Danach rechnen die Experten bei einem Umsatz von gut 42 Milliarden Euro mit einem Rückgang des Vorsteuerergebnisses um mehr als 25 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf 2,77 Milliarden Euro. Noch hoffen einige Analysten, dass Daimler im zweiten Halbjahr aufholen kann, und es bei dem inzwischen erwarteten "leichten" Rückgang des Betriebsgewinns bleibt. Das hänge aber vor allem davon ab, ob US-Präsident Donald Trump die angedrohten Sonderzölle auf Autos aus Europa fallenlässt.

"Importzölle sind die größte Bedrohung für die Gewinne der gesamten Branche, auch wenn deren Einführung noch sehr unsicher ist", heißt es etwa in einer Analyse der Investmentbank Jefferies. Trump hat wegen des riesigen Defizits seines Landes im Handel mit China und der EU einen weltweiten Handelskonflikt entfacht. Die USA verhängten bereits höhere Zölle auf Stahl und Aluminium - die Volksrepublik und die EU konterten mit vergleichbaren Maßnahmen.



Deutsche Marken wie Mercedes oder BMW auf den Straßen in Amerika sind dem Präsidenten besonders ein Dorn im Auge. Daher lässt er untersuchen, ob er bei Autoimporten nicht auch europäische Fahrzeuge mit einem Einfuhrzoll von 20 Prozent belegen könnte. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will bei einem Besuch am Mittwoch in Washington versuchen, den Republikaner davon abzubringen.

Der Streit trifft Mercedes-Benz und BMW schon jetzt, denn China erhebt auf Importe aus den USA seit Anfang Juli 40 Prozent Einfuhrzoll. Die von Daimler in den USA produzierten Geländewagen Mercedes GLE und GLS werden deshalb in China weniger Gewinn einfahren als bisher, denn die Schwaben können nach Einschätzung von Analysten den Zoll nicht auf die Kunden abwälzen, wenn sie den Absatz auf ihrem wichtigsten Einzelmarkt nicht auch noch schrumpfen lassen wollen. Der US-China-Zoll war deshalb einer der Gründe dafür, dass der Dax-Konzern im Gesamtjahr mit einem leichten Gewinnrückgang, also um fünf bis zehn Prozent, rechnet statt mit einem leichten Anstieg.

Gravierender noch würden sich höhere Handelshürden der USA und etwaige Vergeltungsmaßnahmen der EU auswirken. Zahlen zum Fahrzeugaustausch zwischen den Weltregionen veröffentlicht Daimler nicht. Aber Christian Ludwig, Autoexperte vom Bankhaus Lampe, schätzt, dass im vergangenen Jahr die Marke mit dem Stern rund 220.000 Fahrzeuge - so zum Beispiel die besonders profitable Luxuslimousine S-Klasse - in die Vereinigten Staaten lieferte. In Branchenkreisen heißt es, eine derartige Eskalation des Handelsstreits könnte die deutschen Autobauer zu Produktionsverlagerungen in die USA und letztlich zum Arbeitsplatzabbau in Deutschland zwingen.

"BÖSER KATER" DROHT



Dieses Risiko komme bei allen Autokonzernen noch zu den schärferen Klimaschutzauflagen in Europa, dem zu stemmenden Technologiesprung zu elektrischem, autonomen Fahren und einer zunehmend feindlichen politischen Einstellung gegenüber der Autoindustrie in Deutschland wegen des Dieselskandals hinzu, erklärt Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore ISI. "Das ist ein Cocktail, der einem garantiert einen bösen Kater einbrockt." So wurde Daimler kürzlich zum Rückruf von 774.000 Mercedes-Pkw verdonnert wegen einer "unzulässigen Abschalteinrichtung" bei der Abgasreinigung.



Das abgelaufene Quartal ist bei Daimler außerdem mit Sonderbelastungen in Höhe von schätzungsweise zusammen 800 Millionen bis eine Milliarde Euro gespickt. Der dickste Brocken von bis zu 600 Millionen entfällt auf die Kosten für die Einigung von Daimler und Deutscher Telekom mit der Bundesregierung über den verzögerten Start des Autobahnmautsystems Toll Collect. Die im Juli eingeführte Importzollsenkung Chinas gegenüber Europa um zehn Prozentpunkte führt zu einer geringeren Bewertung der noch unverkauften, eingeführten Pkw dort. Denn die Ankündigung des Schrittes Ende Mai ließ Autokäufer zögern oder sofort niedrigere Preise fordern. In den USA kam es außerdem bei einem Autozulieferer zu einem Brand, was bei Mercedes und fast allen anderen großen Herstellern einen Lieferstopp zur Folge hatte. Dies führten die Schwaben auch als Grund dafür an, dass im Juni zum ersten Mal nach 63 Monaten der Pkw-Absatz sank, und zwar um 2,6 Prozent.

rtr