Liebe Leserinnen und Leser,
Nach wie vor gibt es aus Sicht der P & F Charts noch keine eindeutigen Hinweise, ob wir nach der aktuellen Verschnaufpause erneut die zyklischen Tiefs der vergangenen Woche angreifen, ob wir vielleicht in einen zähen Seitwärtstrend einschwenken, oder schon bald neue Hochs sehen werden. Wie üblich kommt es nun für uns Anleger darauf an, die Wahrscheinlichkeit möglichst korrekt einzuschätzen, ob der bisherige Trend beibehalten wird, oder wir vor einem Trendwechsel stehen.
Während in den Medien noch darüber diskutiert wird, ob der langanhaltende Aufwärtstrend endgültig gekippt ist, oder wir einfach nur gesunde Gewinnmitnahmen erleben, betrachten wir lieber den P & F Chart des DAX.
Wie Sie sehen, hat der Index praktisch exakt auf der Höhe des März-Tiefs gedreht (Ziffer 3). Mit einer sehr dynamischen negativen O- Spalte ist er zuvor bei 9.650 Punkten von der bärischen Begrenzungslinie abgeprallt. Damit sollte eigentlich die Lage zunächst geklärt sein - leider zu Gunsten der Verkäufer. Denn in der Philosophie der P & F Charts gibt es keine Grautöne, sondern nur Kauf- oder Verkaufssignale. Entweder handelt eine Aktie oder ein Index oberhalb ihrer Trendgerade und damit in positivem Terrain - oder eben unterhalb im negativen Bereich wie der DAX derzeit. Trotzdem sollten aber die Bullen noch längst nicht kapitulieren. Denn wie schon oben angedeutet, hellt sich der wichtige innere Markt etwas auf und außerdem entwickelt sich gerade eine interessante Formation im DAX- Chart. Wie Sie oben sehen können, hat sich eine positive X-Achse gebildet, die zwar noch kein Kaufsignal erzeugt hat, aber etwa die halbe vorhergehende negative 0- Spalte neutralisiert hat. Diese Formation wird als "Low-Pole-Reversal" bezeichnet und leitet häufig eine starke Gegenbewegung ein. Ob sich aus dieser impulsiven technischen Erholung mehr als nur eine Gegenbewegung bildet, also ein neuer Aufwärtstrend, kann natürlich erst später beurteilt werden. Aber dafür besteht wenigstens eine gute Chance und die Investoren zeigen nach wie vor Interesse, bei Kursrückschlägen ihrer Positionen aufzustocken. Das ist doch schon mal ein gutes Anzeichen für uns Anleger.
Spannend wird es in den nächsten Tagen zu beobachten, wie sich der DAX in der Region von 9.450 Punkten verhalten wird. Schafft er es dieses Niveau (wo übrigens auch die nach wie vor steigende 200-Tage-Linie verläuft) zu überbieten, gehe ich davon aus, dass die bärische Widerstandslinie getestet wird. Im positiven Fall wären dann die Käufer mit einer hohen Wahrscheinlichkeit endgültig "über den Berg". Und umgekehrt müssten wir Investoren darum bangen, dass die zyklischen Tiefs bei knapp 9.000 Punkten auf jeden Fall verteidigt werden. Ansonsten könnte es wirklich unangenehm werden und das Erreichen neuer Indexhochs wäre bis auf weiteres unwahrscheinlich.
Auf Seite 2: Der innere Markt verbessert sich
Der innere Markt verbessert sich
Um die Qualität der Analyse zu erhöhen, sollten wir speziell heute den Verlauf des inneren Marktes analysieren und nicht herumraten, aus welchen Gründen die Kurse in den vergangenen Wochen so kräftig unter die Räder gekommen sind. Denn immerhin ist die Wahrscheinlichkeit eines Trendwechsels etwa gleich groß wie die Möglichkeit, dass wir nur übliche und gesunde Gewinnmitnahmen erleben, die bald durch die Hoffnung auf Schützenhilfe durch die Notenbanken kompensiert werden. Immerhin stagniert die Konjunktur nur leicht, während keine Inflation zu befürchten ist - ein fast ideales Bild, um die Fantasie der Bullen anzuregen. Vielleicht ist dies ja der Grund für die Rückkehr der ersten mutigen Anleger?
