Keine Frage, Daimler-Chef Ola Källenius steht vor großen Herausforderungen. Handelsstreit, Abgasskandal, alternative Antriebe, autonomes Fahren und verstärkte Konkurrenz aus Asien - für die Autohersteller bleibt das Umfeld in den kommenden Jahren schwierig. In den Kursen ist dies aber zum Großteil bereits eingepreist, was zählt ist der Blick in die Zukunft. Enorme Investitionen sind notwendig, die sich negativ auf die Marge auswirken. Entscheidend ist daher die Frage, mit welchen Strategien die Hersteller versuchen, als Gewinner hervorzugehen.
Kein Platz für Enttäuschungen
Auf dem jüngsten Kapitalmarkttag präsentierte Daimler die Marschroute für die nächsten Jahre. Um der schwachen Margenentwicklung entgegenzuwirken, wird ein umfassendes Ergebnisverbesserungs-Programm implementiert. So werden die Personalkosten um mehr als eine Mrd. Euro gesenkt, die Investitionen in Sachanlagen und Forschung und Entwicklung auf dem Niveau von 2019 gedeckelt. Seit dem 1. November greift eine neue Unternehmensstruktur, die Daimler AG fungiert nun als Dachgesellschaft mit drei operativen Töchtern. Das Geschäftsfeld Mercedes Benz Cars & Vans soll 2020 eine Rendite von mindestens vier Prozent und 2022 von mindestens sechs Prozent liefern. Bereits im Vorfeld des Kapitalmarkttages waren die Konsenserwartungen deutlich gesunken, die Messlatte liegt tief.
Entscheidend ist nun, dass Källenius 2020 nicht weitere Senkungen melden muss. Wird der Ausblick eingehalten, steigt auch wieder das Vertrauen mittelfristiger Investoren. Allerdings liegen auch viele Einflussfaktoren wie der Zollstreit und strengere Emissionsvorgaben außerhalb des Einflussbereichs von Daimler. Nur wenn sich das gesamte Umfeld aufhellt, dürften auch die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen richtig Freude bereiten.
Starker Schlussspurt auch 2019?
Kurzfristig spielen hingegen die Markttechnik und saisonale Effekte eine wichtige Rolle. Grundsätzlich zählt der Dezember an den Aktienmärkten zu den guten Monaten, die Jahresendrally wirkt sich positiv aus. Aber nicht alle Aktien profitieren, wie eine Analyse des Statistik-Magazins Index Radar zeigt. Für die vergangenen 20 Jahren weist die Fresenius-Aktie in der Hälfte der Fälle eine positive Dezember-Bilanz auf, obwohl der Kurs von 2002 bis 2017 fast wie an der Schnur gezogen nach oben gelaufen ist. Hingegen pendeln die Papiere von Daimler seit zwei Jahrzehnten in weiten Schwüngen nur seitwärts, die Dezember-Erfolgswahrscheinlichkeit liegt aber bei 80 Prozent. Keine andere DAX-Aktie legte im Zeitraum ab 1999 häufiger in den letzten vier Wochen des Jahres zu, wie die Tabelle verdeutlicht. Im Durchschnitt kletterte der Kurs um knapp drei Prozent.
Rücksetzer kaufen
In den vergangenen Wochen ist die Relative Stärke der Autoaktien gestiegen, der europäische Branchenindex wurde gekauft. Vorerst dürften hier aber nur kurzfristige Akteure aktiv sein, die schnell wieder aussteigen, wenn die Stimmung kippt. Technisch ist die Daimler-Aktie im Bereich um 50 Euro gut unterstützt. Neben einer horizontalen Wendezone verlaufen hier der 200-Tage-Mittelwert (violett) sowie die Grenze des Vorhersagekanals (blau). Rücksetzer an die runde Schwelle bieten sich zum Einstieg an und können eng abgesichert werden, was sich positiv auf das Chance-Risiko-Verhältnis auswirkt. Ein Zielbereich liegt um 54 Euro, darüber würde sich weiteres Potenzial bis 60 Euro eröffnen.
Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast bei n-tv und dem Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse.
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