Angesichts des Absturzes am deutschen Aktienmarkt scheint nur noch Ironie zu helfen: "Wenn der Kursverfall an den Börsen so weitergeht, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei Daimler bald niedriger als die Dividendenrendite", fasst ein Händler auf dem Frankfurter Parkett die prekäre Lage zusammen. In der Tat steht bei der Daimler-Aktie einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 6,6 für das Jahr 2017 eine Dividendenrendite von 5,5 Prozent gegenüber. Ein derart krasses Missverhältnis ist höchst selten.

Nicht nur die Daimler-Aktie fällt wie ein Stein, es geht auf breiter Front nach unten. Mit einem Minus von bis zu 19 Prozent erwischte der DAX den schlechtesten Jahresstart seit 2008. Gründe dafür gibt es zuhauf, etwa den drastischen Verfall der Ölpreise, der die Angst vor Pleiten im Energiesektor schürt. Dadurch drohen auch der Bankbranche neue Risiken. Denn viele Öl- und Gaskonzere haben ihre Investitionen über Anleihen finanziert, die auch von Banken gekauft wurden. Hinzu kommen die Sorgen um die Konjunktur in China und anderen Schwellenländern sowie Unsicherheit über den weiteren geldpolitischen Kurs der US-Notenbank und Anzeichen für ein Wiederaufflammen der Eurokrise.

Die Börsen haben jedoch bereits einen großen Teil der Belastungsfaktoren vorweggenommen. Für eine Übertreibungsphase nach unten spricht, dass von einer Abkühlung der Weltwirtschaft kaum etwas zu spüren ist. Im Gegenteil: Die US-Jobmaschine läuft auf Hochtouren, der deutsche Export hangelt sich von einem Rekord zum nächsten, und viele Unternehmen - wie etwa Daimler - berichten von florierenden Geschäften - gerade in China.

Freilich können Anleger in solch nervösen Zeiten dem Markt fernbleiben. Dann verschließen sie sich aber Chancen auf Kursgewinne, wenn sich die Lage beruhigt und der Markt wieder nach oben dreht. Eine baldige Erholungsrally ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Denn noch ist es keineswegs ausgemachte Sache, dass das Desaster um den Ölpreis, China und Co. tatsächlich so stark auf die Konjunktur durchschlägt, wie es derzeit viele Marktbeobachter befürchten. Auf der Suche nach Anzeichen für das Erreichen eines möglichen Wendepunktes des DAX helfen fundamentale Kennziffern. Allerdings ist das KGV, wie das Beispiel Daimler zeigt, in unsicheren Börsenphasen nur bedingt aussagekräftig, da die Kennziffer auf Schätzungen von künftigen Gewinnen der Unternehmen beruhen. Geeigneter ist die Buchwertmethode: Der Buchwert gibt Aufschluss darüber, wie viel Substanz in Form von Eigenkapital in einem Unternehmen steckt. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) stellt die Relation zur Börsenbewertung her und gibt an, welcher Anteil dieser Werthaltigkeit durch die Marktkapitalisierung abgedeckt ist.

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Buchwert bildet "natürlichen" Boden



Vereinfacht ausgedrückt liegt eine günstige Bewertung dann vor, wenn ein Index wie der DAX mit einem Buchwert von eins bewertet ist. Diese Marke stellte in den Crashjahren 2003 und 2009 markante Wendepunkte dar. Aktuell - Stand Mitte Februar - liegt der DAX-Buchwert bei rund 6500 Punkten. Um einen Rutsch auf dieses Niveau auszulösen, müsste jedoch eine neue Weltwirtschaftskrise heraufziehen, was eher unwahrscheinlich ist. Denkbar ist maximal ein Szenario wie 2011, als es unter dem Eindruck der griechischen Schuldenkrise zwar zu einem Ausverkauf kam, der Markt sich anschließend aber wieder erholte. Damals fand der DAX bei 5367 Punkten beziehungsweise einem KBV von rund 1,15 den Boden. Das würde heute einem Indexstand von 7500 Zählern entsprechen.

In Bezug auf Einzelaktien lassen sich anhand des KBV gute Aussagen treffen. Zur Ermittlung der Kennziffer wird in der Regel der letzte verfügbare Geschäftsbericht eines Unternehmens herangezogen - Daten also, die zwar von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt, mitunter aber schon relativ alt sind. Ein Blick in die aktuellsten Quartalsberichte und Unternehmensmeldungen ist daher unerlässlich, da er verrät, ob Abschreibungen, Wertminderungen oder Verluste am Eigenkapital gezehrt haben.

