GESETZLICHE VORGABE FÜR GROSSUNTERNEHMEN
Wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, sollen Aufsichtsräte von 108 voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab dem Jahr 2016 neu besetzt werden, einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent aufweisen. Von der CSU geforderte Ausnahmen oder Härtefallregelungen wird es nicht geben.
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hatte im Frühjahr ausgerechnet (auf Basis der Zahlen von Ende 2013), dass 233 Männer in diesen Unternehmen ihren Platz im Aufsichtsrat für eine Frau freimachen müssten - 142 davon von der Kapitalseite. Weitere sieben Unternehmen erfüllen die Kriterien, sind aber als Europäische Aktiengesellschaft (SE) organisiert. Auch für sie sollen die Regelungen gelten.
Die Quote muss nicht 2016 erfüllt werden, sondern ist anschließend bei der turnusgemäßen Neubesetzung des Gremiums zu berücksichtigen. Anders als bisher geplant kann die Mindestquote von den Vertretern von Anteilseignern und Arbeitnehmern jeweils zusammen erfüllt werden, sofern beide dies wollen. Eine getrennte Berechnung hätte das Erreichen der Quote schwieriger gemacht, weil die Arbeitnehmerbänke heute schon einen höheren Frauenanteil aufweisen als die der Arbeitgeber.
Wird die Geschlechterquote in Aufsichtsräten nicht erfüllt, bleiben die Stühle der fehlenden Frauen unbesetzt. Der Aufsichtsrat bliebe aber handlungsfähig: Das Gremium ist bei Anwesenheit der Hälfte seiner Mitglieder beschlussfähig.
FLEXI-QUOTE
Für etwa 3500 börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen soll es keine feste Vorgabe geben. In diesen Firmen sollen Vorstände und Aufsichtsräte für sich selbst und für die zwei Managementebenen unter dem Vorstand noch in dieser Wahlperiode "Zielgrößen" festlegen und mit der Umsetzung beginnen. Diese können nicht nachträglich nach unten korrigiert werden. Über den Stand der Umsetzung müssen die Firmen regelmäßig berichten. 2017 soll eine erste Bestandsaufnahme gemacht werden, danach wird alle fünf Jahre ein Bericht fällig. Bislang war für die Informationen ein Abstand von drei Jahren vorgesehen.
Unternehmen unter 30 Prozent Frauenanteil dürfen sich aber nicht weiter verschlechtern. Anders als im bisherigen Entwurf vorgesehen, soll es Firmen, die eine Frauenquote von 30 Prozent oder mehr bereits erreicht haben, nicht untersagt werden, diese später wieder zu unterschreiten.
BUNDESGREMIEN
Wo der Bund an der Besetzung von Aufsichts- oder Verwaltungsräten beteiligt ist, soll dieser selbst ebenfalls die Quote von 30 Prozent einhalten.
FRAUENANTEIL HEUTE
Der Frauenanteil an Führungspositionen in der Wirtschaft ist gestiegen, liegt aber weit hinter dem der Männer zurück.
Bei den 30 Unternehmen, die im Dax notiert sind, besetzten laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Jahresmitte 2014 Frauen 5,5 Prozent der Vorstandsposten - Ende 2013 waren es noch 6,3 Prozent. Die gesetzliche Quote gilt für Vorstände aber nicht. Durch Neubesetzungen der Vorstände stieg der Anteil bis zum Herbst auf sieben Prozent. In den Aufsichtsräten der Dax-Konzerne nahmen Frauen jeden vierten Platz ein (24,7 Prozent).
In den Aufsichtsräten der 200 umsatzstärksten Unternehmen stieg der Frauenanteil laut DIW 2013 um zwei Punkte auf gut 15 Prozent. In den Vorständen stagnierte er bei gut vier Prozent.
In der Privatwirtschaft insgesamt lag der Frauenanteil auf der ersten Führungsebene 2012 bei 26 Prozent, wie das Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB ergab. Seit acht Jahren habe der Anteil kaum zugenommen. Allerdings sei dieser Durchschnittswert von Kleinstbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten stark geprägt. Diese Firmen werden häufiger von Frauen (28 Prozent) geführt als große. In Großbetrieben stieg der Frauenanteil auf der ersten Führungsebene laut IAB zwischen 2008 und 2012 um zehn Punkte auf 19 Prozent.
Reuters