Sein Kollege Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets mahnt wegen des weit verbreiteten Optimismus aber zur Vorsicht. "Wenn die Erwartungshaltungen zu optimistisch werden, kann dieser Schuss auch nach hinten losgehen." Außerdem sei die aktuelle Euro-Stärke ein Problem. Sie schmälert die Wettbewerbsfähigkeit von Waren heimischer Firmen auf dem Weltmarkt. Die Gemeinschaftswährung ist derzeit mit knapp 1,22 Dollar so teuer wie vor knapp drei Jahren.

FRISCHER RÜCKENWIND DURCH NOTENBANKEN ERWARTET


In der ablaufenden Woche machte der Dax auf seinem Erholungskurs erst einmal Pause, nachdem er den besten November seiner Geschichte verbucht hatte. Er gab erstmals seit etwa einem Monat auf Wochensicht nach, notierte zuletzt mit rund 13.300 Punkten aber immer noch Reichweite seines Rekordhochs vom Februar. Größere Rücksetzer seien nicht zu erwarten, sagt Analyst Timo Emden von Emden Research. "Steigende Viruszahlen und die damit verbundenen Lockdown-Szenarien verschrecken die Anleger schon lange nicht mehr." Außerdem könnten Investoren neben Corona-Impfstoffen auf weitere Konjunkturhilfen der Notenbanken setzen.

Die Hoffnung auf letzteres könnte sich schon am Donnerstag erfüllen, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) über ihre Geldpolitik berät. Er rechne mit einer Verlängerung der Wertpapierkäufe bis mindestens Ende 2021 und einer Erhöhung des Volumens um 600 Milliarden Euro, prognostiziert Commerzbank-Analyst Michael Schubert. Außerdem erwarte er weitere Billig-Kredite für Geschäftsbanken.

Knapp eine Woche nach der EZB wird wohl auch die US-Notenbank (Fed) zusätzliche Konjunkturhilfen verkünden. Fed-Chef Jerome Powell habe dies bei seiner jüngsten Anhörung im US-Kongress klargemacht, sagt AvaTrade-Experte Aslam.

BREXIT-DRAMA VOR LETZTEM AKT - WENIG KONJUNKTURDATEN


Aufmerksam verfolgen Börsianer auch die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU, nachdem ein Insider gesagt hat, eine Einigung sei zum Greifen nah. "Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, es ist eine Minute vor zwölf", warnt Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Mit jedem verstrichenen Tag wachse die Gefahr eines Scheiterns, das die Börsen kalt erwischen würde. Ohne ein Handelsabkommen drohen zum Jahreswechsel gegenseitige Zölle mit Belastungen für die Wirtschaft beiderseits des Ärmelkanals.

Wenig Impulse für den Gesamtmarkt erwarten sich Börsianer von den anstehenden Konjunkturdaten. Den Auftakt machen am Montag die Zahlen zur deutschen Industrieproduktion. Die anhaltende Erholung im verarbeitenden Gewerbe werde die Einbußen im Dienstleistungssektor aber kaum wettmachen, sagen Börsianer.

Vom ZEW-Index am Dienstag erhoffen sich Investoren eine Antwort auf die Frage, wie sich die Erfolge bei der Entwicklung eines Coronavirus-Impfstoffs in der Stimmung der deutschen Börsenprofis niederschlagen.

So kurz vor Weihnachten legen nur noch wenigen Firmen Geschäftszahlen vor. In den USA öffnen der "Photoshop"-Anbieter Adobe und der SAP-Rivale Oracle ihre Bücher.

rtr