Unter Beachtung solcher und weiterer Regeln haben wir mit der Buchwertmethode sechs interessante Kaufkandidaten ausfindig gemacht, bei denen die Kurse derart niedrige Niveaus erreicht haben, dass Anleger einsteigen können, ohne allzu große Risiken einzugehen. Der Sechserpack ist sowohl auf Basis des aktuellen KBVs als auch im Vergleich mit den historischen Werten äußerst günstig bewertet.

Zudem stellen wir Ihnen sechs weitere Aktien für die Beobachtungsliste vor, bei denen Abstauberlimits sinnvoll sein könnten, darunter auch Daimler.

Auf Seite 3: K+S





K+S: DAX-Rauswurf als Kaufchance



Noch immer leidet die K+S-Aktie unter den Nachwehen der gescheiterten Übernahme durch den Konkurrenten Potash. Zur Erinnerung: Im Juni 2015 hatten die Kanadier eine milliardenschwere Übernahmeofferte für den deutschen Düngemittelproduzenten angekündigt. Doch die Offerte scheiterte am Widerstand des K+S-Managements. Seitdem ist der Aktienkurs nahezu im freien Fall. Begleitet wurde der Absturz von sinkenden Kalipreisen, die die Angst vor einem Gewinneinbruch geschürt haben. Aufgrund der schwachen Kursentwicklung droht dem Konzern im März sogar der DAX-Rauswurf. Dass der Abstieg in den MDAX nicht unbedingt weitere Kursverluste bedeuten muss, zeigt das Beispiel Lanxess. Die Aktie des Chemiekonzerns hat sich nach dem Abschied aus dem DAX im September vergangenen Jahres zunächst gut entwickelt, ehe der Kurs ein Opfer der allgemeinen Marktschwäche wurde. Tiefer kann es bei K+S jedenfalls kaum noch gehen. Das KBV ist unter eins abgetaucht. So günstig war der Titel nicht einmal zu den jeweiligen Crash-Tiefpunkten in den Jahren 2003 und 2009 zu haben. Für Fantasie sorgen Pläne, die US-Tochter Morton Salt in den USA teilweise an die Börse zu bringen. Dieser Schritt könnte Werte freisetzen.



Auf Seite 4: Lanxess





Lanxess: Test des Tiefs steht bevor



Für die Lanxess-Aktie wird es allmählich spannend: Mit großen Schritten nähert sich der Titel dem Tiefpunkt des Jahres 2015 bei rund 33,50 Euro. Beim Blick auf den Chart fällt auf, dass sich der Titel damals nur ganz kurz in diesen Kursregionen aufgehalten hat, ehe eine stürmische Gegenbewegung einsetzte. Auch dieses Mal ist eine Erholung überfällig, denn der Kursverfall mutet übertrieben an. Ein Blick auf den Buchwert verrät, dass der Chemiekonzern über ein Eigenkapital von 23,80 Euro je Aktie verfügt. In den vergangenen zehn Jahren war die Lanxess-Aktie im Schnitt etwa mit dem Dreifachen dessen bewertet. Legt man diesen Maßstab zugrunde, müsste der Kurs nun jenseits der 70 Euro-Marke stehen. Aktuell liegt das KBV mit gut 1,5 sogar noch ein kleines Stück unterhalb des Niveaus zu Zeiten des 2011er-Crashs. Entsprechend groß ist das Aufholpotenzial, sobald die Konjunkturängste nachlassen und die Märkte zu einer Gegenbewegung ansetzen. Fundamental ist Lanxess bestens positioniert. Erst recht, seit sich der Konzern durch den Verkauf des Geschäfts mit Kunstkautschuk eines Problemfelds entledigt hat. Dadurch baute Lanxess auch den Schuldenberg ab. Anleger sollten aber risikobereit sein, denn die zyklische Aktie ist schwankungsanfällig.