Entsprechend der Philosophie der P & F Charts lenkt der innere Markt den äußeren und zeigt Ihnen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, ob sich bezogen auf einen bestimmten Zeitraum die Kurse eher nach oben als nach unten bewegen werden. Oder um es etwas plakativer auszudrücken: die Indikatoren des inneren Marktes zeigen Ihnen, ob Sie die offensive oder die defensive Mannschaft aufs Feld schicken sollten.
Heute stehen wir allerdings vor dem Dilemma, dass die eher kurzfristige und die übergeordnete Indikation nicht in die gleiche Richtung zeigen. Während der schnelle 50-Tage- Indikator die kurzfristigen Anleger motiviert, neue Positionen einzugehen, warnt der übergeordnete Risikoindikator NYSE Bullish Percent davor, sich zu früh und zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Dies ist natürlich eine unbefriedigende Situation für uns, zeigt aber auch die Stärke des langfristigen Auf-wärtstrends bzw. die Not der Anleger, unter erhöhten Risiken eine gewisse Rendite zu erzielen.
Wie Sie der Grafik entnehmen können, hat der kurzfristige Risikoindikator mustergültig in der unteren extremen Zone gedreht. Es strömt wieder genügend Kapital in den Markt, um die Anzahl der Aktien zu erhöhen, die erneut ihre 50- Tage- Linie zurückerobern. Dies ist ein gutes Zeichen, da dadurch immer mehr Aktien oberhalb ihrer wichtigsten Unterstützungen handeln und damit den gesamten Markt stützen. Vielleicht reicht ja der "Punch" der Käufer für eine positive Überraschung.
Auf Seite 3: Übergeordnet bleibt es kritisch
Übergeordnet bleibt es kritisch
Im Gegensatz zum bereits wieder anziehenden kurzfristigen Indikator des inneren Marktes bleibt der übergeordnete und wichtigste Risikoindikator leider noch auf der kritischen Seite. Wie Sie sehen können, handeln wir trotz der kurzfristigen Verbesserung nach wie vor in einer negativen O- Spalte und vor allem unterhalb der wichtigen Zone von 70 %. Dies zeigt Ihnen, dass die großen Kapitalanleger nach wie vor noch nicht bereit sind, erneut in großem Umfang einzusteigen. Oder sogar umgekehrt, dass die großen Investoren Kapital abziehen, während Kleinanleger die vermeintliche Kursdelle nutzen, um noch auf den Zug aufspringen.
Übrigens hat sich auch im Chart ein klassisches Verkaufssignal gezeigt. Dies erkennen Sie daran, dass sich die aktuelle null Spalte im rechten Bereich unter das Niveau der vorhergehenden geschoben hat. Dieser Marktzustand hat übrigens den griffigen Namen "Bear Confirmed" - also bestätigter Bärenmarkt. Ein bisschen Vorsicht und enge Stopps sollten also nicht schaden. Um sie nicht völlig zu frustrieren will ich aber auch bemerken, dass sich der Indikator schon wieder nach oben bewegt, obwohl man es an der groben Einstellung der O- Spalte noch nicht erkennen kann.
Auf der Seite 4: Nur zur Erinnerung
Nur zur Erinnerung:
Der NYSE Bullish Percent wird berechnet, indem alle an der New Yorker Börse gelisteten Aktien ausgewertet und gezählt werden, wieviele von ihnen sich auf einem Point & Figure Kaufsignal befinden. (In der Welt der P & F Charts notiert jede Aktie entweder auf Kauf oder Verkauf)
Diese Anzahl wird durch die Gesamtzahl der an der NYSE gelisteten Aktien dividiert und auf 100 Prozent bezogen.
Wenn nun eine größere Anzahl an Aktien von einem Point & Figure Verkaufsignal in ein Point & Figure Kaufsignal wechseln, so lässt sich daraus folgern, dass in einem gewissen Umfang Kapital in den Markt fließt. Und natürlich umgekehrt.
Insgesamt kann man auch beobachten, dass seit dem September 2009 die Dynamik nachlässt. Damals erreichte der Index ein Hoch von 84 % und seither verringert sich langsam die Anzahl der Kaufsignale nach P & F an der NYSE.
Bitte beachten Sie auch mein Gratis-E-Book, in welchem ich die Grundzüge der Philosophie des inneren Marktes erkläre.
Viel Erfolg bei Ihren Investments und herzliche Grüße aus dem kühlen Rheinland,
Ihr Klaus Buhl
Klaus Buhl, Geschäftsführer der Libra Invest GmbH (www.libra-invest.de), bekennender Anhänger von Point and Figure Charts und der Philosophie des "inneren Marktes".