Sollte man tatsächlich noch auf die Schnelle abschließen? Für die meisten Kunden besteht kein Handlungsbedarf. Warum, lässt sich am besten am Beispiel einer privaten Rentenpolice erklären. Der Garantiezins bezieht sich nicht auf die gesamten Prämien, sondern nur auf den sogenannten Sparbeitrag, also auf Einzahlungen minus Kosten. Und diese Kosten sind hoch. So hoch, dass schon heute bei einem durchschnittlichen Vertrag nur ein Bruchteil des Garantiezinses tatsächlich beim Kunden landet.
Das zeigen Kalkulationen von Partner in Life - einer Firma, die Lebensversicherungen aufkauft und auf Basis dieser Verträge für BÖRSE ONLINE kalkuliert hat. Bei Kontrakten, die eine Auszahlung von mindestens 20 000 Euro zu Vertragsende zusichern, rentiert sich schon jetzt jeder eingezahlte Euro lediglich mit 0,10 Prozent pro Jahr. Bei Summen unter 20 000 Euro schlägt sogar ein Minus von 0,20 Prozent zu Buche. Grund für die Differenz: Kleinere Summen sind relativ mit höheren Kosten belastet und haben zudem einen geringeren Zinseszinseffekt.
Bei einem Garantiezins von 0,9 Prozent fallen die Zahlen noch ein bisschen schlechter aus. Hier beträgt das jährliche Minus bei kleinen Verträgen 0,30 Prozent, und bei großen Verträgen ist das Ergebnis plus/minus null.
Aufpassen sollte man, ob der Garantiezins bei allen Anbietern tatsächlich noch gilt. So ist der Volkswohl-Bund bei privaten Rentenversicherungen bereits zum 1. Oktober auf 0,5 Prozent gegangen. Und eine Reihe von Anbietern offeriert neuartige Produkte, die lediglich einen Kapitalerhalt zusagen. Der Fall ist dies beispielsweise bei fast allen sogenannten Indexpolicen, bei denen die Kunden an der Entwicklung eines oder mehrerer Börsenbarometer teilhaben können.
Glücklicherweise erzielen die Versicherer für Besitzer herkömmlicher Policen derzeit höhere Ergebnisse als den Garantiezins. Für 2016 wurde neuen Verträgen eine Überschussbeteiligung (also das, was an Garantiezins plus zusätzlichen Gewinnanteilen ausgeschüttet wird) von im Schnitt knapp 2,9 Prozent zugeteilt. Für 2017 wird der Wert lauf Hochrechnungen auf 2,5 Prozent sinken.
Fazit: Wem ein Kapitalerhalt - ohne Abzug der Inflation - eminent wichtig ist, der sollte jetzt noch abschließen. Für alle anderen besteht in puncto Garantiezins keinerlei Handlungsdruck.
Und wie steht es abseits der Rentenversicherungen? Beispiel Berufsunfähigkeitspolicen, die Verbraucherschützer zu den wichtigsten Absicherungen zählen: "Wir erwarten, dass 2017 bei neu abzuschließenden Verträgen die Prämien um bis zu fünf Prozent steigen", erklärt Miriam Michelsen, Leiterin Vorsorge beim Finanzdienstleister MLP. Grund: Das Kapital, das sich für künftige Versicherungsleistungen ansammelt, ist auf Basis des Garantiezinses kalkuliert. "Wenn der Wert sinkt, werden höhere Prämien nötig", so Michelsen. Und je länger der zu versichernde Zeitraum ist, desto höher falle das Beitragsplus aus. Fazit: Hier ist ein rascher Abschluss überlegenswert.
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Beitrag steigt oder Leistung sinkt
Bei privaten Pflegerentenversicherungen ist eine konkrete Aussage schwierig. Sie sind so kalkuliert, dass Kunden in jüngeren Jahren ein finanzielles Polster aufbauen, von dem sie später zehren. Diese Polster, genannt Alterungsrückstellungen, werden ebenfalls mit dem Garantiezins verzinst. Um also dasselbe Polster zu halten, müssen die Beiträge steigen. Oder die Leistungen, die bei Vertragsabschluss garantiert werden, gegenüber 2016 sinken. So kalkuliert der Volkswohl-Bund, dass bei ihm ab 2017 die garantierten Renten um bis zu zehn Prozent niedriger ausfallen.
Die marktweiten Veränderungen bei Pflegerenten sind nach Ansicht von MLP schwer vorherzusagen. Denn parallel greift Anfang 2017 das sogenannte Pflegestärkungsgesetz II, das die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt. Das bringt, so MLP, zusätzliche Leistungen von den privaten Versicherern und weitere Beitragssteigerungen mit sich.
Unberührt vom sinkenden Garantiezins sind hingegen Pflegetagegeldversicherungen, beispielsweise die staatlich subventionierten Pflege-Bahr-Policen. Hier hängen Beitragserhöhungen - auch für bestehende Verträge - von unternehmensindividuellen Kalkulationen und vom Schadensverlauf ab.