Anleger am deutschen Aktienmarkt warfen am Mittwoch aus Furcht vor einem erneuten Lockdown Aktien aus ihren Depots. Der Dax rutschte auf den tiefsten Stand seit Mai. Angesichts der immer rascheren Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie bereiten Bund und Länder drastische Einschränkungen schon ab kommendem Montag vor. Die Bundesregierung strebt dabei an, Gastronomie sowie alle Freizeit- und Sporteinrichtungen für den kommenden Monat zu schließen. In den Verhandlungen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder zeichne sich ab, dass die Einschränkungen ab dem 2. November gelten sollen, hieß es aus Teilnehmerkreisen am Mittwoch.

Wirtschafts- und Finanzministerium bieten Firmen, die von Zwangsschließung betroffen sind, eine "Nothilfe" von 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats an. Industrie, Handwerk, Geschäfte, Schulen und Kindertagesstätten sollen offen bleiben. Ob die Länder allen Punkten zustimmen, galt auch nach Beginn der Verhandlungen noch als offen. Scharfe Kritik kam von Ärzteverbänden sowie aus der Gastronomie. Das Robert-Koch-Institut meldete am Mittwoch 14.964 neue Ansteckungsfälle binnen 24 Stunden. In Regierungskreisen zeigte man sich besonders besorgt darüber, dass innerhalb eines Tages 85 Menschen im Zusammenhang mit Corona starben.

Die zweite Corona-Welle rolle über Europa, in Frankreich und Deutschland zeichneten sich Lockdowns oder Teil-Lockdowns ab und Geschäftsaussichten sowie Wirtschaftsindikatoren in der Eurozone verschlechterten sich rapide, fassten die Experten der Societe Generale das Geschehen zusammen. Der Markt habe damit begonnen, weitere Lockdowns - ob teilweise oder komplett - in die Kurse einzuarbeiten, erläuterte Analyst Milan Cutkovic vom Broker Axi.

Ein drohender Rückschlag für die Wirtschaft vertrieb auch die US-Anleger aus dem Markt. Die Leitindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 fielen zur Eröffnung am Mittwoch um jeweils etwa zwei Prozent. "Gleichgültig, ob man sie als Fortsetzung oder neue Welle bezeichnet - die Coronavirus-Pandemie ist derzeit der größte Sorgenfaktor", sagte Art Hogan, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters National Securities. "Bis wir sie überwunden haben, ist es für Investoren schwer, sich bessere wirtschaftliche Zeiten vorzustellen."

Was am Mittwoch an der Börse außerdem wichtig war


Gutes Sommerquartal gibt Deutscher Bank Rückenwind - Aktie legt zu
Die Deutsche Bank hält nach einem überraschend guten dritten Quartal Kurs auf schwarze Zahlen im Gesamtjahr. Trotz des beispiellosen Konjunktureinbruchs infolge der Corona-Krise sei Deutschlands größtes Geldhaus 2020 durchgehend profitabel gewesen, bilanzierte Konzernchef Christian Sewing am Mittwoch: "Nach neun Monaten beläuft sich unser Gewinn auf 846 Millionen Euro vor Steuern, sodass wir weiterhin zuversichtlich sind, auch für das Gesamtjahr ein positives Vorsteuerergebnis zu erreichen." Die Frage, ob auch unter dem Strich im Gesamtjahr 2020 ein Gewinn stehen wird, ließ Finanzvorstand James von Moltke in einer Telefonschalte offen.

Cloud-Geschäft verhilft Microsoft zu Gewinnsprung
Das boomende Cloud-Geschäft mit IT-Diensten im Internet hält den Software-Riesen Microsoft auf Erfolgskurs. Im abgelaufenen Geschäftsquartal (bis Ende September) nahm der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30 Prozent auf 13,9 Milliarden Dollar (11,8 Mrd Euro) zu, wie Microsoft am Dienstag nach US-Börsenschluss in Redmond im US-Bundesstaat Washington mitteilte. Der Umsatz wuchs um zwölf Prozent auf 37,2 Milliarden Dollar. "Die Nachfrage nach unseren Cloud-Angeboten führte zu einem starken Start in das Geschäftsjahr", sagte Amy Hood, Finanzchefin von Microsoft.

Morphosys hebt Jahresprognosen an - Aktie legt deutlich zu
Das Biotechunternehmen Morphosys hebt seine Jahresprognose deutlich an. Nach Verlusten in den vergangenen Jahren schließt der Konzern für 2020 nunmehr rote Zahlen für das operative Ergebnis aus. Grund ist der Marktstart des Krebsmittels Monjuvi in den USA, wie das Unternehmen am Vorabend in Planegg bei München mitteilte. Zudem erwartet die MDax -Firma höhere Einnahmen aus Partnerschaften und Kooperationen als zuvor gedacht, und auch die Umsatzbeteiligung am Schuppenflechtemittel Tremfya des Partners Janssen fällt voraussichtlich am oberen Ende der ursprünglichen Erwartungen von Morphosys aus.

Delivery Hero erhöht Prognose nach Bestellboom leicht - Aktie gefragt
Rekordbestellungen haben den Essenslieferanten Delivery Hero zu einer leicht erhöhten Umsatzprognose bewegt. Das Berliner Unternehmen erwarte für das laufende Geschäftsjahr nun Erlöse von 2,7 bis 2,8 Milliarden Euro, teilte der seit August im Dax notierte Konzern am Mittwoch mit. Zuvor hatte Delivery Hero mit 2,6 bis 2,8 Milliarden Euro gerechnet. Im frühen Handel reagierten Anleger erfreut. Der Kurs legte in einem schwachen Gesamtmarkt um 1,4 Prozent zu.

Beiersdorf kann Atem schöpfen - Bleibt aber vorsichtig
Beim Konsumgüterhersteller Beiersdorf ist im dritten Quartal dank der Klebstoffsparte Tesa ein wenig Schwung ins Geschäft gekommen. Dennoch bremst die Corona-Pandemie die Entwicklung der Hanseaten weiterhin aus: Auf Neunmonatssicht liegen die Umsätze des Dax-Konzerns noch deutlich unter dem Vorjahr. Und Konzernchef Stefan De Loecker bleibt mit Blick auf das Jahresende vorsichtig. "Wir müssen davon ausgehen, dass die Auswirkungen der Pandemie auch noch im vierten Quartal deutlich spürbar sein werden", sagte er am Mittwoch in einer Telefonkonferenz anlässlich der Quartalsbilanz.

BASF rechnet weiter mit Erholung - Kunden agieren aber vorsichtig
In der Corona-Krise setzt der Chemiekonzern BASF weiter auf eine Erholung im Schlussquartal. "Der Oktober läuft bisher so wie wir ihn uns vorstellen", sagte Unternehmenschef Martin Brudermüller in einer Telefonkonferenz am Mittwoch. Das Dax-Unternehmen bestätigte bei der Vorlage der endgültigen Zahlen für das dritte Quartal die jüngst ausgegebenen Jahresziele.

rtr/dpa-AFX/fh