Ferdinand Piëch und Volkswagen - das Thema hat in den vergangenen Wochen nicht nur für Schlagzeilen gesorgt. Die Abkehr des 78-jährigen Patriarchen von Vorstandschef Martin Winterkorn hat den Börsenwert des Unternehmens um ein Zehntel gemindert. Nach Piëchs Rückzug aus dem Aufsichtsrat legte der Kurs wieder deutlich zu. Wovon Piëch als Anteilseigner profitierte: Er verfügt über rund 27 Prozent der Aktien im Gegenwert von 21 Milliarden Euro. Ohne ihn läuft also auch weiterhin nichts bei Europas größtem Autokonzern. Es sei denn, er verkauft seine Anteile, was Branchenkenner für möglich halten.

Ungeachtet der internen Querelen haben die Analysten von Warburg Research das Kursziel für die VW-Aktie von 265 auf 285 Euro angehoben. Piëch hin, VW her, Deutschlands Autobauer haben einen Lauf. Egal ob Detroit, Genf oder Frankfurt, beim Schaulaufen der Autokonzerne auf den internationalen Messen schart sich das Publikum vor allem um die deutschen Hersteller. In Sachen Technik, Design und Komfort setzen BMW & Co die Maßstäbe für die ganze Welt.



Die Begeisterung um die deutschen Marken lässt sich auch in den Absatzstatistiken ablesen. Während der Weltmarkt im vergangenen Jahr um etwas mehr als drei Prozent zulegte, drückten insbesondere die deutschen Premiumhersteller aufs Gaspedal. Mercedes-Benz und die VW-Tochter Audi wiesen prozentual zweistellige Wachstumsraten auf, BMW steigerte seine Verkäufe immerhin noch überproportional um 7,9 Prozent. In absoluten Zahlen setzten sich die Bayern mit 2,1 Millionen Neuzulassungen aber die Premiumkrone auf. Bei den Volumenherstellern hat VW die Nase vorn. Weltweit gelang es nur den Wolfsburgern und Toyota, die Absatzmarke von zehn Millionen Autos zu übertreffen.



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Mobilität im Vordergrund

Es geht aber längst nicht mehr nur um die Karosse an sich, Mobilität ist das zentrale Thema. Dazu zählen neue Antriebe wie E-Motoren, aber auch das vernetzte Fahrzeug, das immer mehr zum Wohnraum und Arbeitsplatz mutiert. An all diesen neuen Konsumentenbedürfnissen wird in München, Stuttgart und Wolfsburg gleichermaßen emsig gebastelt. BMW hat 2014 bereits 17 000 seiner Elektroflitzer i3 und i8 abgesetzt. Daimler widmet sich dagegen verstärkt dem selbstständigen Fahren. "Ab 2020 werden wir serienreife Fahrzeuge haben, die sich autonom auf Autobahnen bewegen", prognostiziert der Leiter Autonomes Fahren beim Konzern, Ralf Herrtwich. Und VW forscht unter anderem an dem Zusammenspiel von intelligenter Straße, innovativem Verkehrsmanagement und neuer Fahrzeugtechnik.

Apropos Innovationen. Die ehrgeizige Branche investiert kontinuierlich mehr in Forschung und Entwicklung (F & E). Allein in den vergangenen vier Jahren haben sich die Ausgaben der Autohersteller und ihrer Zulieferer in diesem Bereich nach Untersuchungen des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft von 20 auf rund 30 Milliarden Euro gesteigert. Dabei konzentriert sich das größte Know-how stark auf Deutschland, wo derzeit 56 Prozent aller weltweiten F & E-Aktivitäten durchgeführt werden.

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Automärkte auf Wachstumskurs

Doch nicht nur technische Neuerungen sind entscheidend, es kommt auch darauf an, auf den weltweiten Wachstumsmärkten zu punkten. Nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) könnten allein in China im Jahr 2019 rund 27,7 Millionen Neuwagen verkauft werden - im laufenden Jahr werden es voraussichtlich 18,1 Millionen sein. Die deutschen Autobauer haben das längst erkannt und schrauben ihre Produktionskapazitäten im Reich der Mitte stetig empor. Nach Berechnungen von PwC werden sie bis 2021 rund 30 Prozent ihrer Fahrzeuge in China fertigen - eine Steigerung von 50 Prozent in nur zehn Jahren. Die Premiummarken Audi, BMW und Mercedes-Benz schlagen ein noch höheres Tempo an: Zwischen 2011 und 2021 bauen sie ihre Produktion in China um über das Doppelte aus. Aber auch jenseits der Emerging Markets ist Wachstum in Sicht. Für den europäischen Markt schätzen die PwC-Experten einen Zuwachs von 12,1 Millionen Pkw 2013 auf 14,9 Millionen im Jahr 2019, in den USA dürfte der Absatz im gleichen Zeitraum von 15,4 Millionen auf 16,7 Millionen zulegen.



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Der Konkurrenz enteilt

Ideale Rahmenbedingungen also für die deutschen Hersteller, um weiterhin Vollgas zu geben. Wie es geht, zeigt Premiumkönig BMW. 2014 glänzte der Konzern mit neuen Bestmarken. Ein Trend, der noch längst nicht am Ende ist. "Dem fünften Rekordjahr dürfte mit ziemlicher Sicherheit auch das sechste folgen", zeigt sich Frank Schwope, Auto-Analyst der Nord/LB, zuversichtlich. Der bereits gemeldete Absatzrekord im ersten Quartal mit einem Plus von 8,1 Prozent untermauert diese These.



