Mit rund sechs Prozent Betriebsgewinn vom Umsatz im Schnitt zuckelte der Weltmarktführer für schwere Lkw dem Klassenbesten Scania in den vergangenen Jahren hinterher. Die Schweden knackten oft die Zehn-Prozent-Marke. Künftig will Daimler mit dem konjunkturabhängigen Geschäft sechs bis sieben Prozent bei schlechter Verfassung der Weltwirtschaft erreichen und bei guter zweistellige Margen. Dafür sollen die Fixkosten weltweit bis 2025 um 15 Prozent sinken im Vegleich zu 2019. Daimlers Schwachpunkt ist aus Sicht von Analysten Europa, wo die Kosten nach etlichen Sparrunden immer noch zu hoch seien.

Richten soll es eine ehemalige Scania-Managerin: Karin Radström, seit Februar Europa-Chefin, breitete eine schonungslose Bestandsaufnahme vor Analysten und Investoren aus: "Unser Marktanteil sank, die Zahlen gingen in die falsche Richtung. Wir haben den Kontakt zu unseren Kunden verloren. Unsere Kostenbasis stieg, aber wir haben es nicht geschafft, den Umsatz im selben Tempo zu steigern." Die Schwaben hätten sich zu stark auf Technik und Marktanteile konzentriert und zum Teil an den Kunden, den sehr scharf rechnenden Unternehmern der Transportbranche, vorbeigearbeitet. "Es galt eher von innen nach außen als von außen nach innen." Jetzt werde sie den schon eingeschlagenen Sparkurs mit dem 2019 postulierten Ziel, 300 Millionen Euro Personalkosten einzusparen bis 2022, forcieren und die "exzessiven" Verwaltungskosten drücken.

MANAGEMENT WILL "KEINE-AUSREDEN-POLITIK"


Daimler will außerdem künftig mehr mit Finanzdienstleistungen, Wartungsservice oder Ersatzteilgeschäft verdienen. Weltweit soll der Umsatzanteil von 30 auf 50 Prozent steigen. Dafür könnte sich die 42-jährige Schwedin als gute Wahl erweisen: In Södertälje, dem Sitz von Scania geboren, lernte sie das Lkw-Geschäft von der Pike auf und stieg nach 15 Jahren zur Vertriebs- und Marketingchefin auf. "Ich weiß, wie ein High-Performance-Business aussieht", sagte sie. Truck-Chef Martin Daum konnte nur sekundieren: "Wir sind bereit, harte Entscheidungen zu treffen, um unsere Fixkosten zu senken und unsere finanzielle Performance weiter zu verbessern", erklärte er. "Jede Region muss liefern." Detaillierte Ziele für jede Region sollen beim Kapitalmarkttag Ende des Jahres kurz vor dem Börsengang veröffentlicht werden. Künftig gelte eine "Keine-Ausreden-Politik", betonte Finanzchef Jochen Götz.

Daimler will sich künftig stärker auf profitablere Schwerlaster konzentrieren. Außerdem geht es bei der Umstellung auf emissionsfreie Antriebe voran. Die Investitionen in Verbrennungsmotoren werden heruntergefahren, die in Batterie- und Brennstoffzellenantriebe herauf. Bis 2030 sollen bis zu 60 Prozent des Absatzes mit Batterie- oder Brennstoffzellen bestritten werden. Der mittelgroße E-Actros soll noch in diesem Jahr in Serie gehen, der erste Brennstoffzellenlaster 2027. Konkurrent Traton aus dem VW-Konzern, zu dem Scania und MAN gehören, will dagegen wie der gesamte Volkswagen-Konzern auch bei Schwerlastern für lange Strecken auf die Batterie setzen. Das hat den Nachteil, viel Platz und damit Laderaum wegzunehmen, ist aber billiger und energieeffizienter als Wasserstoff-Antriebe. Dafür kommt letzterer mit einer Ladung weiter als der Batterielaster. Daimler kündigte zugleich eine stärkere Partnerschaft mit dem chinesischen Batteriezellenhersteller CATL an sowie eine Partnerschaft mit dem Shell-Konzern, der ein Netz mit Wasserstofftankstellen zwischen Rotterdam, Köln und Hamburg aufbauen will.

Analysten zeigten sich angetan von den entschlossenen Plänen. Arndt Ellinghorst von Bernstein Research, als kritischer Autoanalyst bekannt, lobte die "leidenschaftliche, demütige, entschlossene" Art der neuen Truck-Spitze. "Wir sehen das als guten Anfang, Vertrauen am Finanzmarkt aufzubauen", erklärte er. Daimler-Aktien legten mehr als drei Prozent zu. Ein höherer Börsenwert der voneinander künftig getrennten Geschäftsfelder Pkw und Nutzfahrzeuge ist ein Kernziel des massiven Konzernumbaus.

rtr