Die Corona-Pandemie hat den Automobilhersteller hart getroffen: Insgesamt beliefen sich die Verluste auf 1,9 Milliarden Euro, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Stuttgart mitteilte. Das Minus war damit sogar noch deutlich größer als vor einem Jahr. Damals war Daimler wegen milliardenschwerer Rückstellungen für die Dieselaffäre und Airbag-Rückrufen vorübergehend in die Miesen gerutscht.
Der Umsatz brach von April bis Juni gegenüber dem Vorjahresquartal um 29 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro ein. "Aufgrund der beispiellosen Covid-19-Pandemie mussten wir ein herausforderndes Quartal durchstehen", sagte Daimler-Chef Ola Källenius.
Durch das Corona-Virus kam es bei Autobauern zu wochenlangen Produktionsunterbrechungen und auch die Autohäuser blieben zeitweise zu. Aufgrund finanzieller Unsicherheiten durch die Pandemie knickte außerdem die Nachfrage der Verbraucher ein. Die Stuttgarter verkauften mit 541.800 Fahrzeugen rund ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Absatzrückgang könne im weiteren Jahresverlauf auch nicht mehr aufgeholt werden, erklärte Källenius.
Absatzerholung deutet sich an
Doch es gebe jetzt erste Anzeichen einer Absatzerholung, vor allem bei Mercedes-Benz Pkw, so der Konzern-Lenker. Källenius betonte erneut, dass der Konzern seine Kosten dauerhaft senken müsse, zugleich aber an seinen strategischen Zielen in Sachen Digitalisierung und Elektrifizierung festhalte. "Mit Blick auf die Zukunft sind wir fest entschlossen, die Kostenbasis unseres Unternehmens weiter zu verbessern", betonte der Daimler-Chef.
Unter anderem soll dafür drastisch an Personal gespart werden. Personalvorstand Wilfried Porth hatte vor knapp zwei Wochen betont, dass mehr als die bekannten 1,4 Milliarden Euro im Personalbereich eingespart und auch mehr als die bisher vermuteten 15.000 Stellen gestrichen werden müssten. Zuletzt war von zwei Milliarden Euro und bis zu 20.000 Stellen die Rede. Wie das Manager Magazin berichtete, könnten inklusive nicht neu besetzter Stellen sogar bis zu 30.000 Arbeitsplätze wegfallen. Die Gespräche mit Arbeitnehmervertretern dauern derweil noch an. Die endgültige Anzahl werde von verschiedenen Faktoren bestimmt, einschließlich der Akzeptanzrate freiwilliger Abfindungen und der Bemühungen, einige IT-Dienstleistungen auszulagern.
Zahlen besser als erwartet
Trotz schwacher Werte, fiel das Betriebsergebnis nicht so schlecht aus wie von Analysten befürchtet. Das ging bereits aus einer Pflichtmitteilung von vergangener Woche zu den vorläufigen Zahlen hervor. Bei den liquiden Mitteln erreichte Daimler dank Einsparungen einen Zufluss von 685 Millionen Euro. Experten hatten einen Abfluss von gut zwei Milliarden Euro befürchtet.
Sollte eine zweite Infektionswellt ausbleiben und sich die wirtschaftliche Erholung fortsetzen, könnte Daimler sogar ein positives Betriebsergebnis im Gesamtjahr erreichen, hieß es vom Autobauer. An den ohnehin schon schwachen Vorjahreswert von 4,3 Milliarden Euro werde das Ergebnis vor Zinsen und Steuern aber dennoch nicht heranreichen.
Der Konzern stellte außerdem in Aussicht, dass das Industriegeschäft - also ohne die Finanzdienstleistungen sowie ohne das Carsharing- und Mobilitätsgeschäft - 2020 einen positiven Cash Flow erreichen könne. Mögliche Belastungen aus Verfahren zum Dieselabgasskandal seien hierbei jedoch nicht berücksichtigt.
Unsere Einschätzung der Aktie:
Anleger haben positiv auf die Bekanntgabe der Q2-Zahlen reagiert. Um knapp sechs Prozent ging es für die Aktie nach oben. Schon die Meldung von vor einer Woche, dass die Zahlen besser ausfallen würden als erwartet, haben dem Papier etwas auf die Beine geholfen. Während dem Corona-Crash Mitte März war die Aktie auf rund 21 Euro abgestürzt, nach der Veröffentlichung der Zahlen am Donnerstagmorgen kostete sie über 41,40 Euro.
Am Markt gibt es bereits erste Signale, dass sich eine Wende für Daimler andeuten könnte. Dennoch sind die Unsicherheiten aufgrund der nach wie vor mauen Autoindustrie sowie der Corona-Pandemie groß. Mögliche Rückschläge sollten deshalb einkalkuliert werden.
Auch das nicht mehr zeitgemäße Geschäftsmodell des Konzerns ruft Skeptiker auf den Plan. Mit Ola Källenius hat Daimler jedoch einen Mann an der Spitze, der durchgreift und genau das ändern will: Er will den Konzern mit aller Gewalt wieder zurück in die Spur lenken.
Der Ausblick der Stuttgarter bleibt dennoch wage - große Unsicherheiten belasten das Geschäft und die Prognose. Entsprechend zurückhaltend zeigen sich auch die Analysten, die beim Wirtschaftsdienst Bloomberg ihre Empfehlungen für Daimler veröffentlichen. Von 31 Analysten raten 14, die Aktie zu beobachten. Neun raten zum Kauf, acht Experten zum Verkauf. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten belassen wir die Daimler-Aktie trotz vorsichtigem Optimismus ebenfalls auf "Beobachten".