Den ursprünglichen Jahresausblick kippte Daimler, nachdem das Unternehmen schon Mitte März auf die nicht absehbaren wirtschaftlichen Folgen der Viruspandemie hingewiesen hatte. Die Auswirkungen auf Nachfrage, Lieferketten und Produktion könnten nicht sicher und detailliert eingeschätzt werden. Der Konzern gehe aber davon aus, dass Absatz, Umsatz und operatives Ergebnis in diesem Jahr jeweils unter Vorjahresniveau liegen werden.

Die Autobranche trifft die weltweite Krise hart: Die Produktion musste zuerst im Corona-Ursprungsland China, dem wichtigsten Markt aller deutscher Hersteller, wochenlang stillstehen. In Europa und den USA wurden die Bänder seit der letzten März-Woche angehalten, um die Arbeiter keinem Ansteckungsrisiko auszusetzen und vor allem, weil die Nachfrage eingebrochen ist und die Autohäuser schließen mussten. Vorige Woche hatte bereits Volkswagen seine Jahresprognose gekippt. Der Betriebsgewinn sackte im ersten Quartal auf 900 Millionen Euro im Vergleich zu 4,8 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. VW führte neben Produktionsstopp und fehlender Nachfrage noch Belastungen über 1,3 Milliarden Euro durch Turbulenzen an Rohstoff- und Kapitalmärkten sowie durch Wechselkurse an. Am Donnerstag meldete auch der französische Rivale Renault einen Umsatzeinbruch um fast ein Fünftel.

Nach den vorläufigen Zahlen von Daimler sackte der Betriebsgewinn bei der Pkw-Tochter Mercedes-Benz wie auch im Nutzfahrzeuggeschäft um 55 Prozent ab. Der noch stärkere Rückgang des Konzernergebnisses rührt vom fast völligen Wegschmelzen des Geschäfts der Finanzierungstochter Daimler Mobility her, über die Kredit- und Leasingverträge für die Fahrzeuge laufen. Diese verdiente nur 58 Millionen Euro nach 1,2 Milliarden Euro vor Jahresfrist. Zur Absicherung gegen Kreditausfälle traf sie eine Risikovorsorge von 400 Millionen Euro. Daimler-Chef Ola Källenius will die endgültige Quartalsbilanz am 29. April vorlegen. Vorbörslich notierten die Daimler-Aktien 0,5 Prozent im Plus.

GELD ZUSAMMENHALTEN


Der Ergebnisrückgang in diesem Jahr werde auch die frei verfügbare Liquidität im Industriegeschäfts drücken, erklärte Daimler weiter. Im ersten Quartal verbrannte der Autobauer 2,3 Milliarden Euro. Finanzvorstand Harald Wilhelm hatte bereits Anfang April erklärt, angesichts der Krise habe das Absichern der Liquidität oberste Priorität. Die Nettoliquidität im Industriezweig sank von Januar bis März auf 9,3 von elf Milliarden Euro. Kürzlich sicherte sich das Unternehmen eine Kreditlinie bei Banken über zwölf Milliarden Euro. "Angesichts des Umstands, dass wir umfassende Maßnahmen zum Schutz unseres Barmittelbestands getroffen und unsere finanzielle Flexibilität erhöht haben, sind wir zuversichtlich, für die Zeit während und nach der Krise gut positioniert zu sein", erklärte Daimler.

Tiefe Bremsspuren durch die Corona-Krise hatten sich schon beim Absatz gezeigt: Die Pkw-Tochter Mercedes-Benz verkaufte im ersten Quartal weltweit 15 Prozent weniger, im Lkw-Geschäft brachen 20 Prozent Absatz weg. Nach vier Wochen Zwangspause fährt Daimler seit dieser Woche zunächst in den Komponentenwerken für Mercedes-Pkw und Lastwagen in Europa die Produktion in kleinem Umfang wieder an. Denn vor allem die schon wieder länger laufenden Werke in China brauchen Teile. Dafür wurden aufwendige Vorkehrungen zum Gesundheitsschutz getroffen, damit die Beschäftigten Abstandsregeln einhalten und sich möglichst wenig begegnen. Ein großer Teil der Mitarbeiter von Automobilbauern und ihren Zulieferern in Deutschland ist allerdings noch in Kurzarbeit.

Der Premiumhersteller hat schon länger mit Gewinnschwund zu kämpfen, denn er muss zig Milliarden in neue Technologien wie Elektroautos und autonomes Fahren stecken. Der Diesel-Abgasskandal brockte den Schwaben Bußgelder und milliardenhohe Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten ein. Der Absatz leidet seit bald zwei Jahren unter dem Handelsstreit zwischen den USA und China. Außerdem kamen Produktionspannen und der Flopp eines Luxus-Pickups den Autobauer teuer zu stehen. So war im vergangenen Jahr das operative Ergebnis wegen etlicher Sondereffekte um 60 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro gesunken. Vor dem Ausbruch von Corona hatten die Schwaben für 2020 eine deutliche Steigerung des Ebit in Aussicht gestellt, obwohl der Absatz leicht sinken und der Umsatz stagnieren sollte. Mit dem im November angekündigten Sparprogramm will Daimler die Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro drücken, indem mehr als 10.000 Beschäftigte freiwillig ausscheiden sollten.

rtr