozent) für Unternehmensfinanzierungen eingesetzt (siehe Tabelle unten). Und unter den Unternehmensfinanzierungen ging nicht mal ein Viertel an Start-ups - bei den restlichen Anteilen handelt es sich um Finanzierungen von bereits etablierten Wachstums­unternehmen sowie für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).

Ein Grund für den hohen Immobilien­anteil im Crowdinvesting ist wohl die bislang geringe Zahl von Ausfällen oder von Fällen, bei denen noch nicht hinreichend klar ist, ob es zu einem Ausfall kommt. Der Anteil negativer Beispiele liegt hier nur bei 0,1 Prozent. Ganz anders sieht es bei der Finanzierung von Unternehmen aus. Die Quote von ausgefallenen oder hinsichtlich Ausfall noch ungeklärten Investments beläuft sich bei Wachstums­unternehmen auf 5,7 Prozent. Bei KMU liefert die Statistik einen Anteil von 17,2 Prozent und bei den Start-ups einen von 23,4 Prozent. Dabei muss man wissen, dass sich bei über 71 Prozent der schwarm­finanzierten Start­-​ups und 93 Prozent der ebenso finanziell unterstützten Wachstumsunternehmen noch keine Aussage zu ihrem Erfolg treffen lässt. Der Grund: Die Anlagedauer ist noch nicht abgelaufen.

Bislang wurden unter den Crowdinvestments bei den KMU nur 5,9 Prozent des angelegten Geldes, bei den Start-ups vier Prozent und bei den Wachstumsunternehmen nur 1,3 Prozent wieder zurückgezahlt. Dass noch längst nicht alle Einlagen zurückgezahlt wurden, trifft allerdings auch für die Immobilieninvestments zu. Es könnte also passieren, dass es bei Letzteren noch zu einer höheren Ausfallquote kommt.

Über die Renditen, die Anleger mit ihren Crowdinvestments erzielten, informieren die Portale und Unternehmen in der Öffentlichkeit kaum. Bei den Eigenkapital- (EK) oder Mezzanine-Investments erfahren die Anleger die Ergebnisse erst nach einem vertraglich vereinbarten Rückzahlungstermin oder einem vorzeitigen "Exit". Mit Letzterem ist zum Beispiel gemeint, dass ein Venture-Capital-Fonds die Anteile der Crowdinvestoren aufkauft.

Lars Hornuf, Professor für Betriebswirtschaft an der Universität Bremen, wertet seit 2011 verfügbare Informationen zu Schwarmfinanzierungen aus. Vor drei Jahren ermittelte er die Ergebnisse von Crowd-Portalen wie Companisto, Inno­vest­ment und Seedmatch bei der Start-up-Finanzierung. Ergebnis seinerzeit: "Wer von 2011 bis Ende 2015 über die Crowd in Start-ups investierte, der machte im Durchschnitt einen Verlust von 23 Prozent", so Hornuf. Da bislang keine anderen Zahlen veröffentlicht wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Ergebnisse kaum verbessert haben.

Alternative zur Crowd: ETFs


Auch das Verhältnis zwischen bereits zurückgezahlten und ausgefallenen Investments legt die Vermutung nahe, dass deutsche Crowdinvestments eher riskant und nicht für jedermann geeignet sind. Wer hier investiert, sollte sich dessen bewusst sein und für Schwarmfinanzierungen nur einen kleineren Teil seines Vermögens vorsehen. Interessenten können ihre Crowdinvestments über Plattformen tätigen, die sich auf Unternehmensfinanzierungen spezialisiert haben (siehe untere Tabelle auf Seite 89). Die größten Vermittler von Mezzanine- und Eigenkapital waren 2018 Kapilendo, Companisto, GLS Crowd und Seedmatch. Kredite an Unternehmen vermittelten die Plattformen Funding Circle und Kapilendo.

Mögliche Alternative für Kleinanleger, die in Start-ups oder allgemein in Pri­vate Equity investieren, aber nicht so hohe Risiken eingehen wollen: Sie können sich an entsprechenden Fonds beteiligen. So ­bietet iShares einen ETF auf den S & P Private Equity Index an, der die Wertentwick­lung von Private-Equity-­Beteiligungsfirmen wie Blackstone oder KKR widerspiegelt. Andere ETFs auf Private Equity werden von Xtrackers und Lyxor angeboten. Nachteil dabei: Eine Begrenzung auf deutsche Start-ups ist mit solchen Anlagen nicht gegeben. Dafür müsste es dann doch ein Crowdinvestment sein.