Der Dax ist in der Vorwoche kurzzeitig auf Notierungen von unter 15.000 Punkten abgerutscht. Doch bis zum Wochenende war dieser Rückschlag wieder ausgebügelt. Bei einem am Freitag gültigen Schlussstand von 15.399,65 Zählern notiert der deutsche Leitindex nur noch rund 60 Punkte entfernt vom bisherigen Schlussrekordhoch.
Beim STOXX Europe 600 Index reichte es zum Wochenausklang ebenso wie beim S&P 500 Index in den USA sogar erneut zu neuen Bestmarken. Das heißt, charttechnisch gesehen sind die Aufwärtstrends bei führenden Aktienindizes weltweit völlig intakt.
Vor dem Hintergrund der Alternativlosigkeit und der Erwartung einer näher rückenden konjunkturellen Erholung bleibt auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) auf mittlere bis längere Sicht weiter konstruktiv für Risiko-Assets wie Aktien und Unternehmensanleihen gestimmt.
Lobend Erwähnung findet bei den dortigen Analysten auch der bisherige Verlauf der Berichtsaison. Denn die Unternehmen hätten im Schnitt überzeugende Ergebnisse präsentiert. Der positive Gewinntrend sei somit offenbar weiterhin intakt.
Allerdings würden gleichzeitig auch die Bewertungen zunehmend kritisch hinterfragt. Der vorherrschende Anlagenotstand steht zwar weiterhin im Vordergrund, aber die Tapering- und Inflationssorgen nähmen zu. Als Störfeuer fungiere auch der bestehende Halbleiter-Engpass. Einflussfaktoren wie diese machten die Anleger zusehends auch nervös.
Das ändert aber nichts daran, dass man bei der LBBW den DAX zum Jahresende 2021 bei 16.000 Punkten sieht und zur Mitte des kommenden Jahres dann bei 16.500 Punkten. Diesem Hauptszenario billigt man eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 65 Prozent zu.
Das optimistische Szenario mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 20 Prozent hält sogar einen DAX-Anstieg auf 19.000 Punkte bis Mitte 2021 für möglich. Im Risikoszenario schließt man allerdings bis zum genannten Stichtag auch einen DAX-Rückfall bis auf 12.500 Zähler nicht aus, wobei man hier die Eintrittswahrscheinlichkeit mit15 Prozent angibt.
Von einigen ausgewählten DAX-Aktien sind die LBBW-Analysten ganz besonders überzeugt. Wir stellen nachfolgend fünf Vertreter aus dem deutschen Leitindex vor, bei denen man deutliches Kurspotenzial von bis zu 33 Prozent wittert.
Vonovia-Aktie
Die LBBW hat die Kaufempfehlung für die Aktien des Immobilienkonzerns Vonovia jüngst bekräftigt. In Reaktion auf neue präsentierte Geschäftszahlen ging es dabei mit dem Kurziel leicht um einen Euro auf 64,00 Euro nach oben. Bei einer Schlussnotiz am Freitag von 51,82 Euro ergibt sich daraus theoretisch bei diesem DAX-Vertreter ein Aufwärtspotenzial von 23,5 Prozent.
Die Dividendenschätzungen für die Jahre 2021 und 2022 betragen 1,77 Euro bzw. 1,89 Euro, nach 1,69 Euro für 2020. Auf Basis dieser Prognosen ergeben sich Renditen von 3,416 Prozent bzw. 3,65 Prozent. Die Vorhersagen zum Gewinn je Aktie bewegen sich für das laufende und für das kommende Jahr bei 2,53 Euro bzw. bei 2,69 Euro. Auf letztgenannter Basis ergibt sich damit ein geschätztes KGV von 19,3.
Allgemein erklärt der zuständige Analyst Jürgen Graf zu seinem Kaufvotum, die Qualität des Geschäftsmodells ist in der aktuellen Unsicherheit weiterhin als sehr hoch einzuschätzen. Die Risiken aus dem Renditeanstieg sieht er als begrenzt an. Da sich der aktuelle bereinigte Net Asset Value auf 63,22 Euro deutlich erhöht hat, sieht Graf auf der Basis einer fundamentalen Bewertung ein signifikantes Kurspotenzial.
