Schon mit kleinen Beträgen können Anleger bei Projekten einsteigen. Immobilien, Energieträger und Start-ups sind dabei. Das Ganze birgt etliche Chancen, aber auch Gefahren. Wie die Anbieter im Test abschnitten. Von Simone Gröneweg, Euro am Sonntag
Vom freien Fall bis zur Landung - Fallschirmspringer brauchen Mut, dürfen sich aber nicht überschätzen. Ähnlich verhält es sich bei Anlegern, die ihr Geld in junge Firmen stecken. Sie gehen Risiken ein und sollten nicht das komplette Ersparte dafür nutzen. Mittlerweile bieten zahlreiche Plattformen Projekte online an. Die Anleger sind mit wenigen Klicks dabei. Wenn sie am Unternehmenserfolg beteiligt werden, nennt sich das Ganze Crowdinvesting. Die Digitalisierung hat das Investieren erleichtert, die Risiken aber bleiben: So mussten Ende 2019 zwei Immobilienprojekte der Plattform Exporo Insolvenz anmelden.
Immobilienprojekte gelten in der Branche als relativ sicher, etwa im Vergleich zu Start-ups, sagt Lars Hornuf, Professor für Finanzdienstleistungen an der Universität Bremen. "Die Anleger schätzen an Immobilienprojekten auch die vergleichsweise kurzen Laufzeiten", erklärt er. Nachdem Immobilienentwickler die Crowdmethode für sich entdeckt hatten, bekam der Crowdinvest-Markt jedenfalls einen gewaltigen Schub. Das zeigen Zahlen des Informationsportals www.crowdingfunding.de. Flossen 2016 etwa 74 Millionen Euro in Crowdprojekte, waren es ein Jahr später schon knapp 200 Millionen Euro. 2018 lag das Marktvolumen bei 297 Millionen Euro, für 2019 liegen noch keine Zahlen vor.
In der Regel beteiligen sich Kleinanleger über sogenannte Nachrangdarlehen. Solche Darlehensgeber werden im Fall einer Insolvenz allerdings zuletzt bedient. Daher zählen Banken die Darlehen zum Eigenkapital, obwohl es sich eigentlich um Fremdkapital handelt - ein Vorteil für den Emittenten. "Die Immobilienentwickler erweitern mit der Crowd ihren Finanzierungsspielraum", erklärt Hornuf. Wer über fünf Millionen Euro Eigenkapital verfüge und noch mal fünf Millionen Euro von der Crowd einsammle, erhalte mehr Kapital von der Bank und könne somit größere Projekte stemmen.
Investoren sollten sich bewusst sein, dass es zu einem Totalverlust kommen kann, und nicht auf das investierte Geld angewiesen sein. "Eine Plattform selektiert und vermittelt Projekte, prognostiziert aber nicht deren Ausfallrisiko. Das müssen die Anleger selbst tun", sagt Hornuf. Eine Sprecherin der Plattform Bergfürst betont, dass der klassische Anleger gut informiert sei und seine Anlageentscheidung selbstbestimmt treffe. Wenn sie nicht mehr als sechs Millionen Euro einwerben und einzelne Anleger maximal 25.000 Euro investieren, müssen die Emittenten lediglich ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) vorlegen. Das VIB beschreibt ein Projekt auf wenigen Seiten, inklusive Kosten und Risiken.
Für Andreas Oehler, Professor im Bereich Finanzwirtschaft an der Universität Bamberg, reicht das nicht aus. "Um die Informationslage für Verbraucher zu verbessern, sollte die Befreiung aus der Prospektpflicht umgehend aufgehoben werden", meint er.
