Zum großen Verfalltermin am Freitag herrschte noch so etwas wie Jubelstimmung, die das Wochenende allerdings nicht überlebte. Laut Medienberichten begannen die Anleger dann gleich Montagfrüh, sich um die Perspektiven der Weltwirtschaft zu sorgen. Den DAX kostete diese "Sorge" vom Handelsbeginn am Montag bis zum Xetra-Schluss übrigens genau 1,01 Punkte, nicht Prozent. Gefühlt wurde aber etwas ganz anderes.
Einer der Hauptgründe für die Verwirrung vieler Anleger dürfte darin zu suchen sein, dass sie aus hohen Kursen oder gar neuen Rekordmarken Rückschlüsse auf die Verfassung der Wirtschaft ziehen zu können glauben. Ein Reflex, der den Börsianern vor allem in den USA von der Federal Reserve über Jahre hinweg regelrecht antrainiert wurde. Werden die schönen hohen Kurse dann noch mit entsprechend "aufbereiteten" offiziellen Konjunkturdaten unterlegt, denken die Anleger das, was sie denken sollen. Und können dann irgendwann gar nicht nachvollziehen, warum die Kurse plötzlich dann mal wieder in den Keller rauschen.
Das wahrscheinlich markanteste Beispiel dieser gewollten Irreführung liefern die US- Arbeitsmarktdaten, deren Chart ich heute wieder einmal vorstellen möchte:
Quelle: www.shadowstats.com
Das eigentlich Erschreckende an diesem Chart ist nicht, dass die tatsächliche US-Arbeitslosenquote statt der vom Bureau of Labour Statistics ausgewiesenen 6,1 Prozent tatsächlich bei 23 Prozent liegt. Nein, das Erschreckendste ist, dass die Federal Reserve, die um die seit 1994 betriebenen statistischen "Verschönerungen" der offiziellen Arbeitslosenquote natürlich bestens im Bilde ist, dennoch diese Daten als Begründung für die angekündigte Zinswende ins Feld führt.
Quelle: www.shadowstats.com
Dem Phantomaufschwung am Arbeitsmarkt kann eine Zinserhöhung nicht gut tun. Und dem Immobilienmarkt erst recht nicht. Denn der befindet sich bereits am Boden und wies Mitte des Monats die niedrigste Nachfrage nach Hypothekenanträgen seit 2001 aus. Wobei unschönerweise noch zu berücksichtigen wird, dass ja nicht jeder bewilligte Kredit auch "gezogen" wird, also tatsächlich in einen Hausbau oder -bau einmündet. Was passieren wird, wenn die US-Notenbank an der Zinsschraube dreht, ist daher ein Buch ohne sieben Siegel.
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Weltwirtschaft: Nicht erst seit Montag
Wie oben geschrieben, zog am Montag die Sorge um die Verfassung der Weltwirtschaft in die Köpfe der Börsianer ein. Genährt wurde sie gestern durch schlechter als erwartet ausgefallene Einkaufsmanager-Indizes aus Deutschland und Frankreich. Chinas Industrie setzte sich im September zwar wieder etwas besser in Szene, die Anzahl der in diesem Bereich Beschäftigten gab aber auf den niedrigsten Stand seit über fünf Jahren nach. Anlegern, die sich nicht von den serienweise abgelieferten Rekordmarken der US Blue Chip-Indizes einlullen ließen, dürfte die Entwicklung allerdings wahrscheinlich schon etwas länger schwanen. Beispielsweise beim Blick auf diesen Chart:
Quelle www.private-profits.de
Der abgebildete Rogers Commodity-Index zeigt sehr schön, wie sensibel der Preis für Rohstoffe reagiert. Im Juli 2008 erreichte er ein neues Allzeithoch, um dann nach der Lehman-Pleite zwei Monate Später einen atemberaubenden Kurssturz zu vollführen. Erholt haben sich die Rohstoffpreise danach nur bis April 2011. Und nun sind sie auf den tiefsten Stand seit 27 Monaten gefallen.
Anleger, die glauben, dass preiswerte Rohstoffe doch positiv für die Wirtschaft seien, sollten noch einmal nachdenken. Denn fallende Rohstoffpreise, sinkende Erzeugerpreise und nachgebende Inflationsraten können sich zum Horrorszenario für jede Notenbank auswachsen, wenn sie gleichzeitig mit sinkender Kaufkraft der überwiegenden Zahl der Verbraucher einhergehen. Denn dann befindet sich die deflationäre Abwärtsspirale auf dem Weg aus der grauen Theorie der Lehrbücher hinein ins wahre Leben.
Und wenn eine Notenbank wie die EZB ankündigt, gebündelte Kreditrisiken in ihre Bücher zu nehmen - also genau die Sorte von Wertpapieren, die die Finanzkrise erst so richtig in Fahrt brachten - dann unterstreicht das, welche Verzweiflung in der oberen Etagen des sgn. Eurotowers am Willy Brandt- Platz in Frankfurt herrschen muss. Falls Sie einmal dort sind: Im Erdgeschoss des EZB-Gebäudes befindet sich ein Informationsbüro, in dem Sie auch Euro-Fanartikel kaufen können. Einzige Voraussetzung: Sie müssen ein Euro-Fan sein.
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DAX: Drei Stiche im Pelz
Hornissen, ich muss es mal klarstellen, sind ausgesprochen liebenswerte und auch friedliebende Insekten. Ihr sonorer Sound ist unverfälscht und nicht Ergebnis sgn. Akustikatoren, wie sie etwas im Maserati Ghibli oder Quattroporte Diesel zur Anwendung kommen. Ich habe sie im Sommer fast täglich in meinem Arbeitszimmer zu Besuch. Wespen haben im Vergleich zu Hornissen ein erheblich potenteres Gift an Bord. Und der DAX hat sich davon nun gleich drei Stiche eingefangen.
Quelle: www.private-profits.de
Erstens: Die seit August letzten Jahres bestehende Aufwärtstrendlinie ist nun definitiv nach unten durchbrochen. Zweitens: Der GD50 hat unter den GD200 eingedreht, was in der Charttechnik ein sgn. "Todeskreuz" bedeutet. So endgültig das auch klingen mag: Dieses statistisch bewährte Signal ist wirklich relevant nur nach klaren, vorherigen Trends. Und 2014 (wie zuletzt 2004) mangelt es bis jetzt genau daran. Drittens aber: Der Momentum-Indikator auf Wochenbasis. Er ging gestern bei 100,0718 aus dem Markt. Verdrückt er sich unter die 100er Marke, sollten die Haussiers zur Besinnung kommen. Was tun? Schauen Sie einfach einmal unter www.kapitalschutz-brief.de vorbei. Oder, falls Sie ständigen Marktkontakt haben: www.daximal-system.de
Viel Erfolg und beste Grüße
Axel Retz