Auf der einen Seite warne Draghi, dass die Wirtschaft "schlechter und schlechter" laufe. Gleichzeitig betone er, dass es nicht allzu viele Gründe gebe, Trübsal zu blasen.
Die Märkte seien ernüchtert, dass Draghi keine Details genannt habe, was genau er bei der Zinssitzung im September vorhabe, sagte Mark Dowding, Chefinvestor bei der Vermögensverwaltung BlueBay. Es bestehe zudem weiteres Enttäuschungspotenzial: "Wir haben den Eindruck, dass die Märkte mehr erwarten könnten als die EZB liefern wird." Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com warnte dagegen vor Zweifeln an baldigen Konjunkturhilfen der EZB. "Eins ist klar: Die EZB ist langfristig auf einem Kurs einer geldpolitischen Lockerung." Vor diesem Hintergrund nahm der Euro seine Talfahrt wieder auf und verbilligte sich auf 1,1127 Dollar.
FED-SITZUNG WIRFT SCHATTEN VORAUS - PFUND UNTER DRUCK
Für Gesprächsstoff sorgte das geringere Wachstum in den USA. Die Wirtschaftsleistung legte dort im Frühjahr aufs Jahr hochgerechnet um 2,1 Prozent zu, von Reuters befragte Analysten hatten weniger erwartet. Zugleich zog die Inflation an. Mittelfristig dürften nun wohl die Erwartungen am Finanzmarkt gedämpft werden, dass die US-Notenbank Fed bis Jahresende den Zins dreimal herabsetze, sagte Analyst Ralf Umlauf von der Helaba. "Dass die Fed aber vor der avisierten Zinssenkung in der nächsten Woche zurückschreckt, glauben wir nicht."
Am Devisenmarkt verbilligte sich das Pfund Sterling auf 1,2414 Dollar. Der neue britische Premierminister Boris Johnson erhielt auf seine Forderung, die Austrittvereinbarung mit der EU nachzuverhandeln, eine Absage. Der Brexit-Hardliner hat angekündigt, Großbritannien notfalls auch ohne Abkommen aus der EU zu führen. "Es bleibt zu bezweifeln, dass es ihm gelingt, das tief gespaltene britische Parlament hinter sich zu versammeln und Mehrheiten zu erlangen", schrieb Stefan Rieke, Marktexperte bei Oddo BHF.
CANCOM ÜBERZEUGT MIT ZAHLEN - VIVENDI IM PLUS
Am deutschen Aktienmarkt sorgte das fast 15-prozentige Kursplus von Cancom für Aufsehen. Die Aktien der IT-Firma waren mit 55,15 Euro zeitweise so teuer wie nie. Der Anstieg bei Quartalsumsatz und operativem Gewinn habe seine Erwartungen deutlich übertroffen, schrieb Analyst Tim Wunderlich vom Bankhaus Hauck & Aufhäuser. Im Windschatten der Cancom-Rally gewannen die Titel des Rivalen Bechtle zeitweise mehr als sechs Prozent.
Gute Geschäfte bei der Musiksparte UMG des französischen Medienkonzerns Vivendi bringen die Anleger in Partystimmung. Die Aktien legten fünf Prozent zu und standen damit mit Abstand an der Spitze des französischen Leitindex CAC40. Vivendi plant, einen Teil von UMG zu verkaufen. Das würde Vivendi Investitionsspielraum einbringen, schrieben die Analysten der LBBW. Zudem werde wohl ein Teil des Geldes für einen größeren Aktienrückkauf verwendet.
rtr