23 Plattformen im Test
Angesichts des stark gestiegenen Interesses von Privatanlegern hat das Deutsche Kundeninstitut (DKI) für €uro am Sonntag zum zweiten Mal einen Test von Crowdinvesting-Plattformen durchgeführt. Die Düsseldorfer bewerteten 23 Plattformen in den Bereichen Konditionen, Produktangebot und Kundenservice (siehe unten "So wurde getestet"). Dabei wurde unterschieden zwischen den Anbietern, die Projektfinanzierungen im Bereich Energie & Umwelt, Immobilien sowie Unternehmen vermitteln. Alle Angaben beziehen sich auf den Stichtag 8. November 2019. Um die Konditionen zu bewerten, holte das Institut von den Plattformen Angaben zu den durchschnittlichen Renditen der erfolgreichen Projekte (abzüglich aller Kosten für die Anleger, inklusive der Gewinne) und zu den Basisverzinsungen (ohne eventuelle Gewinne) ein. "So gab es eine bessere Vergleichbarkeit", sagt DKI-Chef Jörn Hüsgen. Zudem wurden die Höhe der Anlagebeträge, Investitionsziele und Laufzeiten bewertet.
Bei der Kategorie Produktangebot untersuchte das Institut den Leistungsumfang und die Ausstattungsmerkmale der Plattformen. Dabei ging es unter anderem um die Projekttypen, die Auswahl an Projekten sowie die Einzahlungs- und Informationsmöglichkeiten. Das DKI schaute sich den Modus der Zinszahlungen und die Tilgungszeiträume an. Die direkte Kommunikation zwischen Anbietern und Kunden wurde für die Kategorie Kundenservice untersucht. Die Tester kontrollierten unter anderem, ob Kundenanfragen schnell und kompetent beantwortet wurden. Sie prüften auch die Qualität der Internetseiten.
Die Plattform Bergfürst landete in der Gesamtwertung mit der Note "sehr gut" auf dem ersten Platz - vor weiteren Anbietern, die ebenfalls die Bestnote erzielten. Dazu gehörten Home Rocket, Kapilendo, Zinsbaustein.de, LeihDeinerUmweltGeld, GLS Crowd, Green Rocket und Finnest.com. Mit der Gesamtnote "befriedigend" landete Vestinas am Ende der Rangliste, hinter Aescuvest.de, Katrim und Econeers.
Der Anbieter Bergfürst überzeugte die Tester vor allem durch ein sehr gutes Angebot, sehr gute Konditionen sowie einen guten Kundenservice. Anleger können beim Besuch der Plattform vollständig einsehen, in welche Projekte sie investieren. Wer weitergehende Infos benötigt, erhält diese auf der Website, im Video-Chat, telefonisch oder per E-Mail. Zum Stichtag im November hatte die Plattform die meisten Projekte im Angebot.
Außerdem lag die Basisverzinsung in den vergangenen drei Jahren im Mittel bei 6,49 Prozent, womit die Plattform den vierthöchsten Wert im Bereich Immobilien erreichte. Beim Testen des Kundenservice stellte sich heraus, dass die Mitarbeiter von Bergfürst am Telefon schnell und kompetent reagierten. Die Website informiert nach Ansicht der Tester zudem ausreichend über Risiken und Kosten.
Anbieter verzichten auf Gebühren
Bei der Plattform Vestinas merkten die Verfasser der Untersuchung an, dass diese zum Stichtag kein aktuelles Projekt im Angebot hatte. Den Mindestanlagebetrag in Höhe von 1.000 Euro stuften sie als vergleichsweise hoch ein. Das Kapital sei zudem für mindestens ein Jahr und für maximal zehn Jahre gebunden, was deutlich über dem Durchschnitt der Wettbewerber liege, heißt es. Die Website des Anbieters bezeichnete das DKI als übersichtlich und klar strukturiert. Den Informationsumfang zu den Projekten schätzten die Tester aber als reduziert ein.
Insgesamt fällt positiv auf, dass keine der 23 getesteten Plattformen Gebühren für eine Anlage erhebt. Die Einstiegshürden bezüglich eines Investments sind eher gering. Bei Bergfürst beträgt der Mindestanlagebetrag nur zehn Euro. So leicht machen es andere Anbieter Interessenten nicht, aber die Mindestanlagebeträge liegen recht oft bei 100 oder 250 Euro. Der Maximalbetrag für die Anleger ist gesetzlich bei 25.000 Euro gedeckelt, manche Plattformen ziehen die Grenze bei 10.000 Euro. Im Schnitt können die getesteten Anbieter in den vergangenen drei Jahren 28 erfolgreich finanzierte Projekte vorweisen. Allerdings ist die Spannbreite zwischen den Anbietern groß, wie die Tabelle unten zeigt.
