"Das Wiederaufflammen der Spannungen zwischen den beiden Wirtschaftsmächten ist eine schlechte Nachricht für die Weltwirtschaft, die ohnehin schwer unter der Coronavirus-Pandemie leidet", sagte Ricardo Evangelista, Analyst beim Brokerhaus ActivTrades.
Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader, hält zunehmende Spannungen mit den USA für möglich, je näher die US-Präsidentschaftswahl rücke. "Investoren befürchten dabei, dass es nicht bei einem Krieg der Worte bleiben, sondern es auch zur erneuten Eskalation des Handelskonflikts mit gegenseitigen Strafzöllen und anderen Sanktionen kommen wird."
In diesem Umfeld waren sichere Häfen gefragt. Der Dollar legte 0,4 Prozent zu, der Euro gab im Gegenzug 0,5 Prozent nach auf 1,0892 Dollar. Handelskonflikt bedeute Dollarstärke, sagte Ulrich Leuchtmann, Devisenexperte bei der Commerzbank. Das bedeute, dass der Ausflug des Euro über die Marke von 1,10 Dollar von kurzer Dauer gewesen sei und erstmal kein Thema mehr sein dürfte. Auch das britische Pfund geriet unter die Räder und lag 0,5 Prozent tiefer bei 1,2161 Dollar. Auf die Stimmung drückten auch die Daten zum britischen Einzelhandel: Im April brachen die Umsätze so stark ein wie nie zuvor.
Der Verzicht der chinesischen Regierung auf ein Wachstumsziel lastete auf dem Ölpreis. Ein Barrel (159 Liter) leichtes US-Öl verbilligte sich um 9,4 Prozent auf 30,72 Dollar, Nordseeöl der Sorte Brent kostete mit 33,54 Dollar sieben Prozent weniger. Dass nun kein Wachstumsziel gesetzt werde, könnte so gewertet werden, dass Investitionen in die Infrastruktur weniger Bedeutung erhielten, sagte Stephen Innes, Chefstratege beim Broker AxiCorp.
Die Verzinsung der italienischen Staatsanleihen fiel auf 1,570 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit sechs Wochen. Sie steuern auf den größten Wochenrückgang seit Ende März zu. Grund sei der Vorschlag für einen 500 Milliarden Euro schweren europäischen Wiederaufbaufonds, sagt Marc McDonnell, Analyst beim Finanzdienstleister Invesco. "Es ist positiv für die Anleihen der Peripheriestaaten, in einiger Hinsicht ist es positiv für die Banken, aber lasst uns sehen, wie die Details aussehen." Der US-Starinvestor George Soros sieht die Europäische Union durch das Virus bedroht und sprach sich für Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit aus. "Sollte die EU darüber jetzt nicht nachdenken, könnte sie nicht überleben", sagte er. "Das ist keine theoretische Möglichkeit; das könnte eine tragische Realität werden."
LUFTHANSA GEFRAGT
Um bis zu 2,5 Prozent aufwärts ging es für die Aktien der Lufthansa. Die Gespräche über ein milliardenschweres Rettungspaket befinden sich auf der Zielgeraden und sollen zeitnah abgeschlossen werden.
Abwärts ging es dagegen für europäische Luxuswerte. Sie litten unter den Plänen für das Sicherheitsgesetz in Hongkong - die ehemalige britische Kronkolonie gehört zu ihren wichtigsten Absatzmärkten. Die Papiere von Unternehmen wie der Gucci-Mutter Kering, Hermes, LVMH oder Dior gaben bis zu 2,6 Prozent nach.
rtr