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Metro: Russland-Sorgen überwiegen noch



Von den Turbulenzen an den weltweiten Finanzmärkten ist auch Metro betroffen. Konkret leidet der Handelskonzern wie kaum ein anderes deutsches Unternehmen unter der Wirtschaftskrise in Russland und dem Kursverfall des Rubel. Vor allem aufgrund von negativen Währungseffekten sank das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im ersten Geschäftsquartal (per Ende Dezember) um gut sieben Prozent auf 828 Millionen Euro. Damit haben die Düsseldorfer die Erwartungen des Marktes verfehlt. Der Umsatz ging um 1,3 Prozent auf 17,1 Milliarden Euro zurück, was neben dem Verkauf von Unternehmensteilen auch am schwachen Rubel lag. Auf gleicher Fläche legten die Erlöse minimal zu. Dass es nicht noch schlimmer kam, ist dem guten Geschäft in Deutschland geschuldet. Mit den Großmärkten Cash & Carry, den Elektronikketten Media Markt und Saturn sowie der Lebensmittelkette Real profitiert Metro vom lebhaften Konsum der deutschen Verbraucher. In Bezug auf die Aktie stehen derzeit noch die Russland-Sorgen im Fokus. Der Kursverfall nimmt beinahe historische Ausmaße an: Gemessen am KBV ist die Aktie des MDAX-Unternehmens um rund ein Fünftel günstiger als im langjährigen Durchschnitt.



Auf Seite 6: Osram





Osram: Anlegervertrauen kehrt zurück



Der im Umbau steckende Lichtspezialist Osram hat im Herbst vergangenen Jahres mit der Ankündigung milliardenschwerer Investitionspläne für eine LED-Chipfabrik in Malaysia für Unruhe und einen Kurssturz der Aktie gesorgt. Doch nun haben sich die Gemüter beruhigt. Bereits vor einigen Wochen ließ das Management durchblicken, dass es im Tagesgeschäft besser läuft als geplant und die Profitabilität sich erfreulich entwickelt. Nun ließ Osram gute Quartalszahlen folgen. Der Umsatz kletterte von Oktober bis Dezember im Vorjahresvergleich um sechs Prozent auf 1,48 Milliarden Euro. Dabei profitierte Osram auch vom schwachen Euro. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (Ebita) stieg um fast ein Sechstel auf 175 Millionen Euro. Die Ebitda-Marge verbesserte sich um einen Prozentpunkt auf 11,8 Prozent. Dank eines Anteilsverkaufs in China fuhr die ehemalige Siemens-Tochter unter dem Strich einen Gewinn von 338 Millionen Euro ein, nach einem umbaubedingten Verlust von 39 Millionen Euro im Vorjahr. Es bedarf wohl noch einiger solcher Quartale, um das Vertrauen am Kapitalmarkt wieder vollends herzustellen. Doch die Bewertung stützt: Das KBV von 1,8 liegt gut 25 Prozent unter dem historischen Mittel.



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Südzucker: Konzern mit gemischtem Bild



Die Aktionäre von Südzucker haben 2013 und 2014 gelitten. Während der Gesamtmarkt von Hoch zu Hoch eilte, war mit dem Titel kein Blumentopf zu gewinnen. Anders 2015: Der Titel avancierte zum Turnaround-Kandidaten und bescherte seinen Anteilseignern satte Kursgewinne. Anfang 2016 ist davon nicht mehr viel zu spüren. Der Titel ist beinahe wieder auf das Ausgangsniveau der Rally zurückgefallen. In diesen Kursregionen könnten Anleger bald wieder zu Wetten auf die Aktie bereit sein, zumal sich die Börsianer an Meldungen über die laufenden Schadenersatzprozesse im Zusammenhang mit den Kartellverfahren inzwischen gewöhnt haben dürften. Die Aktie weist auf Basis des KBVs nicht nur einen gewaltigen Abschlag von fast 50 Prozent zu den langjährigen Durchschnittswerten auf, sondern sie ist sogar günstiger zu haben als zu den Höhepunkten der Crashs in den Jahren 2003 und 2009. Die operative Entwicklung gibt zwar keinen Anlass zu Jubelarien. Immerhin gelang Südzucker in den ersten neun Monaten 2015/16 (per Ende November) ein Gewinnsprung um 18 Prozent auf 152 Millionen Euro. Doch sank der Umsatz wegen sinkender Zuckerpreise und stillgelegter Anlagen im Bioethanolsegment um fünf Prozent auf 4,95 Milliarden Euro.