Die Gesellschaft habe auch im ersten Quartal 2021 über eine gute operative Entwicklung berichtet. Über alle Kennzahlen hinweg habe das Unternehmen überzeugende Daten geliefert. Auch für das laufende Jahr erwarte der Vorstand ein weiteres Wachstum von Mieteinnahmen, EBITDA sowie dem operativen Gewinn.
Mit einem eigenen Wohnungsbestand von rund 415.000 Einheiten in überwiegend wirtschaftlich prosperierenden Regionen in Europa sei Vonovia hervorragend positioniert, um an dem stabilen und moderat wachsenden Markt überdurchschnittlich zu partizipieren.
Zu den Chancen zählt man Größenvorteile als führender Wohnimmobilienanbieter, ein länger anhaltendes Niedrigzinsumfeld, was die Immobilienbranche begünstige sowie ein sehr stabiler Gesamtmarkt mit Nachfrageüberhang in vielen Regionen. Als Risiken sei dagegen einzustufen, dass die Stimmung gegenüber Wohnungsbauunternehmen kritisch sei, hohe Investitionen wegen stärkerem Klimaschutz notwendig seien und die Zinssensitivität wegen der Refinanzierung der Immobilien hoch sei.
Adidas-Aktie
Sehr deutlich von 300,00 Euro auf 330,00 Euro hat die LBBW am vergangenen Freitag das Kursziel bei den Aktien von Adidas angehoben. Gemessen an der Schlussnotiz vom Freitag von 280,60 Euro lässt diese bei den Anteilsscheinen des Sportartikelherstellers 17,6 Prozent Luft nach oben. Nach oben ging es zum Ende der Vorwoche auch mit dem Anlageurteil und zwar von Halten auf Kaufen.
Für die virtuelle Hauptversammlung am 12. Mai 2021 lautet der Dividendenvorschlag 3,00 Euro je Aktie. Die LBBW rechnet für das laufende und für das kommende Geschäftsjahr mit Zahlungen von 3,60 Euro bzw. von 4,20 Euro je Anteilsschein. Die Schätzungen zum Gewinn je Aktie für 2021 und 2022 betragen 7,73Euro und 10,00 Euro, nach 2,15 Euro im Vorjahr. Das heißt, auf letztgenannter Basis beträgt das geschätzte KGV gut 28.
Damit ist der Titel aus der Sicht von Analyst Gerold Deppisch verglichen mit der Konkurrenz, die auf ein geschätztes KGV von im Schnitt 34 kommt, attraktiv bewertet. Außerdem setzt er darauf, dass sich der positive Nachrichtenfluss insbesondere im zweiten Halbjahr fortsetzt.
Das Unternehmen habe den Umsatzausblick angehoben und erwarte nun ein währungsbereinigtes Wachstum im hohen Zehnprozentbereich (zuvor mittlerer bis hoher Zehnprozentbereich). Für das zweite Quartal werde ein währungsbereinigter Umsatzanstieg von rund 50 Prozent in Aussicht gestellt. Die Brutto¬ und die operative Marge soll im Gesamtjahr weiterhin bei rund 50 Prozent (Vorjahr: 52 Prozent) bzw. neun bis zehn Prozent (Vorjahr 4,0 Prozent) liegen.
Der Trend hin zu einem wachsenden Gesundheitsbewusstsein und stärkerer sportlicher Betätigung scheine ungebrochen und auch mit der neue Produktkategorie Athleisure dürfte das Unternehmen den Nerv der Zeit treffen. Der Start des neuen Strategieplans "Own the Game" scheine damit gelungen zu sein.
Hierzu zähle auch der Ausbau des Direktgeschäfts mit Kunden über eigene stationäre Läden oder den E-¬Commerce. Der Verkauf von Reebok werde voraussichtlich im laufenden Jahr noch zusätzliche Kosten von 200 Millionen Euro erzeugen und solle bis zum Jahresende abgeschlossen sein.
Siemens Energy-Aktie
In der Vorwoche hat die LBBW Kaufempfehlung und Kursziel zu den Aktien von Siemens Energy bekräftigt. Die Zielvorgabe beträgt dabei unverändert 35,00 Euro. Das heißt, verglichen mit dem Schlusskurs von 26,23 Euro am Freitag traut man dem im DAX enthaltenen Energietechnikkonzern einen Anstieg von 33,4 Prozent zu.
