Der Stuttgarter Auto- und Lkw-Bauer Daimler muss wegen der Nachrüstung für Dieselfahrzeuge sowie Rückruf-Aktionen einen deutlichen Gewinnrückgang verkraften. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuerung sank von Juli bis September um 14 Prozent auf 3,458 Milliarden Euro.

Alleine das Software-Update für über drei Millionen Diesel-Pkw belastet die Ergebnis-Rechnung im dritten Quartal mit 223 Millionen Euro. Dazu kommen die Rückrufe von Fahrzeugen mit möglicherweise defekten Kabeln an der Lenksäule, die mit weiteren 230 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Operativ zeigt der Trend im weiten Daimler-Reich jedoch weiter nach oben. Konzernweit war der Absatz im dritten Quartal um 9,2 Prozent auf 2,4 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Vor allem der bei Mercedes-Benz können sie sich vor Bestellungen kaum retten. Erst im September hatte die Marke mit dem Stern den 55. Rekordmonat in Folgen hingelegt. Von Januar bis September haben die Schwaben den Absatz insgesamt um knapp zwölf Prozent auf 1,71 Millionen Fahrzeuge gesteigert. Im Premium-Segment liegt Mercedes-Benz damit im laufenden Jahr klar in Front.



Dazu ziehen nun auch die lange schwächelnden Verkäufe bei in der Nutzfahrzeug-Sparte wieder an. Von Juli bis September legte Daimler Trucks dank starker Verkäufe in den USA und Asien ein Verkaufsplus von gut einem Drittel auf rund 126.500 Einheiten hin.

Auch im Verfahren wegen des Verdachts verbotener Kartell-Absprachen hellt sich die Lage in Stuttgart auf. Daimler habe im Rahmen der laufenden Voruntersuchungen bei der EU einen Antrag auf Kronzeugen-Regelung gestellt, erklärte Finanz-Vorstand Bodo Uebber in einer Telefon-Konferenz mit Journalisten am Freitag Morgen und bestätigte damit erstmals öffentlich entsprechende Medienberichte aus dem vergangenen Juli. Die EU-Kommission ermittelt gegen Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW wegen des Verdachts illegaler Absprachen über Kosten, Zulieferer oder Märkte.

Auch Volkswagen soll in Brüssel Selbstanzeige gestellt haben, allerdings waren die Schwaben den Wolfsburgern Medien-Berichten zufolge zuvor gekommen. Laut EU-Recht dürfen jene Unternehmen in Kartellverfahren auf den höchsten Nachlass im Falle einer möglichen Strafe rechnen, die zuerst mit den Behörden zusammenarbeiten. In einem vergleichbaren Kartellverfahren gegen mehrere Lkw-Bauer war die Münchner VW-Tochter MAN als Kronzeuge straffrei davon gekommen. Daimler musste hingegen rund eine Milliarde Euro Strafe zahlen. Auch Volvo/Renault und Iveco haben im Rahmen eines Vergleichs 2016 Geldbußen zugestimmt.

Auf Seite 2: Einschätzung der Redaktion





Einschätzung der Redaktion



Bei Daimler hellt sich die Lage weiter auf. Während Mercedes-Benz im Premium-Segment dank starker Absatzzahlen die 2016 zurückeroberte Pole Position auch im laufenden Jahr kaum noch zu nehmen sein dürfte, gibt es nun auch im lange schwächelnden Truck-Geschäft ermutigende Signale. Neben Asien zieht auch der US-Markt stark an. Dort legte der Konzern zuletzt ein Plus von 53 Prozent auf rund 25.200 Einheiten hin.

Dazu verdichten sich die Vorzeichen, dass Daimler bei einer möglichen Strafe im EU-Kartell-Verfahren gegen die deutschen Autobauer einigermaßen glimpflich davon kommen könnte. Damit wäre auch die Gefahr einer weiteren Milliarden-Zahlung an die EU gebannt.

Investoren scheinen sich bereits auf dieses Szenario einzustellen. Denn nach den Aussagen von Finanzchef Bodo Uebber zum EU-Kartellverfahren und dem Antrag zur Kronzeugen-Regelung drehte die Daimler-Aktie vorbörslich ins Plus.

Wir bleiben angesichts des starken Portfolios bei Mercedes-Benz und der steigenden Nachfrage in der Trucksparte für die Daimler-Aktie weiter zuversichtlich. Auch charttechnisch ist alles im grünen Bereich. Bis zum Widerstand bei 73 Euro ist der Weg nicht mehr weit. Fällt die Marke, sind weitere Kursgewinne bis in die Region um 80 Euro drin. Kaufen.

Kursziel: 80 Euro

Stopp: 60,90 Euro