Dax-Anleger dürfen nach dem Rekordsprung weiter von der magischen Marke von 10.000 Punkten träumen. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) macht mit der Aussicht auf noch weiter geöffnete Geldschleusen Appetit auf Aktien. Doch die hohen Erwartungen an die Sitzung der Notenbanker Anfang Juni bergen auch die Gefahr von Enttäuschungen - Börsianern zufolge könnte dem Aktienmarkt deshalb in der neuen Woche die Puste ausgehen.

"Der Dax-Rekord von 9810 Punkten ist nicht der Beginn eines neuen Aufwärtstrends", sagt Commerzbank-Stratege Andreas Hürkamp. Denn Risikofaktoren wie die zuletzt schwächere Wirtschaftsentwicklung in China und der Ukraine-Konflikt schwelten weiter. Der Höhenflug stehe auf schwachem Fundament, sagt auch Helaba-Stratege Markus Reinwand. "Angesichts hoher Bewertungen und verhaltener Gewinnperspektiven besteht kaum noch Luft nach oben." Schon in der abgelaufenen Woche traten die Anleger gegen Ende lieber auf die Bremse: Nachdem der Dax am Donnerstag mit 9810,29 Punkten ein neues Allzeithoch erreichte, machten viele Marktteilnehmer Kasse. Am Freitagmittag notierte der Leitindex bei 9630 Punkten - auf Wochensicht lag das Plus bei nur noch 0,5 Prozent. In den USA gewann der Dow-Jones-Index in der Woche mit 16.446 Punkten bis Donnerstagabend 0,8 Prozent.

Auf Seite 2: DRÜCKT DIE UKRAINE-KRISE DIE STIMMUNG?

DRÜCKT DIE UKRAINE-KRISE DIE STIMMUNG?

Investoren warten auf Hinweise, ob der Ukraine-Konflikt die Stimmung in der europäischen Wirtschaft nachhaltig getrübt hat. Am Donnerstag geben die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe darüber Aufschluss, am Freitag der Ifo-Geschäftsklimaindex für Mai. Aus den USA stehen nur wenige Konjunkturdaten an, das Hauptaugenmerk liegt auf Zahlen zum Immobilienmarkt. Zudem werden am Mittwochabend die Protokolle der US-Notenbanksitzung im April veröffentlicht, die Einblicke in das momentane Meinungsbild innerhalb der Fed liefern werden. Die Fed will ihre Konjunkturhilfen im Herbst ganz einstellen und peilt Beobachtern zufolge frühestens Mitte 2015 eine Zinserhöhung an.

Im Auge behalten Anleger auch die Europawahlen am Sonntag. "Wir erwarten keine großen politischen Veränderungen durch die Wahlen", sagt ING-Experte James Knightley von ING. "Andererseits wird das Abschneiden der populistischen Parteien an beiden Enden des politischen Spektrums an den Finanzmärkten genau verfolgt werden." Sollten EU-Skeptiker Stimmen gewinnen, könnte das für Volatilität an den Märkten sorgen, sagt Ann-Katrin Petersen von Allianz Global Investors.

Auf Seite 3: STARKER EURO HINTERLÄSST SPUREN IN BILANZEN

STARKER EURO HINTERLÄSST SPUREN IN BILANZEN

Die Berichtssaison in Europa ist nahezu abgeschlossen. Die Ergebnisse der Euro-Stoxx-50 -Konzerne seien durchwachsen, zieht LBBW-Analyst Ralph Herre ein Fazit. Viele Ausblicke seien zurückhaltend ausgefallen. Besser lief es im europäischen Vergleich für die Deutschen: Die Mehrzahl der Dax-Konzerne bestätigten ihre guten Perspektiven, dennoch verwiesen fast alle auf die Herausforderungen eines starken Euro. Insgesamt hätten stark konjunkturabhängige Unternehmen gegenüber defensiven Werten wie Versorgern die Nase vorne gehabt, sagt Herre.

Kommende Woche stehen zudem einige Hauptversammlungen auf der Agenau. Bei SAP steht mit dem Umstieg auf das Cloud-Geschäftsmodell die größte Transformation der Unternehmensgeschichte bevor, mit der Umstrukturierungen und Stellenabbau einhergehen werden. Nach einem Gewinneinbruch zu Jahresbeginn hält sich die Führung der Deutschen Bank die Tür für eine neue Kapitalerhöhung weit offen. Das Geldhaus braucht ein dickeres Polster auch deshalb, weil es im Investmentbanking nicht mehr so rund läuft. Bei Lanxess können die Aktionäre den neuen Konzernchef Matthias Zachert das erste Mal in Aktion erleben. Für Diskussionsstoff dürfte mit dem von ihm forcierten Sanierungskurs gesorgt sein.

Reuters