Auch Umsatz und Gewinn enwickeln sich weiter prächtig, wie die am Mittwoch veröffentlichten Zahlen zeigen. Damit übergibt BMW-Chef Norbert Reithofer Zepter mit einer Rekordbilanz. Der Generationenwechsel an der Konzernspitze findet am 12. Mai statt, dann übernimmt der erst 49-jährige Harald Krüger die Spitze. "Der Wechsel des Vorstandsvorsitzenden ist unter dem Aspekt der Zukunftsthemen neue Antriebstechnologien und Fahrzeug-Vernetzung zu sehen", sagt Analyst Schwope. BMW dürfte aber auch das aktuelle Geschäft auf Touren halten. "Der Konzern wird gewillt sein, gerade im Jahr des 100-jährigen Jubiläums 2016 mit hervorragenden Zahlen zu glänzen", meint der Nord/LB-Experte.

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Kampfansage aus Stuttgart

Schließlich gilt es für die Münchner auch, die Konkurrenz auf Abstand zu halten. Audi und Daimler beanspruchen bis spätestens 2020 ebenfalls die Oberherrschaft im Premiumsegment für sich. Fahrt aufgenommen hat zuletzt vor allem die Marke aus dem Schwabenland. Nicht nur im Gesamtjahr 2014 legte der Absatz von Mercedes-Benz schneller zu als bei BMW, auch im ersten Quartal des laufenden Jahres verzeichneten die Autobauer mit dem Stern ein höheres Wachstum. Commerzbank- Analyst Daniel Schwarz rechnet aufgrund der guten Absatzzahlen damit, dass Daimler die Konsenserwartungen übertreffen wird und bekräftigte jüngst sein "Buy"-Rating. Während die Commerzbank dem DAX-Titel Kurspotenzial bis 93 Euro einräumt, hat die US-Investmentbank Goldman Sachs ihr Kursziel sogar auf 110 Euro angehoben und die Aktie auf die viel beachtete "Conviction Buy List" gesetzt.



Ein Blick in die Bilanz zeigt, dass die Stuttgarter auf einem guten Weg sind. "Daimler ist es bereits im vergangenen Jahr gelungen, die Ertragskraft deutlich zu steigern", sagt Fondsmanager Andreas Humpe von Schleber Finanz-Consult. Die operative Marge kletterte 2014 spürbar von 6,2 auf 8,0 Prozent, liegt damit aber immer noch deutlich hinter jener von BMW mit 9,6 Prozent zurück. "Der Trend zeigt klar in die richtige Richtung", so Humpe. Um das Tempo hoch zu halten, hübscht Daimler stetig seine Modellpalette auf. Allein innerhalb der ersten sieben Monate dieses Jahres sollen vier komplett neue Linien eingeführt werden.



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Personalrochade in Wolfsburg

Bei VW sollte die Aufmerksamkeit nun langsam wieder weg vom Personal und zurück auf das operative Geschäft gehen. Folglich bietet die jüngste Rückw.rtsfahrt eine perfekte Einstiegsgelegenheit. Operativ zeigt sich beim zweitgrößten Autobauer der Welt nämlich ein positives Bild. Vor allem bei den Premiumtöchtern Audi und Porsche geht es steil bergauf. Die Kernmarke Volkswagen kämpft zwar noch mit einigen Baustellen, was dazu führte, dass sich die operative Rendite 2014 von 2,9 auf 2,5 Prozent reduzierte. Konzernweit verbesserte sich die Marge aber dank der beiden profitablen Töchter auf 6,3 Prozent. Mit Effizienzsteigerungen und neuen Modellen soll auch die Marke VW wieder zum Glänzen gebracht werden. Laut der "Strategie 2018" ist das Ziel klar definiert: In drei Jahren soll der Konzern eine operative Marge von acht Prozent erwirtschaften.



Aber nicht nur mit der VW-Aktie lässt sich auf bessere Zeiten der Wolfsburger spekulieren, Anleger können dies auch über die Tochter Porsche tun. Das Unternehmen besitzt nämlich die Hälfte der Volkswagen-Stammaktien plus ein Barvermögen von rund zehn Euro pro Anteilschein. Rein rechnerisch kommt auf zwei Porsche-Aktien eine VW-Stammaktie, folglich liegt der innere Wert von Porsche mit rund 129 Euro deutlich über dem aktuellen Kurs von rund 88 Euro. Dieser Discount könnte sich im Lauf der Zeit weiter abbauen.

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Aussichtsreiches Aktienquartett

Aktuell sehen wir in allen vier deutschen Autoaktien eine Kaufchance. Auch wenn BMW und Daimler im laufenden Jahr mit Kurszuwächsen von mehr als einem Viertel bereits nach vorn geprescht sind, muss dies noch nicht das Ende der Aufwärtsfahrt bedeuten. Mit 2016er-KGVs im Bereich von zehn ist das Duo angesichts der erwarteten Gewinnwachstumsraten längst nicht zu teuer.

Gleiches gilt für Volkswagen und damit auch Porsche. Die Wolfsburger möchten nicht nur bei der Profitabilität aufs Gaspedal drücken, auch soll bis zum Jahr 2018 der prestigeträchtige Titel "größter Autobauer der Welt" von Japan nach Niedersachsen wandern.