Dax und EuroStoxx50 fielen am Dienstag um jeweils etwa eineinhalb Prozent auf 15.372 beziehungsweise 4095 Punkte. Gleichzeitig übersprang der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee erstmals seit drei Jahren wieder die Marke von 80 Dollar je Barrel (159 Liter). "Das anhaltende Angebotsdefizit drückt die Lagerbestände auf das niedrigste Niveau seit Jahrzehnten", schrieben die Analysten der Barclays Bank. Verschärft wird die Lage durch die Probleme der Opec-Mitglieder Nigeria und Angola, ihre Produktionsquoten zu erfüllen. Insidern zufolge sind die dortigen Förderanlagen wegen mangelnder Investitionen marode.
Die Gaspreis-Rally ging ebenfalls weiter. Der US-Future stieg um bis zu zehn Prozent auf ein Siebeneinhalb-Jahres-Hoch von 6,28 Dollar je Million BTU. Der britische Kontrakt zur Lieferung am darauffolgenden Tag gewann zeitweise knapp sieben Prozent und war mit 185 Pence je Therm so teuer wie zuletzt vor dreieinhalb Jahren. Letzterer erhielt zudem von sinkenden russischen Gas-Lieferungen Auftrieb, sagten Börsianer.
Vor diesem Hintergrund stiegen Investoren bei Öl- und Gasfirmen ein. Der europäische Branchenindex stieg um bis zu 1,6 Prozent auf ein Eineinhalb-Jahres-Hoch von 279,03 Punkten. Der Preisanstieg der wichtigen Exportgüter Öl und Gas hievte den russischen Leitindex auf ein Rekordhoch. Die Aktien des Gas-Förderers Gazprom waren mit 361,80 Rubel zeitweise so teuer wie zuletzt im Mai 2008, nachdem Russland ein Gaslieferungsabkommen mit Ungarn abgeschlossen hatte.
FED WIRD ZÜGEL WOHL BALD ANZIEHEN
Die jüngsten Aussagen des US-Notenbankchefs Jerome Powell signalisierten eine wachsende Nervosität in Bezug auf die Inflation, sagte Volkswirtin Sarah Hewin von der Bank Standard Chartered. Investoren befürchteten, dass sich die vorübergehend preistreibenden Faktoren zu dauerhaften entwickeln. Börsianer gehen davon aus, dass die Fed bereits 2022 die Zinsen anheben wird.
Dies hievte der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, zeitweise auf ein Elf-Monats-Hoch von 93,766 Punkten. Gleichzeitig trennten sich Investoren von US-Staatsanleihen, wodurch die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen US-Bonds auf ein Dreieinhalb-Monats-Hoch von plus 1,551 Prozent stieg. Ihre deutschen Pendants rentierten mit minus 0,177 Prozent so hoch wie zuletzt vor drei Monaten.
Ein weiterer Belastungsfaktor für die Stimmung seien die Schieflage des Immobilienkonzerns China Evergrande und die Energiekrise in der Volksrepublik, sagte Gianclaudio Torlizzi, Partner in der Beratungsfirma T-Commodity. Wegen eines knappen Angebots von Kohle und zur Reduzierung von Emissionen zwingt die Regierung in Peking Unternehmen, ihre Produktion zu drosseln. Dies schürte Experten zufolge die Furcht vor einer Abschwächung des weltweiten Aufschwungs und drückte den Preis für das Industriemetall Kupfer 0,4 Prozent ins Minus auf 9326 Dollar je Tonne.
AUSVERKAUF BEI TECHNOLOGIEWERTEN - SMITHS IM PLUS
Am Aktienmarkt flogen vor allem Technologiewerte aus den Depots. Der europäische Branchenindex steuerte mit einem Minus von gut vier Prozent auf den größten Tagesverlust seit einem Jahr zu. Eine steigende Inflation und höhere Zinsen entwerten Experten zufolge zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen.
Die Titel von Smiths stiegen dagegen in London um 4,2 Prozent. Dank gestiegener Margen habe der operative Gewinn des Anbieters von Durchleuchtungsgeräten für Gepäckstücke die Erwartungen übertroffen, schrieb Analyst Christian Hinderaker von der Investmentbank Liberum.
rtr