Die Einigung zwischen der EU und der Regierung in London sei erst der Anfang, sagt NordLB-Analyst Stefan Große. "Die Zukunft der Beziehung ist immer noch nicht abschließend geregelt. Der Deal behandelt nur die Austrittsbedingungen, alles andere muss noch verhandelt werden."
Derzeit sehe es ohnehin nicht danach aus, dass das Unterhaus den Deal durchwinkt, sagt Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Völlig offen sei zudem, ob Premierminister Boris Johnson anschließend einen Aufschub beantragen muss. Er habe schließlich wie gefordert einen Deal ausgehandelt. "Ist es sein Problem, wenn die Abgeordneten dagegen stimmen?" Ohne einen Brexit-Deal droht zum 31. Oktober ein ungeregelter EU-Austritt Großbritanniens mit schweren Problemen für die Wirtschaft.
RISIKOFAKTOR ZOLLSTREIT - STAFFELSTAB-ÜBERGABE BEI EZB
Auch beim zweiten Dauerbrenner-Thema Zollstreit sei bislang keine wirkliche Entspannung in Sicht, sagt Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. "Die Waffenruhe zwischen den USA und China bleibt brüchig." Dem Anlagestrategen Anthony Chan von der Privatbank UBP bereiteten Berichte über mögliche Beschränkungen von US-Investitionen in chinesische Firmen Sorgen. Dies dämpfe Hoffnungen auf eine baldiges Ende des Handelsstreits. "Die nächste Konfrontationsebene kann sich über den Technologiesektor hinaus auch auf den Finanzsektor erstrecken."
Unabhängig davon leitet Mario Draghi in der neuen Woche zum letzten Mal eine Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB), bevor er das Zepter an die bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, übergibt. "Vielleicht kommen wir mit der neuen EZB-Präsidentin dank einer besser aufeinander abgestimmten Geld- und Fiskalpolitik endlich aus dem Teufelskreis heraus, der immer neue Liquiditätsspritzen erfordert, ohne dass parallel dazu Reformen angestoßen und unterstützende fiskalpolitische Schritte eingeleitet werden", sagt Anlagestratege Sebastian Sachs von der Metzler Bank. Schließlich sei Lagarde eine erfahrene und gut vernetzte Politikerin. Draghis Abgang wird überschattet vom Zwist innerhalb der Notenbank über die Geldpolitik.
SAP LÄUTET DEUTSCHEN BILANZREIGEN EIN
Darüber hinaus rollt eine neue Welle von Firmenbilanzen auf Anleger zu. Den Anfang bei den Dax-Konzernen macht der Softwareanbieter SAP am Montag. Im Verlauf folgen der Chemiekonzern BASF, der Autobauer Daimler und der Triebwerkshersteller MTU. Letzterer war erst im September in die erste deutsche Börsenliga aufgestiegen.
Im Ausland öffnen unter anderem der Deutsche Post-Konkurrent UPS und der Airbus-Rivale Boeing ihre Bücher. Hinzu kommen der Online-Händler Amazon und der Chip-Hersteller Intel. Die US-Bilanzsaison verlaufe bislang zufriedenstellend, sagt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. "Die Prognosen wurden im Schnitt um circa drei Prozent übertroffen." Angesichts der niedrigen Erwartungen seien die Chancen für weitere positive Überraschungen gut.
rtr