Das Coronavirus sei zurück an den Börsen, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung QC Partners. "Eine noch ansteckendere Variante macht noch härtere und noch längere Lockdowns deutlich wahrscheinlicher. Damit hat diese Mutation das Potenzial, den ohnehin schon großen wirtschaftlichen Schaden noch weiter zu vergrößern." Auch in den USA signalisierten die Futures einen schwächeren Handelsauftakt.
Um zu verhindern, dass sich das mutierte Virus weiter ausbreitet, wurde der Verkehr zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa stark eingeschränkt. "Unsere größte Sorge ist, dass die Mutation schon jetzt auf dem Kontinent außer Kontrolle ist, was den Druck auf das Gesundheitssystem erhöht und noch strengere Lockdowns zu höheren wirtschaftlichen Kosten erfordert", sagte Gilles Moec, Chefvolkswirt bei Axa Investment Managers.
Am Devisenmarkt sorgt das für Unruhe. Das britische Pfund sackte 2,5 Prozent ab auf 1,3187 Dollar und 1,6 Prozent auf 1,0846 Euro. Zum Dollar ist der Rückgang so stark wie seit Mitte März nicht mehr, als die erste Welle in der Pandemie für schwere Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt hatte. Die neue Virus-Variante habe möglicherweise auch Auswirkungen auf die Verhandlungen über ein Folgeabkommen zwischen Großbritannien und der EU, sagte Ulrich Leuchtmann, Devisenexperte bei der Commerzbank. Für die Entscheidungsträger könnte es verlockend erscheinen, erst einmal einen harten Brexit zuzulassen, weil der in einer Quarantäne keinen Unterschied mache. "Das allerdings würde die Dynamik der Verhandlungen über die Beziehungen in der Zeit nach der Quarantäne grundlegend ändern. Denn dann wäre 'no deal' die Benchmark."
DOLLAR LEGT ZU - ÖLPREIS RUTSCHT AB
Viele Anleger suchten ihr Heil in als sicher geltenden Staatsanleihen, die Rendite der deutschen Papiere mit zehnjähriger Laufzeit sank im Gegenzug auf minus 0,620 Prozent. Auch der Dollar war gefragt; der Euro rutschte im Gegenzug bis zu einem Prozent ab auf 1,2128 Dollar. Eine Trendwende für den Euro sei das nicht, sagte Holger Schnmieding, Chefvolkswirt bei Berenberg: "Das ist ein vorübergehender Rücksetzer." Letztlich dürfte die Gemeinschaftswährung wieder auf Kurs 1,25 Dollar gehen.
Auch am Rohstoffmarkt sorgte die Virus-Mutation für Aufsehen. Ein Barrel Nordseeöl der Sorte Brent verbilligte sich um bis zu 5,9 Prozent auf 49,20 Dollar und steuerte damit auf den größten Tagesverlust seit Mitte Juni zu. Die neue Virusvariante erinnere daran, dass die Rückkehr zur Normalität schwierig werden dürfte, sagte Stephen Brennock vom Öl-Brokerhaus PVM.
Der Ölpreisrückgang und eine weitere Milliardenabschreibung lasteten auf den Shell-Aktien. Die Papiere gaben bis zu 7,3 Prozent nach. Der Ölkonzern kündigte an, im vierten Quartal Öl- und Gasvorkommen im Volumen von 3,5 bis 4,5 Milliarden Dollar abzuschreiben. "Das vierte Quartal ist selten ein gutes für die Branche, und kurzfristig gehen wird davon aus, dass diese Ankündigung auf den Aktien lastet", schrieben die Barclays-Experten.
REISEWERTE SCHWÄCHER
Am Aktienmarkt gerieten die Reisewerte unter die Räder. Die Aktien der British-Airways-Mutter IAG und von Easyjet verloren bis zu gut 20 beziehungsweise 17,7 Prozent, die Titel des Eurotunnel-Betreibers Getlink und des Flughafenbetreibers ADP büßten 6,9 beziehungsweise 5,7 Prozent ein. In Frankfurt wurden die Aktien der Deutschen Lufthansa und von Fraport mit einem Abschlag von je bis zu rund neun Prozent gehandelt. Das Barometer für die europäischen Reisewerte steuerte mit einem Minus von bis zu 5,5 Prozent auf den stärksten Tagesverlust seit September zu.
rtr