Investoren fiebern unter anderem der EZB-Ratssitzung am Donnerstag entgegen. Sie hoffen darauf, dass Notenbank-Chef Mario Draghi parallel zu den neuesten Konjunktur- und Inflationsprognosen seines Hauses Hinweise zur Geldpolitik liefert. Er werde wohl eine Drosselung der monatlichen Anleihekäufe von derzeit 60 Milliarden Euro andeuten, sagt Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert. "Allerdings wird die EZB dabei sehr vorsichtig vorgehen und sich wohl bei jedem Schritt größtmögliche Flexibilität erhalten." Denn die Notenbank wolle eine weitere Aufwertung des Euro verhindern. Seit Jahresbeginn hat die Währung rund 13 Prozent auf aktuell knapp 1,19 Dollar zugelegt.
Von der Fed erwarten Börsianer Signale zum Abbau der billionenschweren Wertpapierbestände und zum Zeitpunkt der nächsten Zinserhöhung. Daher würden sie die Auftritte zahlreicher führender US-Notenbanker in der neuen Woche mit Argusaugen verfolgen.
ENTSCHÄRFT "HARVEY" DEN US-HAUSHALTSSTREIT?
In den USA endet mit dem Feiertag "Labor Day" am Montag die parlamentarische Sommerpause. "Bis spätestens 1. Oktober muss der US-Kongress den Haushalt 2018 beschließen oder das bestehende Gesetz verlängern", betont Martin Lück, Chef-Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. "Außerdem könnte Ende September, spätestens wohl Anfang Oktober erneut die Schuldenobergrenze erreicht werden." Ohne eine Anhebung können Gehälter von Staatsbediensteten nicht mehr gezahlt und Schulden nicht mehr bedient werden. US-Präsident Trump hatte mit einem Regierungsstillstand gedroht, wenn das Parlament keine Mittel zum Bau der geplanten Mauer an der Grenze zu Mexiko freigibt.
Die Wahrscheinlichkeit hierfür sei gering, sagt Beth Ann Bovino, Chef-Volkswirtin der Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P). Der Wirbelsturm "Harvey" mit seinen Verwüstungen und Überschwemmungen könnte den Weg für eine rasche Einigung im Haushaltsstreit ebnen. "Aber: Wetten auf eine vernünftige US-Regierung können riskant sein." Jede Woche eines "Government Shutdown" schmälere das US-Wirtschaftswachstum um 0,2 Prozentpunkte.
Für Börsianer noch unberechenbarer ist die Entwicklung des Streits zwischen den USA und Nordkorea. Nach einer Phase relativer Ruhe testete Nordkorea in der alten Woche erneut eine Rakete. US-Präsident Trump erteilte daraufhin weiteren diplomatischen Bemühungen eine Absage. Sein Verteidigungsminister Jim Mattis betonte allerdings, dass die diplomatischen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien.
Vom Bundestagswahlkampf erwarten Experten dagegen keine Überraschungen. Dessen heiße Phase läutet das TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Martin Schulz (SPD) am Sonntag ein.
FLUT VON KONJUNKTURDATEN ROLLT AUF ANLEGER ZU
Daneben wird eine Vielzahl von Konjunkturdaten Investoren in der neuen Woche auf Trab halten. In Deutschland stehen unter anderem das Barometer für die Stimmung der Einkaufsmanager (Dienstag), die Auftragseingänge der Industrie (Mittwoch) und die Industrieproduktion (Donnerstag) auf dem Terminplan. Auf europäischer Ebene erwarten Börsianer Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen (Dienstag). In den USA werden am Dienstag die Auftragseingänge für langlebige Güter veröffentlicht.
rtr