Für das Geschäftsjahr 2019/20 gab es keine Dividendenausschüttung. Für die Jahre 2020/21 und 2021/22 rechnet der zuständige Analyst Volker Stoll aber mit Zahlungen von 0,23 Euro und 0,52 Euro je Aktie. Daraus ergeben sich Dividendenrenditen von 0,88 Prozent und 1,98 Prozent. Die Prognosen zum Ergebnis je Aktie sehen nach einem Verlust im Vorjahr von ¬2,91 für das laufende und für das kommende Geschäftsjahr Werte von 0,54 Euro bzw. von 1,05 Euro vor. Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von rund 25. Allerdings weist man darauf hin, dass Gewinnprognosen und damit Kursziele aktuell mit hohen Unsicherheiten behaftet seien.
Siemens Energy sei einerseits in der fossilen Energieerzeugung positioniert und andererseits aber auch Vorreiter bei erneuerbaren Energielösungen. Die Technologien seien stets führend gewesen. Der Umbruch der Energiesysteme in eine CO2-freie-Zukunft werfe bereits lange seine Schatten. Im Rahmen mittelfristig verstärkter Investitionen in das Energiesystem dürfte eine Ertragstrendwende vollzogen werden.
Deutlich kostengünstigere Energie vor allem bei Offshore-Windturbinen, aber auch ein zwischenzeitlich verstärkter Ausbau der Energieinfrastruktur bei zugleich optimierter Kostenstruktur lasse nun steigende Erträge erwarten. Stoll schätzt für dieses Jahr deutlich anwachsende Auftragseingänge und eine allmählich von niedrigem Niveau anziehende Profitabilität.
Siemens Energy dürfte basierend auf einer guten Bonität in der Lage sein, die Dividende mittelfristig zu steigern, ohne die Handlungsfähigkeit zu beeinträchtigen. In Folge der zunehmenden Bedeutung von Strom als Energieträger und des Umbaus auf eine CO2-¬freie Stromproduktion erwartet die LBBW, dass die seit mehrjährig stagnierende und in Teilen schrumpfende Energietechnik sich nun vor einer längerfristigen Expansionsphase befindet.
Infineon-Aktie
Bei den Aktien von Infineon hat die LBBW zum Ende der Vorwoche das Kursziel von 37,50 Euro ebenso bekräftigt wie eine bestehende Kaufempfehlung. Da die Anteilsscheine des Halbleiterherstellers und DAX-Konzerns am Freitag mit 32,50 Euro aus dem Handel gingen, winkt damit ein Plus von gut 15 Prozent für den Fall, dass die Rechnung aufgeht.
Den Gewinn je Aktie sieht der verantwortliche Analyst Thomas Hofmann in diesem Jahr bei 1,05 Euro und im kommenden Jahr bei 1,18 Euro je Aktie, nachdem im Vorjahr 0,29 Euro herausgesprungen sind. Das geschätzte KGV für das nächste Jahr beträgt somit 27,5. Bei der Dividende kalkuliert er für die Geschäftsjahre 2021 und 2022 mit Zahlungen von 0,31 Euro bzw. von 0,35 Euro, nach 0,22 Euro für 2020.
Mit spezifischen Lösungen für die Automobilindustrie, industrielle und konsumnahe Anwendungen sowie Sicherheitslösungen gehöre der Münchener Konzern jeweils zu den Top--Playern in dem jeweiligen Segment. Damit profitiere das Unternehmen von dem anhaltenden Trend eines stetig steigenden Halbleiteranteils bei den verschiedensten Produkten/Anwendungen. Zu nennen seien hier unter anderem Industrie 4.0, Autonomes Fahren oder die allgemein steigende Digitalisierung. Positiv zu werten sei die Stellung als Marktführer bei Leistungshalbleitern sowie eine diversifizierte Abnehmerstruktur.
Die Coronavirus-¬Pandemie beeinträchtige zwar temporär die Geschäftsentwicklung von Infineon, mit Blick auf die jüngsten Quartalszahlen scheine diese Beeinträchtigung allerdings überwunden zu sein. So seien der Umsatz im zweiten Quartal 2020/2021 im Jahresvergleich um 36 Prozent (+2,6 Prozent im Quartalsvergleich) und das operative (Segment¬-)Ergebnis sogar um 71,5 Prozent (¬3,9 Prozent im Quartalsvergleich) gestiegen.
