Allerorten würden die Pandemie-Beschränkungen verschärft, sagte Derek Halpenny, Chef-Analyst für Europa bei Bank Mitsubishi UFJ. "Dies alles deutet auf eine größere Belastung für die Wirtschaft im vierten Quartal hin und rechtfertigt eine Anpassung der Aktienkurse." Gleichzeitig verlaufe die Bilanzsaison bislang eher enttäuschend, gab Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades zu Bedenken. Als Beispiele nannte er Roche und Bank of America.
In Zürich rutschten Roche-Titel um gut drei Prozent ab, weil der Pharmakonzern sein Umsatzplus allein dem boomenden Geschäft mit Corona-Tests verdankt. Wegen des schwächelnden Absatzes von Krebsmedikamenten seien die Gesamt-Erlöse hinter den Erwartungen zurückgeblieben, monierte Analyst Peter Welford von der Investmentbank Jefferies. Der Bank of America hatten hohe Rückstellungen für faule Kredite die am Mittwoch vorgelegte Bilanz verhagelt. Die Titel gaben im vorbörslichen US-Geschäft erneut nach und verloren ein knappes Prozent.
REISE- UND ÖLWERTE AUF TALFAHRT - BONDS UND DOLLAR GEFRAGT
Wegen der neuen Pandemie-Beschränkungen flogen auch Anteilsscheine von Reise- und Touristikwerten aus den Depots. Der europäische Branchenindex verlor fast zwei Prozent. Sein Pendant für die Öl- und Gasindustrie gab im Sog eines fallenden Ölpreises 3,5 Prozent nach. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich wegen Spekulationen auf einen erneuten Bedarfsrückgang um drei Prozent auf 42 Dollar je Barrel (159 Liter). "Sollte sich die Nachfrage spürbar eintrüben, wird die OPEC+ nicht darum herumkommen, die Produktionserhöhung abzublasen, will sie nicht ein erneutes Überangebot und einen neuerlichen Preisrutsch riskieren", sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.
Vor diesem Hintergrund flüchteten weitere Anleger in den "sicheren Hafen" Anleihen. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf ein Sieben-Monats-Tief von minus 0,633 Prozent. Gefragt war auch die Weltleitwährung. Dies verhalf dem Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, zu einem Kursplus von 0,4 Prozent. Im Gegenzug büßte der Euro auf 1,1695 Dollar ein.
Das Pfund Sterling gab ebenfalls nach kostete 1,2912 Dollar und 1,1038 Euro. Zum Auftakt des EU-Gipfels zum Brexit gebe es aber Grund zum Optimismus, dass die britische Regierung an ihrer selbst gesetzten Frist für eine Einigung bis zum 15. Oktober nicht festhalten wird, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. "Das war ohnehin unwahrscheinlich."
DEUTSCHLAND-GESCHÄFT BEFLÜGELT ONLINE-HÄNDLER AO WORLD
Am europäischen Aktienmarkt ragte AO World mit einem Kursplus von fast 22 Prozent heraus. Mit 281 Pence waren die Titel des Online-Händlers in London so teuer wie zuletzt vor fünfeinhalb Jahren. Ersten Berechnungen zufolge stieg der Umsatz in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2020/2021 um 57 Prozent auf umgerechnet 790 Millionen Euro. Der Deutschland-Absatz habe sogar um mehr als 80 Prozent zugelegt. Ein Ende dieses starken Wachstums sei vorerst nicht in Sicht, lobte ein Analyst.
Zuvor hatte das Plattenlabel der K-Pop-Band BTS in Seoul ein fulminantes Börsendebüt gefeiert. Die Papiere von Big Hit Entertainment beendeten den dortigen Handelstag bei 258.000 Won, rund 90 Prozent über dem Ausgabepreis. Damit wird die Firma mit umgerechnet 6,5 Milliarden Euro bewertet.
rtr