Man scheint sich doch noch zu einigen. Peking und Washington haben beim G-20-Wochenende, das am Samstag im japanischen Osaka zu Ende ging, wohl eine Art Burgfrieden geschlossen: Beide Seiten wollen - zumindest zunächst - nicht weiter die Zollsätze erhöhen. Auch die Lieferblockade gegenüber dem chinesischen Telekomausrüster Huawei wird seitens der USA gelockert.
Letztlich soll nun doch weiterverhandelt werden, mit dem Ziel eines bilateralen Handelsabschlusses. "Das Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping ist ausgezeichnet gewesen", sagte US-Präsident Donald Trump. Er gehe davon aus, dass China und die USA wieder auf Kurs seien. Trump sagte, die Gespräche seien "sogar besser als erwartet" verlaufen. Man werde mit China "dort weitermachen, wo wir aufgehört haben". Zuletzt waren die Gespräche im Mai abgebrochen worden.
Bilaterale Abschlüsse scheinen ohnehin das nun bevorzugte Mittel auch anderer Staaten und Staatenbünde zu sein. So haben die EU und die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur gerade eines abgesegnet, ähnlich dem Abkommen der EU mit Japan. An den Märkten wurde dies alles jedenfalls so goutiert, wie man es als Optimist durchaus erwarten konnte: Die Trump’schen Aussagen aus Osaka hievten die Kurse an der Wall Street nach oben. Und nicht nur dort, auch in Asien und Europa stiegen die Kurse deutlich - der DAX schaffte sogar ein neues Jahreshoch. Gleichzeitig kletterten der US-Dollar sowie der Ölpreis, während der Goldpreis deutlich fiel.
Bleibt die Frage, ob die Kursavancen von Dauer sind. Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts, glaubt nicht an eine nachhaltige Wende im amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt. "Es spricht viel dafür, dass die USA den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas hemmen wollen, weil sie in China eine Konkurrenz für ihre geopolitische Vormachtstellung sehen." Fuest rechnet deshalb mit einer Fortsetzung des Zollstreits.
Allerdings, so Stratege Mark Haefele von der Schweizer Bank UBS, hätten beide Seiten auch großes Interesse, eine Spirale von gegenseitigen Vergeltungen zu vermeiden. Chinas neueste Daten belegen jedenfalls, dass die Industrie unter Druck steht. Der Abschwung fiel im Juni stärker aus als erwartet. Insbesondere die Export-aufträge gingen weiter zurück, aber auch die Nachfrage im Inland.
Doch auch wenn der Weg der beiden Nationen noch weit ist, weil sich die zugrunde liegenden strategischen Spannungen nicht plötzlich in Luft auflösen, könnten am Ende doch die Optimisten recht behalten. Die gehen nämlich davon aus, dass es für Trump, nachdem er nun auch offiziell den US-Präsidentschaftswahlkampf eröffnet hat, höchste Zeit ist, seine bisherige Bilanz als Staatsoberhaupt aufzupolieren. Für einen Mann, der sich über das Wohl der amerikanischen Wirtschaft und die Börse definiert, geht das fast automatisch vor allem über steigende Notierungen an der Wall Street.
Insgesamt bleibt es also schwierig für Anleger. Immerhin versuchen die Notenbanken, mit einer weiterhin lockeren Geldpolitik der Wirtschaft neues Leben einzuhauchen. Ob die Währungshüter die Geldschleusen aber weit genug öffnen, um die Aktienmärkte auf neue Rekorde zu führen, ist unklar. Ebenso, ob die US-Notenbank mit der derzeitigen Geldpolitik eine Rezession verhindern kann. An den Aktienmärkten indes glaubt man wohl, dass es funktioniert.