Kunden können in den meisten Fällen einsehen, in welche Projekte sie investieren. Lediglich Katrim bietet sogenannte Semi-Blindpool-Projekte an, GreenVesting hat solche Semi-Blindpools zusätzlich im Angebot.
In der Regel fordern die Anbieter eine Selbstauskunft von den Anlegern, einige aber erst ab einem Investment von 1.000 Euro. 18 Anbieter geben konkrete Hinweise, wie man Risiken minimieren kann. Die Tester kritisieren allerdings, dass der Informationsgehalt der Internetseiten insgesamt noch ausbaufähig sei. Elf Anbietern gelang es, die Fragen aller zehn Testanrufe zu beantworten. Die Hotline-Mitarbeiter von Zinsbaustein.de wurden als am freundlichsten (1,0) bewertet.
In allen drei Kategorien dominieren beim Anlagemodell die Nachrangdarlehen, ergab die Auswertung. Die Zinsgutschriften erfolgen meist jährlich. Beim Basiszins tat sich besonders Kapilendo mit einem aktuell prognostizierten Zins in Höhe von neun Prozent hervor. Das Schlusslicht bildete nach Angaben des DKI Aescuvest.de mit einem Prozent. Auf die vergangenen zwölf Monate betrachtet lag der höchste durchschnittliche Satz bei 7,24 Prozent (Kapilendo), der niedrigste bei Aescuvest.de (2,63 Prozent). Kapilendo sorgte bei der Rendite für einen Ausreißer nach oben. So ergab sich eine maximale Rendite in Höhe von 24,5 Prozent in den letzten zwölf Monaten (Bereich Unternehmen). Die minimalen Renditen lagen über alle Bereiche eher bei vier Prozent, die maximalen Renditen bewegten sich zwischen vier und zehn Prozent.
Große Unterschiede ergaben sich bei den Investitionslaufzeiten, die die Crowd bereitstellt. Als Investitionslaufzeit wird der Zeitraum bezeichnet, in dem das Geld für ein Projekt bis zur Rückzahlung genutzt werden kann. Die Spanne reicht von sechs Monaten (Bergfürst und Home Rocket) bis zu 15 Jahren (Green Rocket).
Differenzen zeigten sich bei der Untersuchung zudem bei den Summen, welche die Emittenten einsammelten. Das geringste Zielvolumen hatte eine Offerte von Ecoligo.investments mit 20 000 Euro. Zum Vergleich: LeihDeinerUmweltGeld und Bergfürst sammelten für Projekte hierzulande jeweils drei Millionen Euro ein. Bei Conda lag das maximale Investitionsziel bei 3,5 Millionen Euro und der Anbieter Vestinas kam sogar auf fünf Millionen Euro.
So wurde getestet:
Methode: Das Deutsche Kundeninstitut (DKI) testete diesmal 23 Anbieter von Crowdinvesting- Plattformen auf 380 Einzelkriterien in den Bereichen Konditionen, Produktangebot und Kundenservice. Dazu wurden im vierten Quartal 2019 am Telefon und per E-Mail insgesamt etwa 600 Testkundenkontakte zu den Anbietern hergestellt. Zudem gingen Fragebögen an die Anbieter. Außerdem checkten und bewerteten die Tester die Internetseiten. Bei den offerierten Projekten handelte es sich in der Regel um sogenannte Crowdinvesting-Modelle. Das bedeutet, die Anleger erwerben mit ihren Investitionen ein Anteilsrecht auf künftige Unternehmensgewinne.
Kategorien: Im Test wird zwischen den Kategorien Umwelt und Energie sowie Unternehmens- und Immobilienfinanzierung unterschieden, denn in diesen drei Gebieten machen die Anbieter immer noch das Gros des Geschäfts. Viele Akteure beschränken sich auf eine Kategorie, einzelne bieten drei Projekte aus allen drei Bereichen an.
Punkte: In die Gesamtnote sind zu jeweils 40 Prozent die Punkte aus den Bereichen Konditionen und Produktangebot eingeflossen. Die Qualitäten im Kundenservice gewichtete das DKI mit einem Anteil von 20 Prozent.