Nach dem Rekordjahr 2014 will Daimler mit eisernem Sparen und noch mehr neuen Modellen seinen Kampf um die Krone des weltweit größten Premiumherstellers verstärken. "Überall im Unternehmen ist deutlich spürbar: Daimler ist im Aufbruch", sagte Vorstandschef Dieter Zetsche am Donnerstag in Stuttgart. Die Modelloffensive zahle sich aus und gehe in diesem Jahr mit acht neuen und überarbeiteten Autos weiter. "Wir feuern weiter aus allen Rohren", sagte er. Bis 2020 will Daimler die Rivalen BMW und Audi überholen - entschieden wird das Rennen wohl in China, dem weltgrößten Automarkt.
Im vergangenen Jahr hat Daimler den Abstand auf den Platzhirsch BMW und die Volkswagen-Tochter Audi bei den Pkw-Verkaufszahlen verkürzt. Auch bei der Gewinnentwicklung holten die Stuttgarter auf. Das rein operative Ergebnis stieg um 27 Prozent auf eine neue Bestmarke von 10,1 Milliarden Euro. Viele Daimler-Beschäftigte können sich auf einen Rekordbonus von 4350 Euro für das vergangenen Jahr freuen. Die Anleger an der Börse feierten vor allem den Anstieg der Dividende um 20 Cent auf 2,45 Euro. Die Daimler-Aktie setzte sich mit einem Plus von bis zu zwei Prozent auf 84,27 Euro an die Spitze des Dax, den höchsten Stand seit mehr als 15 Jahren.
Analysten wie der DWS-Manager Stefan Bauknecht lobten, Daimler bewege sich inzwischen in die richtige Richtung. "Die Produktinitiativen der vergangenen ein, zwei Jahre zahlen sich aus", sagte er. Die Marke mit dem Stern verdiente im vergangenen Jahr mit zahlreichen neuen Modellen vom Smart bis zur Luxuslimousine S-Klasse operativ knapp sechs Milliarden Euro, ein Plus von 43 Prozent. Die Umsatzrendite stieg um gut anderthalb Prozentpunkte auf 8,1 Prozent. Die Rivalen aus Bayern rangieren schon länger bei zehn Prozent. Diese Marke will Zetsche ebenfalls mittelfristig - Schritt für Schritt - erreichen. "Wir haben uns vorgenommen, bei der Ertragskraft ein Niveau zu erreichen, das es in diesem Unternehmen bisher nicht gab", sagte der Manager mit dem markanten Schnauzbart.
Analysten zeigten sich diesbezüglich jedoch skeptisch. "Die Konkurrenz schläft nicht", sagte Frank Biller von der Landesbank Baden-Württemberg. Audi hat etwa den Vorteil, als Teil des VW-Imperiums viel Geld bei Einkauf, Entwicklung oder Produktion sparen zu können. Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler erwartet, dass die Schwaben ihr Ziel 2017 erreichen, wenn mit der E-Klasse ein wichtiges Modell der Stuttgarter voll ausgerollt wird. "Wenn Daimler es dann nicht schafft, dann schaffen sie es erst mal nicht mehr."
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SCHLÜSSEL LIEGT IN CHINA
Als Wachstumsmotor setzt Daimler weiter auf China. "Ein wichtiger Schlüssel zu profitablem Wachstum liegt für uns in China", sagte Zetsche. Im vergangenen Jahr war Mercedes dort zwar schneller gewachsen als die Konkurrenz, hatte den absoluten Vorsprung von Audi und BMW aber nicht verkürzen können. Das soll sich in diesem Jahr ändern - der Absatz soll auf über 300.000 Fahrzeuge steigen. Es sei allerdings nicht zwingend notwendig, in China der größte Oberklasse-Hersteller zu werden, um weltweit die Nummer eins zu werden, sagte Zetsche. Optimistisch ist er, weil Luxusautos in China weiterhin überdurchschnittlich gefragt seien. Daimler will deshalb die Produktion ausbauen und mehr Personal einstellen.
Anders in Deutschland: Dort soll mehr entwickelt und produziert werden, ohne dass die Belegschaft wächst. Zetsche gab der schon laufenden Initiative, alle Werke und Konzernteile auf mehr Effizienz zu durchleuchten, einen Namen: Nach den gerade endenden Sparprogrammen im Volumen von vier Milliarden Euro geht es mit dem Kostensenken unter dem Motto "Next Stage" weiter. Ein neues Sparvolumen wollte er nicht nennen.
In diesem Jahr soll der operative Gewinn nicht nur bei Mercedes-Benz Cars, sondern auch im Lkw- und Transporter-Geschäft deutlich zulegen. Experten verstehen darunter ein Plus von rund zehn Prozent. Auch Absatz und Umsatz sollen deutlich steigen, was einen Zuwachs von fünf Prozent bedeutet. 2014 setzte Daimler knapp 130 Milliarden Euro um, ein Plus von zehn Prozent. Der Absatz aller Pkw, Vans, Transporter, Lastwagen und Busse kletterte auf einen neuen Höchstwert von 2,5 Millionen Fahrzeugen. Das Konzernergebnis ging hingegen um 16 Prozent zurück auf 7,29 Milliarden Euro, da im Vorjahr über drei Milliarden Euro Sondergewinn aus dem Verkauf von Anteilen an Airbus (ehemals EADS) angefallen waren.
Auf Fragen nach seinem Verbleib an der Konzernspitze nach Ende seines Vertrags 2016 blieb Zetsche schmallippig. Das Thema habe derzeit keine Relevanz, sagte er. Als wahrscheinlich gilt, dass der 61-Jährige erneut verlängert und bis 2019 das Steuer in der Hand hält. DWS-Analyst Bauknecht sagte, es sei besser wenn Zetsche das Zepter dann abgibt und schon zu Beginn des kommenden Jahres ein Nachfolge-Duo installiert: "Es heißt doch, man soll gehen, wenn es am schönsten ist."
Reuters