Auf Seite 8: Wacker Chemie





Wacker Chemie: Gesunde Mutter, kranke Tochter



Im Wettstreit um den Titel als günstigste deutsche Aktie hätte Wacker Chemie sicherlich gute Chancen. Nachdem sich der Kurs des MDAX-Titels in den vergangenen zwölf Monaten fast halbiert hat, sank das KBV im Extrem auf nicht einmal mehr 1,2. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre mussten Anleger etwa den 2,2-fachen Buchwert für die Papiere hinlegen. Im Kursverfall spiegeln sich die operativen Probleme der Tochter Siltronic wider. Wacker Chemie hatte seine Halbleitertochter im Sommer vergangenen Jahres an die Börse gebracht, hält aber knapp 60 Prozent an dem Wafer-Hersteller. Daher schlagen die Belastungen voll auf die Bilanz der Mutter durch. Im klassischen Chemiegeschäft läuft es dagegen prächtig. 2015 hat der Konzern beim Umsatz erstmals den Sprung über die Marke von fünf Milliarden Euro geschafft. Dem steht ein Börsenwert von drei Milliarden Euro gegenüber. Auch von dieser Warte aus betrachtet ist die Aktie nicht teuer. Doch sollten sich Anleger eine Weile auf größere Schwankungen im Kursverlauf einstellen. Langfristig ist der Titel aber hoch interessant. Wir stufen die Aktie daher auf "Kaufen" herauf, zumal der Kurs seit unserer letzten Besprechung noch ein Stückchen weiter gefallen ist.



Auf Seite 9: Sechserpack für die Watchlist





Sechserpack für die Watchlist



Abstauberlimits Die aktuelle Korrektur an den Börsen nimmt allmählich dramatische Ausmaße an. Geht sie weiter, bieten sich bei diesen sechs Papieren hervorragende Einstiegschancen.

Geht es nach Daimler-Chef Dieter Zetsche, ist das Reich der Mitte weit von einer Wachstumskrise entfernt: "Insgesamt haben wir in China viel Momentum aufgebaut. Und wir sind sehr optimistisch, dass wir unsere Dynamik auch 2016 beibehalten." Das Riesenreich hat sich mittlerweile zum größten Absatzmarkt der Stuttgarter entwickelt. Allein im Januar sprangen die Absatzzahlen dort um satte 52 Prozent nach oben.

Abstauberlimits setzen



Trotz der guten Nachrichten gehören Autoaktien derzeit zu den größten Verlierern. Doch gemessen am aktuellen Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,31 wird Daimler allmählich interessant. Im Crash-Jahr 2008 fand die Aktie zwar erst bei einem KBV von 0,84 ihr Tief. Doch so schlimm dürfte es dieses Mal wohl nicht kommen. Im schlimmsten Fall halten wir eine Korrektur wie 2011 für möglich. Das damalige KBV-Tief von 1,04 würde heute einem Aktienkurs von rund 48 Euro entsprechen. Knapp darüber sollte sich ein Kauflimit lohnen (siehe Tabelle). Die BMW-Aktie notiert bereits deutlich unter dem 2011er-KBV-Niveau. Dennoch könnte die Aktie aufgrund des negativen Sentiments noch ein wenig weiter fallen. Ein Abstauberlimit bietet sich bei den Vorzugsaktien an, da diese gegenüber den im DAX notierten Stämmen einen großen Bewertungsabschlag aufweisen.

Deutlich riskanter sind die Papiere von HeidelbergCement einzustufen. Im Falle einer neuen Weltwirtschaftskrise hätte die Aktie noch deutliches Rückschlagspotenzial. Bleibt es dagegen bei einer heftigen Korrektur, sollte sich ein Einstieg rund 20 bis 25 Prozent unter der aktuellen Notiz langfristig auszahlen. Im MDAX sollten Anleger beim Pharmahändler Stada noch den Fall unter den langjährigen KBV-Durchschnitt von 1,92 abwarten. 2011 landete das KBV im Tief bei 1,50. Mutige Anleger platzieren ein Kauflimit zwischen diesen beiden Werten.

Im TecDAX sollten Anleger die Aktien des Laborausrüsters Qiagen auf ihre Beobachtungsliste nehmen. Die Korrektur sollte spätestens auf dem 2011er-KBV-Niveau enden. Bei Telefónica Deutschland sind mangels Börsenhistorie zwar keine langfristigen Aussagen möglich. Doch neben dem Buchwert von knapp 3,50 Euro je Aktie bietet die Dividendenrendite von gut 5,4 Prozent einen großen Risikopuffer.