"Wir sind zuversichtlich, dass wir unsere positive Dynamik beibehalten können, wenn die Marktbedingungen so bleiben", erklärte Daimler-Chef Ola Källenius. Dafür gebe es zwei wichtige Voraussetzungen: keinen weiteren Rückschlag in der Pandemie und ein baldiges Ende der Chip-Knappheit - ebenfalls eine Folge der Corona-Krise, die zuletzt bei immer mehr Autoherstellern zeitweise die Bänder stoppte.
Der Stuttgarter Autobauer will außerdem von der anlaufenden Modelloffensive der Pkw-Tochter Mercedes-Benz Cars & Vans profitieren. Mit der neuen Generation der Luxuslimousine S-Klasse bringen die Schwaben ihr profitabelstes Modell 2021 neu auf den Markt, gefolgt von der C-Klasse, der verkaufsstärksten Reihe der Marke mit dem Stern. Es stehen außerdem vier neue E-Autos und drei E-Transporter in den Startlöchern. Die reinen Elektroautos bringen zwar kaum Profit, sollen aber dafür sorgen, in diesem Jahr die Vorgaben in Europa zur Reduktion des CO2-Ausstoßes zu schaffen. Denn der Absatz von elektrisch fahrenden Autos einschließlich solcher mit Hybrid-Antrieb soll nach über 160.000 im vergangenen Jahr verdoppelt werden. "Wir beschleunigen die Transformation", betonte Källenius.
Die Börse honorierte den zuversichtlichen Ausblick mit Kursgewinnen von mehr als 2,5 Prozent. "Die Selbstheilungskräfte der Autoindustrie werden weit unterschätzt, dafür ist Daimler womöglich das beste Beispiel in Europa", erklärte Arndt Ellinghorst, Autoanalyst von Bernstein Research. Sein Kollege Frank Schwope von der NordLB wies darauf hin, dass das erste Quartal noch schwierig werde wegen des Lockdowns im Kampf gegen die Pandemie in vielen Ländern. "Eine Normalisierung des operativen Geschäfts erwarten wir frühestens im Sommer."
STRESSTEST DURCH CORONA
"Das Jahr 2020 war ein Stresstest für beinahe jedes Unternehmen in fast jeder Branche", sagte Källenius. Dem Autobauer sei es dennoch gelungen, im zweiten Halbjahr die Profitabilität zu verbessern. Der Konzernumsatz lag mit 154,3 Milliarden Euro elf Prozent unter Vorjahr. Der Absatz knickte um 15 Prozent auf 2,84 Millionen Fahrzeuge ein, wobei die Lastwagensparte Daimler Trucks & Buses mit einem Minus von gut einem Viertel am härtesten getroffen war.
Die schnelle Erholung des Automarktes in China und kräftige Kostensenkungen katapultierten den operativen Gewinn des Stuttgarter Autobauers dennoch um mehr als 50 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro. Das Nettoergebnis legte gegenüber dem schwachen Vorjahr, als milliardenschwere Altlasten des Dieselskandals den Gewinn einbrechen ließen, um fast die Hälfte auf vier Milliarden Euro zu. Die Dividende soll deshalb auf 1,35 Euro je Aktie erhöht werden nach 90 Cent im Jahr zuvor.
Das Ergebnis fiel so gut aus, weil Daimler von Kostensenkungen profitierte, die sich nach Worten von Källenius in diesem Jahr nicht alle wiederholen lassen. So entlastete die Kurzarbeit vieler Beschäftigter den Konzern nach Angaben von Finanzchef Harald Wilhelm um 700 Millionen Euro. Die Steuerlast sank. In Vertrieb, Marketing und Verwaltung sowie bei Investitionen und Forschungsausgaben sparten die Schwaben mehrere Milliarden ein. Doch in diesem Jahr könnten Messen und Verkaufsveranstaltungen wieder anlaufen. "Die Kosten werden wieder klettern, wenn sich die Wirtschaft erholt", sagte Källenius. Zugleich betonte er, dass weiter Kostendisziplin herrschen und der schon begonnene, auf Freiwilligkeit beruhende Stellenabbau weitergehen werde. Die Zahl der Beschäftigten schrumpfte um rund 10.000 auf gut 288.000. Die Rendite bei Pkw & Vans soll von knapp sieben auf acht bis zehn Prozent steigen.
Derzeit sorgt die Corona-Krise aber auch für einen Mangel an elektronischen Bauteilen in der Autoindustrie. Die Chip-Hersteller hatten vorrangig ihre Kunden aus der Elektronik- und Mobilfunkindustrie bedient, da die Autobauer nach dem Corona-Schock im Frühjahr Bestellungen gekürzt und dann zu spät nachbestellt hatten. Källenius erklärte, Daimler habe bei seinen Zulieferern schon im Sommer höheren Bedarf angemeldet, aber erst kurz vor Jahresende von dem Engpass erfahren. Anfang des Jahres fielen so auch bei Mercedes-Benz Arbeitstage aus. Doch geht Källenius davon aus, dass es nur im ersten Quartal klemmt und die ausgefallenen Neuwagen im Lauf des Jahres noch gebaut werden können. Die Schuldfrage stehe nicht im Vordergrund, betonte Källenius. "Hier gilt nur eines - gemeinsam mit den Lieferanten an dem Problem zu arbeiten und es zu lösen."
rtr