Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten in einer Videokonferenz über das 500 Milliarden Euro schwere Hilfspaket, das den besonders schwer von der Pandemie betroffenen Staaten zugute kommen soll. EZB-Präsidentin Christine Lagarde drängte auf eine rasche Einigung, um den dramatischen Absturz der Wirtschaft zu stoppen. Mit einer Entscheidung wird aber erst bei einem physischen Treffen der Staats- und Regierungschefs im Juli gerechnet.
Doch allein die Symbolkraft eines im Kampf gegen die Krise vereinten Europas könne an den Börsen positiv wirken, sagten Experten. Seit 2010 hinkten die europäischen Finanzmärkte der Wall Street hinterher, was an Spekulationen auf ein mögliches Auseinanderbrechen der Euro-Zone liege, schrieben die Analysten von Morgan Stanley. "Aber ein Zeichen der Solidarität, selbst wenn die EU-Führer in den kommenden Wochen nur die richtigen Signale bezüglich einer Einigung auf einen Fonds machen würden, könnte einen gewissen Aufwärtsschwung wiederherstellen", sagte Marktanalyst Han Tan vom Broker FXTM.
Da am Freitag beim Hexensabbat Optionen auf Indizes und Aktien an den Terminbörsen auslaufen, könnte es im Tagesverlauf noch zu größeren Kursschwankungen kommen. Anleger versuchen dann, die Kurse in eine für sie günstige Richtung zu treiben.
Der Ölpreis legte am Tag nach dem Treffen der Opec-Staaten und ihrer Verbündeten zu, was Aktien im Energiesektor attraktiv machte. Ein Barrel Nordseeöl der Sorte Brent kostete mit 42,54 Dollar rund zwei Prozent mehr, leichtes US-Öl verteuerte sich um rund drei Prozent auf 40 Dollar. Die Opec-Mitgliedsstaaten Irak und Kasachstan sagten Insidern zufolge zu, sich stärker an die vereinbarten Förderkürzungen zu halten. Das deutet darauf hin, dass die Förderung im Juli noch stärker zurückgefahren werden könnte.
WIRECARD-KURS SO NIEDRIG WIE SEIT SIEBENEINHALB JAHREN NICHT
Die Aktien von Wirecard brachen in der Spitze um weitere 51,7 Prozent ein und notierten mit 19,26 Euro so niedrig wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr. Im Bilanzskandal um den Zahlungsabwickler nahm Chef Markus Braun seinen Hut. Danach grenzten die Titel ihre Verluste auf ein Minus von rund 25 Prozent ein. "Der alte Vorstand war untragbar und es war die einzige Chance für eine Stabilisierung, schnell die entscheidenden Köpfe rollen zu lassen", sagte ein Händler. "Ob das tatsächlich den fundamentalen Schaden von Wirecard noch abwenden kann, wird sich aber erst in den kommenden Tagen und Wochen zeigen." Am Donnerstag hatte der Konzern die Vorlage des lange erwarteten Jahresabschlusses 2019 zum vierten Mal verschoben, da sich die Hinweise auf Bilanzunregelmäßigkeiten verdichtet hatten. In nur eineinhalb Tagen wurden rund zehn Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet.
Die Aktien der Lufthansa legten dagegen um zwei Prozent zu. Anleger hoffen, dass Investor Heinz Hermann Thiele mit seinen Bemühungen um einen verbesserten Rettungsdeal für die Airline Erfolg hat. Thiele, der inzwischen etwas mehr als 15 Prozent an der schwer unter der Coronakrise leidenden Fluggesellschaft hält, lehnt den direkten Einstieg des Staates ab. Das Finanzministerium erklärte, der Bund habe für die Lufthansa ein gutes Paket auf den Tisch gelegt.
rtr