Die EZB hat ihre Geldschleusen erneut geöffnet - doch für viele Aktienanleger nicht weit genug. Dax und EuroStoxx50 stürzten am Donnerstag ab, der Euro wertete dagegen stark auf. "Die Mehrheit der Marktteilnehmer hatte mit einer Erhöhung der Anleihekäufe gerechnet. Dieser Wunsch wurde nicht erfüllt", sagte Christian Henke vom Brokerhaus IG. Auch Patrick O'Donnell, Investmentmanager bei Aberdeen Asset Management, konstatierte: EZB-Chef Mario Draghi habe viel versprochen, aber wenig geliefert.

Draghi verlängerte das bereits seit Monaten laufende Wertpapierkaufprogramm zwar - von September nächsten Jahres bis nun mindestens März 2017. Zudem sollen künftig auch Anleihen von Kommunen und Regionen erworben werden. Zum Volumen der monatlichen Anleihekäufe von bislang rund 60 Milliarden Euro äußerte sich der Italiener allerdings nicht.

Der Dax rauschte daraufhin um bis zu 3,7 Prozent auf 10.780 Zähler nach unten, aus dem Handel ging er immer noch 3,6 Prozent schwächer. Der EuroStoxx50 gab ebenfalls 3,6 Prozent nach. In den vergangenen Wochen hatten die europäischen Indizes in Erwartung einer neuen Flut billigen EZB-Geldes deutlich zugelegt - allein der deutsche Leitindex war seit Anfang November zeitweise um mehr als fünf Prozent gestiegen.

AUCH HÖHERE STRAFZINSEN GEHEN ANLEGERN NICHT WEIT GENUG



Der Euro machte dagegen einen Großteil seiner jüngsten Verluste am Donnerstag wett und kletterte um rund drei US-Cent auf ein Vier-Wochen-Hoch von 1,0941 Dollar. Neben den Spekulationen auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik im Euro-Raum hatte auch die Aussicht auf eine Zinswende in den USA die Gemeinschaftswährung zuletzt belastet. An den Märkten gilt es nahezu als gesetzt, dass Fed-Chefin Janet Yellen Mitte Dezember erstmals seit fast zehn Jahren die Leitzinsen anheben wird.

Die Geldpolitik im Euro-Raum bleibt hingegen vorerst ultralocker: Die EZB will mit ihren Anleihenkäufen das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die aus ihrer Sicht zu niedrige Inflation anheizen. Durch die Käufe sollen die Renditen der Wertpapiere sinken und als Investment für Geldhäuser weniger attraktiv werden. Die Notenbanker hoffen, dass die Banken auf diese Weise mehr Kredite an Firmen und Haushalte vergeben. In die gleiche Richtung zielen auch die Strafzinsen für Banken, wenn sie überschüssige Gelder bei der Zentralbank parken. Den so genannten Einlagezins senkte die EZB auf minus 0,3 Prozent von zuvor minus 0,2 Prozent. Doch auch das ging den Anlegern nicht weit genug. Das sei eine klare Enttäuschung, sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. Im Markt sei mit einer Senkung um 15 oder 20 Basispunkte gerechnet worden.

INVESTOREN MACHEN UM STAATSANLEIHEN EINEN BOGEN



Nicht nur von Aktien, auch von europäischen Staatsanleihen ließen die Investoren am Donnerstag lieber die Finger: Die Kurse der zehnjährigen Bundesanleihen fielen, im Gegenzug kletterte die Rendite auf ein Drei-Wochen-Hoch von 0,673 Prozent. Ernüchterung nach dem EZB-Entscheid machte sich auch in den USA breit: Die Rendite der zweijährigen T-Bonds kletterten auf bis zu 0,974 Prozent, den höchsten Stand seit etwa fünfeinhalb Jahren. An der Wall Street notierten die Indizes jeweils leicht im Minus.

Die Einzelwerte konnten sich dem negativen Markttrend nicht entziehen. Zum Handelsschluss waren auch die letzten Dax-Gewinner ins Minus gerutscht. Zu den größten Verlierern zählten Daimler, Bayer und Deutsche Telekom mit einem Abschlag zwischen 5,3 und 4,7 Prozent. Selbst E.ON - nach einer Kaufempfehlung von Jefferies am Nachmittag noch stärkster Wert im Dax - notierten zum Handelsschluss 0,3 Prozent schwächer.

Reuters