Für das Gesamtjahr sei das Management optimistisch, Umsatz und Ergebnis deutlich steigern zu können und die Verantwortlichen hätten die Annahmen bezüglich Umsatz, operativer Marge, Free Cashflow nochmals nach oben geschraubt. Für 2020/2021 rechne das Management konkret mit einem Umsatz von etwa elf Milliarden Euro (bisher 10,8 Milliarden Euro) und einer Segmentergebnis-¬Marge von 18 Prozent (bisher 17,5 Prozent ). Der Optimismus spiegele sich darüber hinaus auch in einem hohen, geplanten Investitionsvolumen (1,6 Milliarden Euro) und einem erwarteten freien Cashflow von 1,2 Milliarden Euro nach bisher 800 Millionen Euro wider.
Daimler-Aktie
Bei den Aktien von Daimler hat die LBBW einen Kauf-Tipp mit einem Kursziel von 92,00 Euro versehen. Da das DAX-Mitglied den Xetra-Handel am Freitag mit 73,41 Euro beendete, erhofft man sich somit ein Kursplus von 25,3 Prozent bei dem führenden Hersteller von Premium¬-Personenwagen, der gleichzeitig auch der weltgrößte Nutzfahrzeughersteller ist.
Hinzu kommen auch noch Dividendenzahlungen. Die Kalkulation in Sachen Ausschüttung für die Geschäftsjahre 2021 und 2022 betragen 4,00 Euro und 4,30 Euro je Aktie, nach 1,35 Euro für 2020. Folglich winken Renditen von 5,45 Prozent bzw. von 5,86 Prozent. Den Gewinn je Aktie sieht die LBBW im laufenden Jahr bei 10,44 Euro und im kommenden Jahr bei 10,77 Euro, nach 3,39 Euro im Vorjahr. Für 2022 errechnet sich daraus ein geschätztes KGV von 6,82.
Mit der vollständigen Berichterstattung habe Daimler die Eckdaten für das erste Quartal 2021 bestätigt, welche bereits am 16.4. vorab genannt worden seien. Neu ist laut dem zuständigen Analysten Frank Biller vor allem die Anhebung des Ausblicks gewesen, was jedoch nicht ganz überrascht habe.
Im abgelaufenen Quartal habe das Unternehmen einen Umsatz von 41,0 Milliarden Euro (+10,2 Prozent) und ein angepasstes EBIT von 5,0 Milliarden Euro (Vorjahr: 0,7 Milliarden Euro) erzielt, welches deutlich über den Markterwartungen (Konsens 4,0 Milliarden Euro) gelegen habe. Positiv entwickelt habe sich das chinesische Joint Venture BBAC mit einem At-¬equity-Ergebnis von 483 Millionen Euro (Vorjahr: 222 Millionen Euro).
Angesichts der guten ersten Quartals sowie einer erwarteten Fortsetzung der starken Fahrzeugnachfrage in Verbindung mit stabilen Preisen bei Neufahrzeugen und Gebrauchtwagen, habe die Gesellschaft wie bereits erwähnt den Ausblick erhöht. Für das Segment Mercedes¬-Benz Cars & Vans werde nun eine operative Marge von zehn bis zwölf Prozent (bisher acht bis zehn Prozent) und bei Daimler Mobility eine Eigenkapitalrendite von 14-¬15 Prozent (bisher 12-¬13 Prozent) angestrebt. Unverändert geblieben sei die Prognose für Daimler Trucks & Buses mit einer operativen Marge von 5¬6 Prozent, wobei diese eher am oberen Rand erreicht werden dürfte.
Chancen sieht Biller für Daimler im starken Markenimage von Mercedes-¬Benz, in technologisch führenden E-Fahrzeugen (z.B. neuer EQS) und in einer Neubewertung durch einen Börsengang der Truck¬-Sparte. Als Risiken seien dagegen Strafzahlungen durch zu hohe CO2¬-Emissionen, die aktuelle Knappheit an Halbleiter-¬Bauteilen und Einschränkungen aufgrund von COVID-¬19 einzustufen.
Hinweis: Bei den Anlageurteilen zu den besprochenen Aktien handelt es sich um Empfehlungen des zitierten Research-Instituts. Deren Meinung kann, aber muss sich nicht mit den jeweiligen Einschätzungen der BÖRSE ONLINE-Redaktion decken.